Die Kindergärten und Grundschulen in Köln wünschen sich neues Spielzeug und neue Bastelsachen. Im vergangenen Jahr stellte die Kommune einen ziemlich langen Einkaufszettel zusammen: "4.644 Legosortimente, 5.940 Puzzle, 5.040 Mandalas, 540 Würfel, 5.992 Schmink-Sortimente …"
Gesamtvolumen: rund zweieinhalb Millionen Euro. Wenn die öffentliche Hand einkauft, dann geht es nicht um Kleckerbeträge. Nach Schätzungen der Bundesregierung geben Kommunen, Länder und Bund für die sogenannte Beschaffung jährlich bis zu 350 Milliarden Euro aus. Die OECD geht sogar von 500 Milliarden aus.
Darunter fallen Dienstleistungen, Bauaufträge und eine große Bandbreite an Produkten: Von IT über Dienstkleidung für die Polizei, Nahrungsmittel, Büromaterial oder eben Spielzeug.
Viele dieser Produkte werden im Ausland produziert. Computer etwa bestehen aus tausenden Einzelteilen aus der ganzen Welt, Spielzeug wird hauptsächlich aus Asien importiert.
Lange Einkaufslisten
Lia Polotzek ist Referentin für Wirtschaft beim Umweltverband BUND und beschäftigt sich mit internationalen Wertschöpfungsketten: "Man kann schon sagen, dass es Risikobranchen gibt. Man hat natürlich die Textilbranche, die auch stark im öffentlichen Fokus ist. Aber das betrifft viele andere Branchen auch, eigentliche alle produzierenden Branchen, die in sogenannten Entwicklungsländern produzieren. Immer da gibt es eine große Gefahr, Menschenrechte zu verletzen, aber auch die Umwelt zu zerstören, bei Rohstoffen beispielsweise."
Das stellt die öffentliche Verwaltung beim Einkauf oft vor die gleiche Frage wie den einzelnen Konsumenten im Supermarkt. Wie lässt sich herausfinden, welche Produkte man guten Gewissens kaufen kann? "Wenn ich schon anfange, woher kommen die Erdbeeren, die Bananen - da muss ich ja täglich schauen. Bei 120 Produkten müsste ich ja erstmal eine Investigativrecherche starten, ganz davon abgesehen, dass es die Informationen gar nicht öffentlich verfügbar gibt. Ich habe selbst solche Recherchen gemacht, die dauern teilweise ein halbes Jahr pro Produkt, weil es eben diese Transparenz nicht gibt von den Unternehmen."
Richtlinien für öffentliche Aufträge
Allerdings gibt es auch große Unterschiede zwischen privatem und staatlichem Konsum. Eine ganze Reihe von Gesetzen, Richtlinien und Verordnungen regelt, ab welcher Größe Aufträge in Deutschland oder europaweit ausgeschrieben werden müssen und was der Staat von den Bietern verlangen darf.
Ein wichtiger Grundsatz dabei ist: "Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, Paragraph 127: Der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt."
Aber was ist das wirtschaftlichste Angebot? Lange Zeit war der niedrigste Preis das ausschlaggebende Kriterium. Soziale und ökologische Standards galten als vergabefremd und wettbewerbsverzerrend.
Das änderte sich mit der neuen EU-Vergaberichtlinie im Jahr 2014. Darin wurden Nachhaltigkeitskriterien aufgewertet. Deutschland setzte die Richtlinie 2016 um. Allerdings nur sehr halbherzig, wie der Grünen-Abgeordnete Uwe Kekeritz vergangenes Jahr im Bundestag beklagte: "Insbesondere das Prinzip der Freiwilligkeit führt nicht weiter. Es kann zukünftig nicht mehr sein, dass wir über Steuergelder ausbeuterische Kinderarbeit oder Umweltzerstörung finanzieren. Es kann auch nicht mehr sein, dass Milizen, Terror- und Mafiagruppen zum Beispiel im Bereich der Konfliktmineralien auch von der deutschen Beschaffung profitieren."
Der Bund überließ die Umsetzung mit seiner Reform den Ländern und Kommunen. Die Grünen-Fraktion erkundigte sich im vergangenen Jahr bei der Bundesregierung, ob der öffentliche Einkauf denn nun nachhaltiger geworden sei.
Überforderung der Kommunen?
Die Antwort fiel aus Sicht der Grünen dünn aus. "Es gibt nicht mal eine brauchbare Beschaffungsstatistik. Es werden nur Beschaffungsvorgänge erfasst, die über dem EU-Schwellenwert liegen. Das heißt, 92 Prozent der Beschaffungsvorgänge werden statistisch nicht erfasst", so Kekeritz bei der entsprechenden Bundestagsdebatte.
Eine Vergabestatistik wurde mit der Reform 2016 zwar geplant, allerdings soll sie laut Wirtschaftsministerium voraussichtlich erst Mitte kommenden Jahres beginnen. Über den Anteil nachhaltiger Ausschreibungen gebe es keine Zahlen. Zudem herrscht längst keine Einigkeit darüber, welche Rolle faire und ökologische Produktionsbedingungen beim staatlichen Einkauf spielen sollen.
Der entwicklungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Christoph Hoffmann, warnt vor Überforderung - besonders bei den Kommunen, die mit rund 60 Prozent den größten Teil der öffentlichen Beschaffung verantworten: "Sie machen damit auch ein Stück kommunale Selbstverwaltung kaputt, weil eine kleine Gemeinde niemals diesen hohen Anforderungen, den überzogenen Standards folgen kann. Wie soll ein Bürgermeister für eine CO2-freie Anlieferung garantieren. Das geht nicht, es ist einfach Unsinn."
Rosa Grabe von der Organisation Femnet berät Kommunen beim Thema nachhaltige Beschaffung und weiß, dass es große Unterschiede zwischen den Bundesländern gibt: "Also Bremen ist ganz vorne mit dabei. Und zum Beispiel hat auch Schleswig-Holstein Beratungsstellen für die Beschaffer eingeführt. Nordrhein-Westfalen hatte bis vor einigen Jahren auch eine Stelle, das wurde aber leider mit der Novellierung des Vergaberechts direkt abgeschafft. Da gab es halt einen Parteienwechsel, und die haben dann einfach alles auf null gesetzt, wo NRW da eigentlich schon relativ progressiv war."
Bundesweit 30.000 Vergabestellen
Viele Bundesländer haben ihr Vergaberecht nach der EU-Reform überarbeitet. Zuletzt verabschiedete im April Berlin sein neues Vergabegesetz. Dort ist unter anderem festgelegt, dass öffentliche Aufträge nur an Firmen vergeben werden dürfen, die in Deutschland einen Mindestlohn von 12,50 Euro zahlen – sofern es keinen Tarifvertrag gibt. Außerdem müssen Unternehmen eine Erklärung abgeben, wie sie Frauen fördern.
Die Anzahl explizit nachhaltiger oder fairer Ausschreibungen ist insgesamt noch vergleichsweise gering. Das Informationsportal der Bundesregierung "Kompass Nachhaltigkeit" sammelt solche Pilotprojekte und kommt auf rund 650 Vergaben in 53 Kommunen. Rosa Grabe von Femnet: "Ich bekomme eigentlich fast täglich Anfragen von Kommunen, und das geht ja dann nur um Textilbeschaffung erstmal. Textilien haben sich dazu entwickelt, weil es da eben schon viele Gütezeichen gibt, die man fordern kann. Aber wir sind noch lange davon entfernt, dass das flächendeckend passiert."
Aber warum? Fehlt es am politischen Willen – oder liegen die Hürden in der Umsetzbarkeit? Miriam Feldmann arbeitet bei der Stadt Köln im Bereich Internationales. Sie hat die Ausschreibung für Spielzeug und eine Pilotausschreibung für faire Sicherheitsschuhe begleitet. "Sie müssen sich jedes Produkt einzeln angucken und dann auch die Zeit haben, erstmal zu recherchieren, was gibt es für Kriterien, welche Nachhaltigkeitskriterien kann ich da ansetzen?"
Jede Ausschreibung muss außerdem den vielen juristischen Anforderungen entsprechen. Sonst ist die Gefahr groß, dass Bieter, die sich benachteiligt fühlen, vor Gericht ziehen.
Anja Laudwein arbeitet seit Jahren als Beschafferin bei der Stadt Köln: "Ich würde sagen vom Zeitablauf, von der ersten Bearbeitung bis zur Auftragserteilung, also bis zum Zuschlag dauert es circa anderthalb Jahre. Diese Rahmenvereinbarung Spielwaren, die gab es auch im Vorfeld schon. Als Zuschlagskriterium hatten wir da den Preis und das Herstellervolumen, und ich würde sagen, wenn man das einfach so übernommen hätte, dann hätte da die Bearbeitungszeit vielleicht zwölf Monate gedauert. Wir hatten uns jetzt entschlossen die menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten da einzubeziehen. Da wir uns vergaberechtlich auskennen, aber nicht bezüglich dieser Nachhaltigkeitskriterien, hat dieser Vorgang dann nochmal ein halbes Jahr länger gedauert."
Das Aufwands- und Know-How-Problem wird noch dadurch verschärft, dass die öffentliche Vergabe in Deutschland sehr dezentral funktioniert. Jede Kommune, jede kleine Behörde – jede der laut Wirtschaftsministerium etwa 30.000 Vergabestellen in Deutschland macht ihre eigenen Ausschreibungen.
Ohne klare politische Vorgabe bleibt das Engagement für bessere Produktionsbedingungen da der Initiative von Einzelnen überlassen. Bei der Umsetzung sind sie dann auf Nichtregierungsorganisationen und auf Personen wie Rosa Grabe angewiesen: "Eine Beschafferin, die wir wirklich intensiv bei jedem Schritt begleitet haben. Die war da total dankbar dafür und fand das gut. Und sie hat dann aber zum Schluss gesagt, wenn ich das jetzt nochmal machen würde, ich weiß nicht, ob ich das ohne Hilfe nochmal schaffen würde."
Öffentliche Aufträge für manche unattraktiv
Der Markt muss Orientierungsmarken für Nachhaltigkeit wie etwa Siegel oder Vergleichstests natürlich auch erst einmal liefern. Miriam Feldmann berichtet von der Kölner Ausschreibung für Sicherheitsschuhe: "Das Schwierige dabei war, dass der Schuhmarkt in diesem Bereich noch nicht so weit ist. Das heißt, es gibt keine Siegel, auf die man sich berufen kann, und wir mussten uns dann überlegen, wie können wir eben diese Kriterien einfließen lassen, wie kann man Nachweiskriterien erstellen, und was kann man überhaupt verlangen, damit wir am Ende auch ein Produkt bekommen. Man kann die superschönste Ausschreibung haben, mit den tollsten Kriterien. Wenn der Markt das noch nicht hergibt, hat man am Ende kein Produkt."
Hildegard Reppelmund vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag warnt deshalb ganz grundsätzlich vor zu vielen Anforderungen. "Dem Staat ist bei öffentlichen Ausschreibungen natürlich auch daran gelegen, dass er Angebote bekommt und dass er dann aus den Angeboten auswählen kann. Je höher er die Anforderungen setzt, desto weniger Angebote bekommt er."
Die Berliner IHK hat im Zuge der Vergaberechtsreform des Landes eine Umfrage bei ihren Mitgliedsunternehmen gemacht. Dabei gaben über zwei Drittel an, sie würden sich überhaupt nicht auf öffentliche Aufträge bewerben. Die Beteiligung an einer Ausschreibung, hieß es von der IHK, koste ein Berliner Unternehmen im Schnitt 4.000 Euro. Und für einen Auftrag von 30.000 Euro müssten teilweise 600 Seiten Unterlagen eingereicht werden.
Hildegard Reppelmund: "Das Problem ist, wenn man jetzt als öffentlicher Auftraggeber fordert, in der gesamten Lieferkette müssen bestimmte ökologische Nachhaltigkeitsstandards eingehalten werden. Weil die gesamte Lieferkette ist nicht wirklich überschaubar. Das heißt, wenn bei einem Produkt eine Zulieferung durch einen Sub-Sub-Sub-Sub-Unternehmer irgendwo aus Indien oder China mit dabei ist, dann kann der oberste Auftraggeber nicht feststellen, ob das tatsächlich bis ganz unten durchgehalten wird."
Die Herkunft der Stofffaser
Dass man genau das durchaus versuchen kann, zeigt das Unternehmen Bierbaum-Proenen, kurz BP. Der Kölner Mittelständler stellt Berufsbekleidung her. Früher wurde alles am Kölner Standort genäht; heute liegen die Produktionsstätten in Tunesien, Pakistan, Vietnam und weiteren Ländern.
Fabian Kusch, Leiter des Nachhaltigkeitsmanagements: "Vom Grundsatz her müsste man ja meinen, als deutscher Mittelständler habe ich jetzt gar keinen Einfluss auf eine große Fabrik in China, die im Zweifel fünf- oder sechsmal so viel Umsatz macht wie wir. Aber der Einfluss ist insofern gar nicht so klein, als dass man auch ganz klar sagen muss: Es kommt ja keiner und sagt dir – mit dem musst du arbeiten, sondern wir können uns den ja selber aussuchen. Und dann ist es so: Die Anfangsphase ist oftmals schwierig, weil man dann eben in diesen anderen Kulturkreisen mit teilweise vielleicht auch anderen Prioritäten erstmal erklären muss, wo liegen unsere Prioritäten."
Die Erfahrung zeige aber, dass man die Zulieferer gerade bei langjährigen Beziehungen oft überzeugen könne. BP ist Mitglied in Initiativen wie der Fair-Wear-Foundation. Dort hat das Unternehmen den "Leader"-Status, der besonders hohe Anstrengungen im Nachhaltigkeitsmanagement bescheinigt.
Trotzdem schafft es auch BP bisher nicht, dass bei der Produktion im Ausland existenzsichernde Löhne gezahlt werden, und weiß nicht um die Herkunft jeder einzelnen Stofffaser. "Daran arbeiten wir aber, weil wir glauben, dass das wichtig ist."
Beschafferinnen befinden sich deshalb immer in einem Spagat: Je höher sie die Standards ansetzen, desto größer die Gefahr, dass viele Bewerber sie nicht erfüllen können. Das führt dazu, dass selbst bei den aufwendigen Pilotausschreibungen meistens nur die Kernarbeitsnormen der ILO, der Internationalen Arbeitsorganisation – also etwa das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit – gefordert werden.
"Wenn man fair hört, dann stellt man sich eigentlich ein bisschen mehr vor. Das fordern wir auch. Also, dass zum Beispiel existenzsichernder Lohn dazugehört. Aber das, wo es momentan in der Umsetzung noch hapert - beim Bund sowieso aber auch bei den Kommunen - da geht es erstmal nur um die ILO-Kernarbeitsnormen." Rosa Grabe bleibt trotzdem zuversichtlich. Sie glaubt, dass die Unternehmen bereit sind, sich umzustellen, wenn die Nachfrage steigt.
Angst vor höheren Preisen
Auch Miriam Feldmann berichtet von positiven Reaktionen: "Insbesondere auch kleinere Unternehmen sind sehr dankbar dafür, weil sie häufig auch schon sehr nachhaltig produzieren, weil sie zum Beispiel in Europa produzieren. Und sie fallen bei öffentlichen Ausschreibungen eigentlich immer heraus, weil sie vom Preis natürlich teurer sind als größere Firmen. Und so haben sie dann die Chance, wenn das Zuschlagskriterium nicht allein der Preis ist, sondern auch Nachhaltigkeitskriterien, dass sie eine größere Chance haben, bei öffentlichen Ausschreibungen zum Zuge zu kommen."
Die Angst vor höheren Preisen gehört zu den wesentlichen Faktoren, die Kommunen von fairer Beschaffung abhalten.
Fabian Kusch erzählt, dass die Firma Bierbaum Proenen jedes Jahr einen sechsstelligen Betrag für ihr Nachhaltigkeitsmanagement ausgibt. "Aber der Ansatz ist: Wenn die Hose doppelt so lange hält, dann darf sie vielleicht nicht doppelt so teuer sein, aber sie darf teurer sein als die, die nach vier Wochen kaputt ist. Und sie muss es dann auch."
Ob und wie viel teurer sozial-ökologische Beschaffung am Ende sei, könne man nicht pauschal sagen, meint Rosa Grabe. Bei einer Pilotausschreibung für Sicherheitsschuhe in Bonn lag der Preis am Ende etwa vier Prozent höher.
Bei einer aktuellen Ausschreibung für Schulessen in Berlin – das nun verstärkt bio, regional und fairtrade sein soll - wird der Preis pro Mittagessen von 3,25 Euro auf 4,36 Euro steigen.
Miriam Feldmann meint allerdings: "Es gibt bei jeder Ausschreibung bei jedem Produkt eine große Preisspanne von sehr billig bis sehr teuer, und meistens liegen die Fairtrade-Produkte oder die Produkte, die wir dann jetzt beschafft haben, immer im Mittelfeld."
Politische Vorgaben
Auch deshalb ist Rosa Grabe der Ansicht, dass es bei Kommunen keine Frage von arm oder reich sei, ob nachhaltiger Einkauf infrage kommt: "Die Stadt Dortmund hatte ich vorhin vergessen zu erwähnen. Die sind da auch totale Vorreiter als Stadt, und das ist jetzt nicht so eine reiche Kommune. Die haben 2015 schon eine große Ausschreibung – ich glaube für 500.000 Euro gemacht und haben da durchweg faire Produkte gekauft und haben gesagt, ja, das ist teurer, aber wir versuchen durch Umstrukturierung zu sparen. Die sind von dezentraler Beschaffung auf zentrale Beschaffung umgestiegen. Und haben gesagt, wenn wir jetzt alle zusammen das Gleiche kaufen, dann kriegen wir da Mengenrabatt und können das Geld, was wir sparen, dann eben in faire Kleidung stecken."
Weil letztlich also nachhaltige Beschaffung immer am Willen und der Initiative Einzelner hängt, hält Rosa Grabe ein politisches Instrument für besonders wichtig: ein Lieferkettengesetz. Damit würden deutsche Unternehmen gesetzlich verpflichtet, gegen menschenrechtliche Risiken in ihren Wertschöpfungsketten vorzugehen. Beschafferinnen bräuchten diese Sorgfaltspflichten dann nicht aufwendig einzufordern. Seit Jahren wird ein solches Lieferkettengesetz von einer breiten Allianz zivilgesellschaftlicher Organisationen gefordert.
Lia Polotzek vom BUND: "Das liegt an der Politik dafür zu sorgen, dass ich mich als Verbraucherin im Supermarkt nicht dafür entscheiden muss, ein Produkt zu kaufen, bei dem Menschenrechte verletzt wurden. Solche Produkte sollte es in deutschen Supermärkten überhaupt nicht geben."
Bisher versucht die Bundesregierung, die Einhaltung von Menschenrechten in der Lieferkette mit dem "Nationalen Aktionsplan für Menschenrechte" durchzusetzen. Die Vorgaben darin sind für Unternehmen aber freiwillig. Im Koalitionsvertrag haben sich die Regierungsparteien auf eine Überprüfung geeinigt.
"Zwei Mal wurde nachgefasst, bis letztendlich 464 geantwortet haben, und das Ergebnis: 20 Prozent sind Erfüller, erfüllen in Selbsteinschätzung die Vorgaben. Das Ergebnis zeigt eindeutig: Freiwilligkeit führt nicht zum Ziel. Wir brauchen einen gesetzlichen Rahmen", ist CSU-Entwicklungsminister Gerd Müller überzeugt.
Mitte Juli sollen die endgültigen Ergebnisse der Unternehmensbefragungen vorliegen. Fallen die so schlecht aus wie erwartet, will Gerd Müller zusammen mit Arbeitsminister Hubertus Heil von der SPD den Entwurf für ein Lieferkettengesetz vorlegen. Der Widerstand ist jedoch groß - vor allem von Seiten der Wirtschaftsverbände und in der CDU.