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OECD-Bildungsbericht 2017
Deutschland ist MINT-Spitzenreiter - mit wenigen Frauen

In der neuen OECD-Studie kommt Deutschland im Bereich der naturwissenschaftlich-technischen Ausbildung sehr gut weg. Doch der Frauenanteil dort bleibt gering, die soziale Durchlässigkeit problematisch. Das Land investiert gemessen an der Wirtschaftsleistung weit weniger in Bildung als andere Staaten.

Von Christiane Habermalz |
    Der Forscher Rudolf Binder (r) beobachtet am 25.09.2015 im Schülerforschungszentrum Südwürttemberg in Bad Saulgau (Baden-Württemberg), wie Schüler Luca Braunger (Mitte) eine bestimmte Menge gefärbtes Wasser mit einer Pipette entnimmt.
    Jugendliche im Schülerforschungszentrum Südwürttemberg. Hochschulen und Bundesländer wollen mehr Nachwuchs für die MINT-Fächer begeistern. (dpa/ picture alliance / Felix Kästle)
    Bei Studierenden in Deutschland stehen Naturwissenschaften und Technik hoch im Kurs. 2015 entschieden sich 40 Prozent der Studienanfänger für ein sogenanntes MINT-Fach, im internationalen Vergleich waren das nur 27 Prozent. Damit ist Deutschland auf diesem Gebiet absoluter Spitzenreiter, so das Zeugnis des diesjährigen OECD-Bildungsberichts. Allerdings bestehen weiterhin erhebliche Unterschiede in der Genderbalance: Nur ein Viertel der jungen Frauen streben im Studium technische Berufe wie Ingenieurwissenschaften oder Informatik an. Immer noch zu wenig, räumt auch Bundesbildungsministerin Johanna Wanka ein. Besonderen Handlungsbedarf sieht sie jedoch vor allem im Bereich der dualen Ausbildung.
    "Da haben wir Frauen in den technischen Berufen von zwölf Prozent und weniger junge Frauen, die überhaupt in die duale Ausbildung gehen, also wir müssen uns jetzt konzentrieren, finde ich, auf den Bereich der beruflichen Ausbildung. Und hier müssen wir dafür sorgen, dass die Liste der beliebtesten Fächer - welchen Beruf wählt man, dual - der ist zementiert bei Männern und Frauen seit vielen Jahren, und entsprechen wichtig ist es, hier jetzt zu agieren."
    Höchste Studienanfängerzahlen, gute Jobaussichten
    Mit fast 60 Prozent eines Jahrgangs hat Deutschland zudem die höchsten Studienanfängerzahlen – und die meisten ausländischen Studierenden. Von ihnen wiederum studiert ein Drittel ebenfalls MINT-Fächer – zugleich der Bereich mit den besten Berufsaussichten. Der OECD-Bildungsbericht "Bildung auf einen Blick" vergleicht jährlich die Bildungsleistung von 35 Ländern von den USA über China bis Brasilien und Frankreich - dieses Jahr mit dem Schwerpunkt der Fächerorientierung und den damit verbundenen Berufsaussichten.
    Deutschlands Bildungssystem ist durch das duale System besonders gut mit der Wirtschaft verzahnt, so das Lob der Bildungsforscher. Dies zeige sich in der geringen Erwerbslosigkeit von jungen Erwachsenen – 4,2 Prozent Jugendarbeitslosigkeit, davon können Länder wie Frankreich oder Spanien nur träumen, europaweit liegt sie im Schnitt mehr als doppelt so hoch bei über zehn Prozent. Und wer in Deutschland eine Ausbildung macht, hat mit einer Erwerbsquote von 86 Prozent nur unwesentlich geringere Jobaussichten als Hochschulabsolventen.
    13 Prozent bleiben am unteren Rand
    Doch am unteren Rand blieben immer noch zu viele junge Leute abgehängt, kritisierte der Leiter des Berliner OECD-Büros, Heino von Meyer. Hier hat es in den letzten Jahren nur wenig Fortschritte gegeben. Immer noch 13 Prozent der jungen Erwachsenen in Deutschland zwischen 25 und 34 haben keinen Berufsabschluss und befinden sich auch in keiner Bildungsmaßnahme. Ihre Jobaussichten liegen nur bei 50 Prozent. Besser als der OECD-Schnitt, aber zu viel für ein reiches Land wie Deutschland – und mit weitreichenden Folgen, betont von Meyer:
    "Gute Bildung bringt nicht nur Geld und sichere Arbeit, sondern auch Gesundheit und Zufriedenheit. Bildung auf einen Blick weist dazu in diesem Jahr erstmals auch Ergebnisse zur psychischen Gesundheit aus. Und danach leiden nach eigenen Angaben doppelt so viele Geringqualifizierte an Depressionen wie Hochgebildete im Tertiärbereich."
    OECD kritisiert geringe Bildungsinvestitionen
    Und deutliche Kritik übte die OECD auch daran, dass Deutschland gemessen an seiner Wirtschaftsleistung weniger in Bildung investiere als andere Länder – nur 4,2 Prozent des Bruttoinlandprodukts geben Bund, Länder, Gemeinden und Private für Kitas, Schulen und Hochschulen aus – im OECD-Schnitt sind das 5,3 Prozent.
    "Seit einem Jahrzehnt ist dieser Unterschied von rund einem Prozentpunkt konstant und nicht verringert worden. Ein Prozent Bruttoinlandsprodukt, das sind 30 Milliarden Euro pro Jahr."
    Ein Ungleichgewicht sehen die OECD-Bildungsforscher auch in der Frage, wohin das Geld fließt. Für den Kita- und Primärbereich geben die Deutschen wenig aus – gerade mal 8.500 Dollar im Jahr pro Kind, 200 Dollar weniger als im OECD-Schnitt, dafür 17.000 Dollar pro Studierendem. Davon entfalle allerdings der größte Teil auf die Bereiche Forschung und Entwicklung – und käme damit nicht unmittelbar den Studierenden zugute.