Schweine schmatzen am Futtertrog, 20 Milchkühe grasen auf der Weide, ein Trecker brummt. Auf dem Bauernhof in der nordrhein-westfälischen Gemeinde Welver hört es sich an wie früher. Vor ein paar Monaten erst haben Gregor Scholz und Helene Scholz-von Bonin den Pachtvertrag unterschrieben und sind mit ihren drei kleinen Kindern hierher gezogen. Flaches grünes Land zwischen Soest und Hamm. Auf den 55 Hektar wollen sie biologisch-dynamische Landwirtschaft nach Demeter-Richtlinien betreiben. Das Geld stehe dabei nicht im Vordergrund, sagt Scholz-von Bonin:
"Man verdient sich keine goldene Nase damit, sondern man muss bewusst mit der Natur und den Lebensmitteln umgehen wollen und können."
Nach der Schule studierte sie ein paar Semester Medizin, schwenkte dann um und machte eine Gemüsegärtnerausbildung. Ihr Mann hat Landwirtschaft studiert. Vor sechs Jahren entstand schließlich die Idee, gemeinsam einen Biobauernhof zu gründen. Gregor Scholz:
"Das Interessanteste ist sicherlich die Suche selber. Also überhaupt einen Hof zu finden ist schon total spannend, weil man ganz viele Menschen kennenlernt, die alle das Ziel haben, einen Hof abzugeben oder einen Hof zu verkaufen oder einen Hof zu verpachten, also auch da schon die verschiedensten Modelle, die sich Menschen vorstellen, die einen Hof abgeben."
Sogar in Norwegen haben sich die jungen Landwirte umgeschaut, bis sie den Hof in Welver fanden. Dort stimmten Verpächter, Umfeld und Atmosphäre.
"Da muss halt einfach auch das Herz mitentscheiden. Es sind halt nicht nur wirtschaftliche Gründe am Anfang, sondern man muss auch am Anfang das Gefühl haben, das ist der Ort, wo man sich auch wohlfühlen könnte."
Der nächste Schritt war die Finanzierung. Etwa 600.000 bis 700.000 Euro seien nötig, um auf dem Hof eine moderne Demeter-Landwirtschaft aufzubauen. Bei der Bewerbung um Agrarinvestitionsförderprogramme der Landwirtschaftskammer stießen die extensiven Ökolandbau-Pläne anfangs manchmal auf Unverständnis.
"Ja wollt Ihr nicht lieber statt 25 Kühe 50 Kühe machen, wollt Ihr nicht lieber die Schweine gar nicht machen. Wollt Ihr, ja, Hühner, und dann auch noch eine alte Landrasse. Das rechnet sich doch alles nicht. Also man muss da einfach wahnsinnig stur sein, westfälisch-bauernstur, um dann da anzukommen, wo man hin möchte."
Inzwischen steht der Geschäftsplan. Eigenkapital und Kredite sichern die Gründungsphase. Später sollen die höheren Preise für Demeter-Produkte und die Bindung regionaler Kundschaft die Familie ernähren und den Hof finanzieren.
"Es ist eine andere Pionierarbeit als vor 40 Jahren, als so die ersten Biohöfe kommen. Heutzutage muss man sich ganz anders neu positionieren, den Verbrauchern gegenüber auch. Weil nur Bio zu machen, das kann heutzutage jeder, sagt man. Und das reicht einfach nicht mehr. Man muss wirklich zeigen, dass man die Sache ernst meint, dass man die Kühe zum Beispiel auch wirklich so hält, dass es dem Tier gut geht."
Dass sie es ernst meinen, wollen die jungen Landwirte den Verbrauchern mit öffentlichen Hofbegehungen demonstrieren. Etwa vier davon soll es pro Jahr geben, weil sich gerade in der Anfangszeit ständig etwas ändert: die Fruchtfolge auf dem Acker; ein neuer Kuhstall; bald kommt ein mobiles Hühnergehege, das regelmäßig auf der Wiese umgesetzt wird. Die Verbraucher seien sehr interessiert, oft gut informiert und schauten genau hin. Bei der letzten Hofbegehung wurden etwa die privaten Wohnräume gleich mit inspiziert. Bei der Kundenbindung und gleichzeitig der Finanzierung helfen auch Genussrechte.
"Im Prinzip sind Genussrechte ein Privatdarlehen, also von Privatpersonen an uns. Und die geben uns über einen gewissen Zeitraum, bei uns sind es bis zu 15 Jahre, 1000 Euro oder auch mehr, und kriegen dieses Kapital dann nach den 15 Jahren wieder. Wir verzinsen das in den nächsten 15 Jahren dann nicht monetär, also nicht in Geld, sondern die Menschen bekommen im Prinzip die Zinsen in Form von Naturalien zurück. Das hat für beide Seiten einen Vorteil: Die Menschen bekommen das, was sie haben wollen, nämlich regionale Produkte, so erzeugt, wie die es haben möchten. Auf der anderen Seite für uns natürlich die Möglichkeit, einfach Geld zu generieren, weil Naturalien haben wir eigentlich immer da."
Das Modell ist jung und bislang einmalig in der Region. Die Fachhochschule Soest führt derzeit eine wissenschaftliche Studie durch, für die die Genussrechtskunden des Hofes befragt wurden. Die ersten Rückmeldungen sind positiv. Allerdings ist die Kundenzufriedenheit nicht der alleinige Gradmesser für die Öko-Landwirte.
"Wir machen das ja nicht nur für die Verbraucher, sondern wir machen es in erster Linie auch für uns und unsere Kinder."
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"Das Interessanteste ist sicherlich die Suche selber. Also überhaupt einen Hof zu finden ist schon total spannend, weil man ganz viele Menschen kennenlernt, die alle das Ziel haben, einen Hof abzugeben oder einen Hof zu verkaufen oder einen Hof zu verpachten, also auch da schon die verschiedensten Modelle, die sich Menschen vorstellen, die einen Hof abgeben."
Sogar in Norwegen haben sich die jungen Landwirte umgeschaut, bis sie den Hof in Welver fanden. Dort stimmten Verpächter, Umfeld und Atmosphäre.
"Da muss halt einfach auch das Herz mitentscheiden. Es sind halt nicht nur wirtschaftliche Gründe am Anfang, sondern man muss auch am Anfang das Gefühl haben, das ist der Ort, wo man sich auch wohlfühlen könnte."
Der nächste Schritt war die Finanzierung. Etwa 600.000 bis 700.000 Euro seien nötig, um auf dem Hof eine moderne Demeter-Landwirtschaft aufzubauen. Bei der Bewerbung um Agrarinvestitionsförderprogramme der Landwirtschaftskammer stießen die extensiven Ökolandbau-Pläne anfangs manchmal auf Unverständnis.
"Ja wollt Ihr nicht lieber statt 25 Kühe 50 Kühe machen, wollt Ihr nicht lieber die Schweine gar nicht machen. Wollt Ihr, ja, Hühner, und dann auch noch eine alte Landrasse. Das rechnet sich doch alles nicht. Also man muss da einfach wahnsinnig stur sein, westfälisch-bauernstur, um dann da anzukommen, wo man hin möchte."
Inzwischen steht der Geschäftsplan. Eigenkapital und Kredite sichern die Gründungsphase. Später sollen die höheren Preise für Demeter-Produkte und die Bindung regionaler Kundschaft die Familie ernähren und den Hof finanzieren.
"Es ist eine andere Pionierarbeit als vor 40 Jahren, als so die ersten Biohöfe kommen. Heutzutage muss man sich ganz anders neu positionieren, den Verbrauchern gegenüber auch. Weil nur Bio zu machen, das kann heutzutage jeder, sagt man. Und das reicht einfach nicht mehr. Man muss wirklich zeigen, dass man die Sache ernst meint, dass man die Kühe zum Beispiel auch wirklich so hält, dass es dem Tier gut geht."
Dass sie es ernst meinen, wollen die jungen Landwirte den Verbrauchern mit öffentlichen Hofbegehungen demonstrieren. Etwa vier davon soll es pro Jahr geben, weil sich gerade in der Anfangszeit ständig etwas ändert: die Fruchtfolge auf dem Acker; ein neuer Kuhstall; bald kommt ein mobiles Hühnergehege, das regelmäßig auf der Wiese umgesetzt wird. Die Verbraucher seien sehr interessiert, oft gut informiert und schauten genau hin. Bei der letzten Hofbegehung wurden etwa die privaten Wohnräume gleich mit inspiziert. Bei der Kundenbindung und gleichzeitig der Finanzierung helfen auch Genussrechte.
"Im Prinzip sind Genussrechte ein Privatdarlehen, also von Privatpersonen an uns. Und die geben uns über einen gewissen Zeitraum, bei uns sind es bis zu 15 Jahre, 1000 Euro oder auch mehr, und kriegen dieses Kapital dann nach den 15 Jahren wieder. Wir verzinsen das in den nächsten 15 Jahren dann nicht monetär, also nicht in Geld, sondern die Menschen bekommen im Prinzip die Zinsen in Form von Naturalien zurück. Das hat für beide Seiten einen Vorteil: Die Menschen bekommen das, was sie haben wollen, nämlich regionale Produkte, so erzeugt, wie die es haben möchten. Auf der anderen Seite für uns natürlich die Möglichkeit, einfach Geld zu generieren, weil Naturalien haben wir eigentlich immer da."
Das Modell ist jung und bislang einmalig in der Region. Die Fachhochschule Soest führt derzeit eine wissenschaftliche Studie durch, für die die Genussrechtskunden des Hofes befragt wurden. Die ersten Rückmeldungen sind positiv. Allerdings ist die Kundenzufriedenheit nicht der alleinige Gradmesser für die Öko-Landwirte.
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