Archiv

Öffentlicher Dienst
Mögliche zweite Streikwelle

Die Warnstreiks im öffentlichen Dienst dauern in einigen Großstädten noch bis in die Nacht an. Die Arbeitnehmer fordern einen Aufschlag um 3,5 Prozent und 100 Euro mehr Grundgehalt. Besonders die unteren Gehaltsgruppen sollen davon profitieren. Die Gewerkschaften kündigten eine mögliche zweite Streikwelle in der nächsten Woche an.

Von Anke Petermann | 19.03.2014
    Eine blonde Frau hält eine rote Tröte in der Hand und trägt einen Überwürf aus Plastik, auf dem "Streik" steht
    Wie diese Dame in Regensburg gingen auch in Bayern Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes für mehr Geld auf die Straße (picture alliance / dpa / Armin Weigel)
    GEW, Verdi und Deutscher Beamtenbund machen Druck: Zwischen Hamburg und München bleiben Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes teilweise noch bis in die Nacht im Ausstand. In Hessen und Niedersachsen beteiligten sich je 10.000 an Warnstreiks, allein in Stuttgart genau so viele, in Bayern 8000. Von der zweiten Verhandlungsrunde ab morgen erwarten die Gewerkschafter, dass der Bund und die kommunalen Arbeitgeber ein Angebot vorlegen. Warum es noch keins gibt? Die erste Runde dient traditionell dem Meinungsaustausch, wiegelt die Arbeitgeberseite ab. Gewerkschafter kontern genervt:
    "Da kann man doch eigentlich sagen "same procedure as every year", die wollen nie bezahlen, ja!"
    "Das erleben wir schon seit längerer Zeit, dass in den ersten Verhandlungsrunden oftmals gar kein Angebot kommt, sondern eher eine Gegenforderung. Das ist eine Unsitte, das ist auch eine Missachtung der Beschäftigten, die gute Leistungen erbringen,"
    auf einem Gehaltsniveau, so meinen die Arbeitnehmer, mit dem sie im Vergleich zur Privatwirtschaft schlecht wegkommen, selbst auf der mittleren Ebene der Sozialarbeiter im Kinder- und Jugenddienst.
    100 Euro mehr Grundgehalt, 3,5 Prozent Aufschlag
    "Die Kollegen dort müssen immer zur rechten Zeit an Ort und Stelle sein, wenn Kindesmisshandlung ist oder Kindeswohlgefährdung, und die Kollegen sind derart überlastet!"
    Arbeitsverdichtung, die nicht bezahlt wird, bemängelt Karin Grünberg-Zimmer, die gemeinsam mit 2.500 Erzieherinnen, Krankenschwestern und Stadtreinigern, Bus, U- und Straßenbahnfahrern aus dem gesamten Rhein-Main-Gebiet für 100 Euro mehr Grundgehalt und einen Aufschlag von 3,5 Prozent demonstrierte, statt zu arbeiten. Die meisten Kitas in Warnstreik-betroffenen Großstädten blieben aber geöffnet, die Eltern waren vorab informiert.
    "Die Eltern unterstützen uns darin, sagen, das finden sie ok, weil sie ja auch sehen, dass ihre Kinder gut betreut werden,"
    sagt ein Frankfurter Hort-Erzieher. In Städten des Rhein-Main-Gebiets liegt der öffentliche Nahverkehr bis auf S-Bahnen und Regionalzüge noch bis morgen früh um vier still. Allerdings streiken Fahrer privater Busunternehmen noch bis übermorgen, auch in der Region Darmstadt. Dort fuhr ein leitender Mitarbeiter mit dem Bus drei streikende Fahrer an und verletzte sie. Taxifahrer machten vor allem in Frankfurt ein glänzendes Geschäft. Trotz Verspätungen und Zusatzkosten hielt sich der Ärger Streik-betroffener Pendler in Grenzen.
    "So’n Tag geht schon, das kann man schon verkraften, das kann man auch einplanen, das geht."
    "Ich hab da vollstes Verständnis dafür, weil das ja kein Hochlohn- sondern eher ein Niedriglohnsektor ist, und deswegen bin ich der Meinung, dass die 3,5 Prozent Gehaltserhöhung durchaus gerechtfertigt sind."
    "Ich wünsche jedem alles, was er bekommen kann. Ich wünsche denen, dass sie schon einen guten Abschluss erkämpfen."
    Zweite Warnstreikwelle nächste Woche
    Dass Erziehrinnen, Krankenschwestern und Busfahrer bescheiden bezahlte Mangelberufe ausüben, hat sich herumgesprochen. Von der Forderung nach hundert Euro mehr als Sockelbetrag profitieren vor allem die untersten Gehaltsgruppen ab 1.500 Euro monatlich, das ist den Gewerkschaften wichtig.
    "Wenn es ein Angebot gibt, erwarte ich eins, was noch sehr weit von unseren Forderungen entfernt ist, und ich befürchte, dass wir in der nächsten Woche auch noch die zweite Warnstreikwelle machen müssen."