Das Video auf Facebook wirkt professionell. Kein Wunder, zwölf der bekanntesten Mitarbeiter des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks der Slowakei haben es zusammen gedreht:
"Sie kennen uns. Wir haben jahrelang die Nachrichten gestaltet. Wir haben an einem Projekt gearbeitet, an das wir geglaubt haben. Und wir waren stolz, ein Teil davon zu sein."
Eine Art Zermürbungspolitik
Doch das ist Vergangenheit. Die Redakteure haben gemeinsam ihre Verträge beim öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehsender RTVS gekündigt. Ihrer Führung werfen sie Zensur und politische Einflussnahme vor.
"Dem neuen Generaldirektor und seinem Management gelingt es, unsere Arbeit zu vernichten und unser Team zu zerschlagen."
Als vier ihrer Kollegen gleichzeitig gehen müssen, wird es Zuzana Kovacic-Hanzelova zu viel. Sie ist eine der zwölf kritischen Stimmen. Sechs Jahre lang hat sie als Moderatorin und Reporterin der Fernsehnachrichten gearbeitet.
"Wir haben ständig Konflikte mit neu eingestellten Mitarbeitern, die davor als Pressesprecher von Parteien oder Institutionen gearbeitet haben. Dann wurde die investigative Fernseh-Sendung 'Reporter' abgeschafft und mir wurde eine Dienstreise nach Prag gestrichen."
Belege für konkrete Eingriffe in ihre Arbeit nennt sie nicht. Nein, Berichte würden nicht kassiert, der Druck sei heutzutage subtiler. Stundenlang würde über eine ausgewogene Darstellung diskutiert. Eine Art Zermürbungstaktik.
Intendant dementiert die Vorwürfe
Der Intendant Jaroslav Reznik hatte bei seiner Wahl vergangenen Sommer erklärt, er wolle der Sendeanstalt ihre Rolle als Träger von Meinungsvielfalt wiedergeben. Alle Vorwürfe dementiert er.
"Unsere Redakteure haben selbst mehrere Male bestätigt, dass sie frei arbeiten, ohne Einschränkungen und politische Eingriffe. Ich lehne daher die Behauptung ab, dass es hier eine Normalisierung gibt."
Als Normalisierung bezeichnen Slowaken die staatlichen Repressalien nach dem blutigen Ende des Prager Frühlings 1968. Daran fühlen sich die Kritiker im Rundfunk erinnert. Ihren Offenen Brief haben mehr als 200 Journalisten unterzeichnet – auch viele von Zeitungen, Magazinen oder Agenturen.
Für die "Anti-Charta" nur ein Kommunikationsproblem
Es gibt aber auch eine Art Anti-Charta: Einen zweiten Offenen Brief, den rund 60 Redakteure unterschrieben haben. Sie sehen die Pressefreiheit nicht in Gefahr.
"Die aktuelle Situation unterscheidet sich überhaupt nicht von früher. Jede neue Leitung hat Leute entlassen und eigene eingestellt. Einige sind freiwillig gegangen."
Lydia Kokavcova ist seit mehr als zehn Jahren Redakteurin der Sendung "Reporter". Sie spricht eher von einem Kommunikationsproblem. Ihr Magazin soll im Herbst wieder ausgestrahlt werden - sogar mit mehr Mitarbeitern. Massenentlassungen und Veränderungen hat es in den letzten Jahren in der Tat immer wieder gegeben. Besonders während einer großen Reform der Öffentlich-Rechtlichen vor sieben Jahren. Da wurden mehr als 200 Mitarbeiter entlassen. Allerdings als Teil eines drastischen Sparprogramms wegen geringer Einschaltquoten.
Autozensur ist gefährlicher als offenes Eingreifen
Seitdem wird der Intendant vom Parlament gewählt. Sicherlich Teil des aktuellen Problems, findet der ehemalige Kulturminister Marek Madaric. Er ist kurz nach dem Journalistenmord zurückgetreten.
"Einen Großteil der Schuld tragen Politiker. Politiker, die schon seit Langem den RTVS beschuldigen, er sei regierungskritisch, nicht öffentlich-rechtlich."
Zum Beispiel Robert Fico. Der langjährige Premierminister der sozialdemokratischen Smer hat Journalisten etwa als "schmutzige, anti-slowakische Prostituierte" bezeichnet. Auch nach seinem Rückzug drei Wochen nach dem Mord an Jan Kuciak zieht er noch im Hintergrund als Parteichef die Fäden. Aber anders als zu seiner Regierungszeit diskutiert die Slowakei jetzt über das Verhältnis ihrer Politiker zu den Medien, sagt der Politikwissenschaftler Pavol Babos.
"Es muss nicht so laufen, dass der Parlamentspräsident der nationalistischen Partei jeden zweiten Tag beim Intendanten anruft und erklärt, was er sich vorstellt, denn der Intendant weiß selbst, von wem er gewählt wurde."
Und die neuen Radio- und Fernsehredakteure wiederum wüssten, wer sie eingestellt hat. Eine solche Autozensur hält Babos für noch gefährlicher als offenes Eingreifen. Aber immerhin werde jetzt endlich über die Berichterstattung der Öffentlich-Rechtlichen Medien in der Slowakei diskutiert. Nicht mehr nur über Minderheitensprachen, Kindersendungen und Werbung - wie oft vor dem Mord an Jan Kuciak. Die Öffentlichkeit ist aufgerüttelt.