Der Tübinger Germanist Hans Mayer verfasste anlässlich der Uraufführung dieses Musiktheaterstücks an der Deutschen Oper Berlin vor fünfzehn Jahren einen bildungsbeschwerten Essay und resümierte: "Die Besonderheit auch der Musik von Wolfgang Rihm besteht darin, daß er ernst gemacht hat mit der musikalischen Ausdeutung einer Tyrannengeschichte." In der Tat sollte der ungeheuerlichen Geschichte eine radikal ernste, ungeheuerlich sperrige, schrille, frei atonale Musik hinzugesellt werden. Es kam eine monströse Skizze zu Wege, die wie mit dem breiten Pinsel hingeworfen wirkt, dann aber auch mit feiner Feder nachgearbeitet wurde: Musik des pochenden instrumentalen Überdrucks und der fast beständigen Überanstrengung der Sänger. So, wie der Komponist sich der Öffentlichkeit als Workaholic präsentiert – stets an den Grenzen der Belastbarkeit und psychisch gefährdet –, so schafft er Bühnenfiguren nach seinem Ebenbild. Prometheisch und dionysisch. Es erscheint durchaus konsequent, dass der Tyrann Oedipus selbst immer wieder zum großen Beil greift und seine Lady Jokaste zum schweren Hammer: die Axt im Bühnenhaus erspart wenigstens einen Schlagzeuger und womöglich einen Besuch beim Psychiater. Doing!
Link: mehr ...
751.html