Dieser Tage berichtete LRT, das öffentlich-rechtlichen Radio in Litauen, immer wieder in eigener Sache. Denn das litauische Parlament hat Anfang des Jahres eine Untersuchungskommission einberufen. Sie soll die Strukturen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durchleuchten. Nun wurde das Ergebnis vorgestellt. LRT sei mit seinen drei Radio- und drei Fernsehkanälen zu undurchsichtig, so die Schlussfolgerung der Abgeordneten der regierenden Bauernpartei, Agne Sirinskiene, in einem TV-Interview.
"LRT ist eine Institution, die hohe Transparenzstandards aufweisen sollte. Dagegen wird etwa beim Einkauf von Material und Equipment wird undurchsichtig verfahren. Außerdem haben neun von zwölf Ratsmitgliedern nicht die obligatorische Erklärung über ihre Zusatzverdienste abgegeben. Ich glaube unsere Untersuchung ist eine großartige Gelegenheit für LRT, aus einem anderen Blickwinkel auf sich selbst zu blicken und gesagt zu bekommen, was nicht gut funktioniert."
Sorge um mehr politischen Einfluss
Über 140 Seiten umfasst der Bericht der Kommission. Und die meisten Kritikpunkte sieht auch LRT-Direktorin Monika Garbačiauskaitė ein: "Wir haben ein Problem mit der Effektivität der Verwaltung und müssen transparenter werden in den Abläufen. Als ich vor einem halben Jahr meinen neuen Posten bekam, habe ich mich diesen Problemen gewidmet. Wir brauchen kein Parlament, das uns sagt, was wir zu machen haben. Das Ganze ist ein Präzedenzfall. Noch nie wurde gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Parlament ermittelt. Und als Resultat wird vorgeschlagen, das Managementsystem von LRT zu verändern. Das zeigt: Es geht um politische Einflussnahme auf unser öffentlich-rechtliches System."
Auch die Europäische Rundfunkunion EBU zeigte sich in einer Stellungnahme besorgt. Vor allem der Vorschlag, den bisherigen zwölfköpfigen LRT-Rat aus Repräsentanten des Parlaments, der Präsidentenkanzlei und von NGOs auszutauschen und durch eine Kommission zu ergänzen, stößt auf Kritik. Die Sorge um mehr politischen Einfluss teilen auch Beobachter wie Kommunikationswissenschafter Deimantas Jastramskis.
"Bisher sind es nur Intentionen und Ankündigungen. Noch gibt es keine politischen Entscheidungen. Aber der Druck ist da, etwa durch die Einberufung der Parlamentskommission. Und wenn hinterher über ein neues Managementsystem gesprochen wird, geht es darum, den politischen Einfluss auszubauen. Das würde uns ins letzte Jahrhundert katapultieren."
"Die jetzigen Machthaber beschneiden die Pressefreiheit am entschiedensten"
Die Diskussion um LRT erinnere daran, was mit dem öffentlichen Rundfunk in Polen und in Ungarn geschah und als "Orbanisierung" paraphrasiert wird, sagt Šarūnas Černiauskas. Der Investigativjournalist der Internetzeitung "15 Minuten" hat zahlreiche politische Skandale aufgedeckt. Er sorgt sich um die Pressefreiheit in Litauen.
"Alle bisherigen Regierungen hatten versucht, die Pressefreiheit zu beschneiden. Aber die jetzigen Machthaber sind da am entschiedensten. Sie versuchten es mit lächerlichen Ideen, wie etwa, dass 15 Prozent der allgemeinen Berichterstattung positive Nachrichten sein sollen. Im September wurde es aber ernst: Uns Journalisten wurde der Zugang zum staatlichen Registerzentrum geschlossen. Den sollte es nur noch gegen Geld geben. Für unsere Zeitung, die häufig über mehrere litauische Firmen gleichzeitig recherchiert, würde eine große Recherche gleich Zehntausende Euro kosten. Es scheint, als ob die Beschneidung von Pressefreiheit auf der politischen Agenda der Regierung steht."
Präsidentin Dalia Grybauskaite hatte die bisherigen Versuche der Regierung, die Pressefreiheit einzuschränken, unterbunden. 2019 aber ist in Litauen Superwahljahr: Neben dem EU-Parlament und Kommunalwahlen wird auch ein neues Staatsoberhaupt bestimmt. Der Ausgang ist offen. Auch für die litauische Pressefreiheit.