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Ökologie
Geschichte unserer Umwelt. Sechzig Reisen durch die Zeit

Nach 1351 holt sich der Wald in Mitteleuropa große Teil der Flächen zurück, die er in den Jahrtausenden zuvor durch Rodungen verloren hatte. Innerhalb von weniger als zwei Jahrhunderten verdreifachte sich die bewaldete Fläche auf etwa 45 Prozent. Was war passiert?

Rezension: Dagmar Röhrlich |
    Die beiden Umweltwissenschaftler Verena Winiwarter und Hans-Rudolf Bork geben in ihrem Buch "Geschichte unserer Umwelt - Sechzig Reisen durch die Zeit" die Antwort: Hinter der Entwicklung steckte weder eine Effizienzsteigerung in der Landwirtschaft, noch eine Veränderung in den Ernährungsgewohnheiten. Vielmehr hatten zunächst kalte Winter und Frühjahre, Bodenerosion und Überschwemmungen zu Hungersnöten geführt. Allein im Jahr 1315 soll jeder zehnte Bewohner Mitteleuropas verhungert sein. Und dann kam - die Pest. Am Ende des Jahres 1351 lebten in Mitteleuropa nur noch halb so viele Menschen wie 50 Jahre zuvor und der Wald konnte sich wieder ausbreiten. Das wiederum hatte zur Folge, dass sich mit der Wiederbewaldung die Zahl der Wildtiere erhöhte und vor allem Vieh in den Wäldern gehalten werden konnte. Und in der Konsequenz daraus änderten sich die Ernährungsgewohnheiten grundlegend und bis heute hin spürbar: Der Fleischkonsum nahm zu.
    ISBN: 978-3-863-12069-6Primus Verlag, 2014, 176 Seiten, 39,95 Euro
    Hans-Rudolf Bork, Verena Winiwarter: Geschichte unserer Umwelt (Primus Verlag)
    Die Pestepidemie ist eines er Beispiele, anhand derer Verena Winiwarter und Hans-Rudolf Bork die enge Wechselwirkung zwischen Mensch und Nature festmachen. Sie zeigen über fast 1000 Jahre hinweg Zusammenhänge auf, nutzen die Lehren der Geschichte, um auf die Bedrohungen von morgen aufmerksam zu machen. Etwa auf ökologische Risikospiralen, durch die sich erfolgreiche Eingriffe in die Natur etwa zur Minimierung des Überflutungsrisikos als trügerisch erweisen und die Lage verschlimmern.
    Die Beispiele sind breit gefächert, reichen vom Deichbau an der Nordsee über die Plagen durch eingeschleppte Tier- und Pflanzenarten bis zu den Folgen von Kolonialismus und Nationalsozialismus für die Natur. Es geht um Megatalsperren, das Schrumpfen des Aralsees, die Folgen des Agent-Orange-Einsatzes in Vietnam und den "großen Sprung" Chinas in den Hunger.
    Die beiden Autoren wollen mit ihrem Buch das Bewusstsein dafür wecken, dass natürliche Ökosysteme fragil sind und der Mensch nur behutsam und nach reiflicher Überlegung eingreifen sollte. Sie plädieren dafür, dass bei Entscheidungen eine möglichst große Zahl von Personen mit ihrem Wissen und ihren Erfahrungen einbezogen werden sollten. Und sie sprechen sich für einen "UN-Rat für nachhaltige Entwicklung" aus.
    Das reich bebilderte Buch ist unterhaltsam und spannend zu lesen. Weltkarten erleichtern die Orientierung, und wer wissen mehr möchte, findet am Ende ausführliche Empfehlung für die weitere Lektüre. Bleibt, der "Geschichte unserer Umwelt" sehr viele Leser zu wünschen.