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Öffentlich-rechtliches Fernsehen in der Ukraine
"Ein Kampf gegen die Realität"

Nach der Revolution 2014 beschloss das ukrainische Parlament, den ehemals staatlichen Fernsehsender in einen öffentlich-rechtlichen umzuwandeln. Der kämpft nun aber mit Geldnot. Die ersten Sendemasten mussten schon abgeschaltet werden.

Von Danylo Bilyk |
    Das Gebäude des Senders UA:PBC in der Ukraine gebaut als ein viereckiges Hochhaus mit einem spitzen Dach
    Ist die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in der Ukraine durch Sparmaßnahmen in Gefahr? (copyright UA:PBC’s PR Department/Taran Misha)
    Erst vor einem Jahr nahm der erste öffentlich-rechtliche Fernsehsender in der Ukraine seine Arbeit auf. Doch der Öffentlichkeit ist er bis heute weitgehend unbekannt. Dem ehemals staatlichen Programm "UA: Perschij" (zu deutsch "Ukraine: Das Erste") fehlen schlicht die finanziellen Mittel - für die Öffentlichkeitsarbeit, aber vor allem für die Produktion seiner Sendungen. Wegen hoher Schulden wurden zudem mehrere Sendemasten in Kiew und einigen Großstädten um die ukrainische Hauptstadt abgeschaltet. Sechs Millionen Menschen leben dort.
    Für den Sender eine dramatische Situation, findet Inna Hrebeniuk, die bei "UA: Perschij" im Vorstand sitzt:
    "Denn wenn wir unsere Zahlen mit denen anderer TV-Stationen in Europa vergleichen, ist die Situation für den öffentlich-rechtlichen Sender in der Ukraine besonders schlimm. Diese Tatsache spricht doch für sich. Wie können wir da von einer schnellen und effizienten Reform sprechen? Wie können wir planen und irgendwelche Produktionskosten berechnen, wenn wir sehen, dass das Gesetz hier nicht umgesetzt wird?"
    Nur die Hälfte des Budgets bewilligt
    Denn das Gesetz für das öffentliche Fernsehen in der Ukraine besagt, dass dem Sender 0,2 Prozent des gesamten jährlichen Staatshaushaltes garantiert werden - für dieses Jahr umgerechnet insgesamt etwa 70 Millionen Euro. Als die Gründung des Senders 2014 vom ukrainischen Parlament beschlossen wurde, war die Maidan-Euphorie noch groß. Der Sender sollte endlich komplett von den staatlichen Strukturen entkoppelt und damit unabhängig werden. Senderspitze und Verwaltung sollten von unabhängigen Gremien berufen werden.
    Doch auch um ein politisch unabhängiges Programm umzusetzen, braucht man Geld. Von dem ohnehin mageren gesetzlich garantierten Betrag hat die Regierung unter Premier Wolodymyr Hroisman in diesem Jahr gerade mal die Hälfte genehmigt. Umgerechnet sind das 35 Millionen Euro.
    "Jede Reform ist immer ein Kampf gegen die Realität"
    In die Produktion der eigenen Sendungen sollen bis Ende des Jahres lediglich 270.000 Euro fließen. Ein Tropfen auf den heißen Stein für den umfassenden Reformplan, kritisiert Kyryl Savin, der bei der Deutsche-Welle-Akademie in Bonn für die Projekte mit der Ukraine betraut ist:
    "Allein die Erneuerung der technischen Ausstattung braucht Millionen. Deswegen ist es schade, aber andererseits: Keiner hat erwartet, dass alles rosig sein wird. In der Ukraine ist jede Reform ein Kampf gegen die Realität."
    Zusammen mit der BBC Media Action und einem dänischen Bauunternehmen ist die Deutsche-Welle-Akademie damit betraut, ein großes Projekt beim ukrainischen Sender umzusetzen. Innerhalb von drei Jahren soll in Kiew ein neues "News House" entstehen, ausgestattet mit modernster Technik. Auch Nachrichtenjournalisten möchte man hier ausbilden, um journalistische Standards zu erhöhen, erzählt Savin. Finanziert wird das Projekt von der Europäischen Union und dem Auswärtigen Amt.
    Geld kommt aus dem Ausland
    Aber auch laufende Produktionskosten für neue Sendungen kann der Sender nur dank der Unterstützung aus dem westlichen Ausland abdecken, etwa von der EU. Aber auch Deutschland, Großbritannien und Schweden sind als Geldgeber dabei. Ohne sie wäre die Reform des Senders längst gescheitert, sagt "UA Perschij"-Vorstandsmitglied Inna Hrebeniuk:
    "In Wirklichkeit gibt es in der Ukraine keinen einzigen unabhängigen TV-Sender. Sie alle gehören entweder Politikern oder Oligarchen. Einen wirklich unabhängigen Sender will im Grunde genommen niemand haben."