Es ist eine seltene Allianz von 42 Organisationen aus Kultur und Sport: Sie reicht vom Deutschen Kulturrat über die Berliner Opern und die Berliner Philharmoniker bis zur Deutschen Fußball Liga und der Volleyball-Bundesliga. Alle gemeinsam haben einen Plan vorgelegt, wie trotz der Corona-Pandemie Kultur- und Sportveranstaltungen mit Zuschauerinnen und Zuschauern wieder möglich werden sollen.
Für diese Allianz aus Sport-und Kultureinrichtungen hat ein Expertenkreis das Konzept erarbeitet. Er besteht aus Medizinern, darunter Infektiologen und Virologen, Raumlufttechnikern, Gesundheitsökonomen und Juristen. Einer von ihnen ist Georg-Christian Zinn, Facharzt für Hygiene- und Umweltmedizin.
"Wir sehen jetzt eine deutlich veränderte Situation, im Gegensatz zu vor der zweiten Welle. Die medizinischen Bereiche, die Intensivstationen sind nicht mehr so belastet. Wir haben zum Beispiel 2.000 Intensivbetten weniger belegt als noch vor wenigen Wochen."
Nicht primär an Neuinfektionen orientieren
Anders als die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer und das Bundeskabinett empfiehlt dieser Expertenkreis, sich nicht primär an der Zahl der Neuinfektionen zu orientieren. Wichtiger sei die Belastung des Gesundheitswesens. Die Zahl der Pandemie-Toten werde nach der flächendeckenden Impfung in den Altenheimen auch künftig weiter zurückgehen, und höhere Infektionszahlen bedeuteten künftig nicht zugleich auch, dass die Intensivstationen stärker belegt seien.
Den Alternativplan zum Lockdown sehen die Expertinnen und Experten als Handlungsempfehlung an die Regierenden. Für die Kulturbranche äußerte sich die Intendantin der Berliner Philharmoniker, Andrea Zietzschmann, sehr grundsätzlich.
"Die Erfahrung nach fast einem Jahr Leben mit Corona hat uns deutlich gemacht: Den Tag X wird es nicht geben, an dem alles wieder wie vorher sein wird, an dem wir die Philharmonie öffnen, und die Berliner Philharmoniker vor einem vollen Haus spielen können. Wir müssen also einem dynamischen Prozess begegnen, wir müssen Wege finden und definieren, das Leben auch mit Corona - so gut es geht - für die Gesellschaft, für uns zu gestalten."
Standardisierte Hygienekonzepte für Kultur und Sport
Das sogenannte "Basiskonzept" sieht vor, dass Kultur- und Sportveranstaltungen drinnen mit 25 bis 30 Prozent Auslastung stattfinden können, wenn ein Hygienekonzept vorliegt. Dazu gehören Maskenpflicht und Abstandsgebot. Tickets werden personenbezogen verkauft. Bei Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmern darf kein Alkohol ausgeschenkt werden. Auch die An-und Abreise der Zuschauer ist geregelt. Der Gesundheitsökonom Florian Kainzinger, Mitglied des Expertenkreises, plädiert für eine Standardisierung der Hygienekonzepte in Kultur und Sport.
"Was wir vorschlagen, um einen Wildwuchs der Hygienekonzepte zu vermeiden, dass jeder sein eigenes Konzept – die einen sehr gut, die anderen vielleicht eher durchschnittlich – entwickelt, schlagen wir vor, dass das einen fachärztlichen Standard bekommt. Wir haben eine Disziplin in der Medizin, vor allem die Hygiene- und Umweltmedizin, die sich mit solchen Fragen auskennt, aber auch andere Fachrichtungen."
Wenn eine moderne Lüftungstechnik vorhanden sei, könnten – über das Basiskonzept hinaus – auch mehr Zuschauer zugelassen werden, meinen die Experten an der Seite der Kultur- und Sportveranstalter. Dazu müsse ein fachärztliches Hygienekonzept vorgelegt werden.
Corona-Tests für volle Auslastung nötig
"Wir glauben, dass es sinnvoll ist, so eine Art Kontrollfunktion reinzubringen über ein fachärztliches Konzept - auch als Angebot an die Politik, um dort Vertrauen in die Hygienekonzepte aufzubauen. Und wer diesen Standard erfüllt, gemeinsam mit raumlufttechnischen Untersuchungen, die teilweise gar nicht so kompliziert sind, das muss keine wissenschaftliche Untersuchung sein. Da kann man mit wenig Aufwand schon relativ gut abschätzen, wie die Situation in einem Theater oder einer Oper ist."
Das "Maximalkonzept" würde sogar volle Opern- und Konzerthäuser und Sportarenen erlauben. Dazu müssten die Veranstalter am Veranstaltungsort Corona-Antigentests zur Verfügung stellen.
Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, zeigte sich von dem dreistufigen Konzept des Expertenkreises überzeugt. Man wolle "wieder öffnen", zugleich wolle man Besucher und Mitarbeiter vor dem Virus schützen. Das Konzept zeige, dass beides möglich sei.