2001 stellte das ZDF als erster öffentlich-rechtlicher Sender Fernsehinhalte ins Internet. Inzwischen ist die Mediatheken-Familie deutlich gewachsen: Auch ARD, Deutschlandfunk, die Dritten Programme, 3sat, Arte und Deutsche Welle bieten längst Programm-Bibliotheken im Netz und per App. Hinzu kommen die gebührenfinanzierte Online-Plattform "Funk" und, seit diesem Oktober, der jüngste Spross des öffentlich-rechtlichen Telemedienangebots: die App "KIKA.player".
Wer abends auf dem Sofa Dokus, Talkshows, Serien oder Filme sehen will und keine Lust auf das lineare Fernsehprogramm hat, hat also die Qual der Wahl. Das gilt nicht nur für die verschiedenen Portale, sondern auch für das Layout der Apps und Online-Seiten: Jede Anstalt hat ihre eigene Logik, Inhalte zu sortieren und anzuzeigen. Bei so viel Wildwuchs verlieren die Zuhörer schnell den Überblick und dann auch die Geduld.
Die "Sieben-Tage-Regelung" ist gekippt
Außerdem ist die Suche nach konkreten Sendungen allzu oft vergeblich: Noch immer dürfen die Öffentlich-Rechtlichen ihre Inhalte nur begrenzt online zur Verfügung stellen. Eine erste Flexibilisierung brachte vor kurzem die Entscheidung der Ministerpräsidenten, die "Sieben-Tage-Regelung" zu kippen. Sie hatte die Verweildauer für den Großteil der Inhalte stark beschränkt.
Auch der neue Telemedienauftrag, der voraussichtlich 2019 in Kraft tritt, lässt den Rundfunkanstalten keine freie Hand. Ab dann dürfen sie zwar auch lizenzierte Inhalte – zum Beispiel eingekaufte Serien und Filme – online stellen, allerdings nur für 30 Tage und nur, wenn die Lizenzen das auch hergeben. Große Sportereignisse können statt 24 Stunden nun bis zu sieben Tage lang gezeigt werden. Für alle anderen Inhalte hängt die Verweildauer von dem jeweiligen redaktionellen Konzept ab. Was das konkret bedeutet, ist noch offen.
Konkurrenz kommt aus den USA
Für die Öffentlich-Rechtlichen steht viel auf dem Spiel: Netflix, YouTube und Co. sind für viele Zuschauer nur einen Knopf auf der Fernbedienung entfernt. Sie bieten nicht nur eine breite Palette an Inhalten, sondern auch ausgeklügelte Suchfunktionen und Algorithmen für individuelle Empfehlungen.
Betrachtet man die Infrastruktur, können derzeit weder die privaten noch die öffentlich-rechtlichen Sender mit dem Angebot der globalen Content-Player mithalten. Problematisch ist auch, dass die einzelnen Sender zunehmend auf US-amerikanische Netzwerke wie YouTube, Instagram und Facebook angewiesen sind, um junge Zielgruppen überhaupt noch zu erreichen.
Der Traum von einer europaweiten Plattform
In der deutschen Medienbranche gibt es deswegen schon seit längerem die Idee, eine alternative Plattform auf die Beine zu stellen: eine gigantische Mediathek, die die Inhalte der deutschen Sender bündelt und bewirbt. ARD und ZDF entwickelten deswegen gemeinsam "Germany’s Gold" – und scheiterten vor einigen Jahren am Bundeskartellamt. Den privaten Fernsehsendern erging es ähnlich.
Vom Tisch ist die Idee aber nicht: Nicht nur Pro.SiebenSat1 und RTL bringen eine gemeinsame Mediathek immer wieder ins Gespräch. Auch BR-Intendant Ulrich Wilhelm, derzeit ARD-Vorsitzender, wirbt fleißig für eine "Supermediathek". Die diskutierten Vorschläge reichen bis hin zu einer europäischen Lösung mit Inhalten sowohl von privaten als auch von öffentlich-rechtlichen Medienhäusern. Auch andere Institutionen wie Universitäten, Museen und Volkshochschulen könnten sich daran beteiligen.
Gebührenfinanzierte Inhalte auch bei "Magenta TV"
Wann diese Vision Realität werden könnte, steht derzeit allerdings in den Sternen. In der Zwischenzeit nutzen andere Anbieter das Prestige der gebührenfinanzierten Inhalte für sich – zum Beispiel das neue Portal "Magenta TV" der Telekom, das gerade an den Start gegangen ist. Wie die Wochenzeitung "Die Zeit" berichtete, finden sich in dem kostenpflichtigen Angebot auch 8.000 öffentlich-rechtliche Inhalte, darunter 200 Tatort-Folgen und die "Sendung mit der Maus".
Frustrierend ist das vor allem für die, die Gebühren zahlen. Warum sie für gebührenfinanzierte Inhalte noch einmal zur Kasse gebeten werden, lässt sich kaum vermitteln. Die Senderchefs berichten immer wieder von Mails, in denen Zuschauer und Zuhörer nachhaken: Diese wollen langfristig auf die Inhalte der Rundfunkanstalten zugreifen können.