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Ökonom Edenhofer zu Klimaschutz und Elektromobilität
"Benzin und Diesel stärker besteuern"

Politik müsse Elektromobilität stärker fördern, um Klimaschutzziele zu erreichen, sagte der Ökonom Ottmar Edenhofer im Dlf. Wenn das nicht geschehe, würden Elektroautos bei jedem Einbruch des Ölpreises wieder weniger attraktiv. Nötig sei ein "klimagerechter Umbau" mit sozialem Ausgleich über die Steuer.

Ottmar Edenhofer im Gespräch mit Jule Reimer |
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Ottmar Edenhofer, der auch das Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change in Berlin leitet (Deutschlandradio)
Jule Reimer: In dieser Woche tagte auch eine Regierungskommission aus Industrie, Gewerkschaften, Verkehrs- und Umweltverbänden, die sich einigen sollte, wie denn der Verkehr in das Erreichen der Klimaziele einbezogen werden könnte. Zur Erinnerung: Deutschland wird seine Klimaziele für 2020 verfehlen. Die Kommission konnte sich nicht auf ein umfassendes Gesamtkonzept einigen.
Einer, der enttäuscht ist über die Ergebnisse, ist Ottmar Edenhofer, Ökonom und Direktor des Klimaforschungsinstituts MCC, Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change, angesiedelt in Berlin. Ihn begrüße ich am Telefon. Warum sind Sie enttäuscht?
Ottmar Edenhofer: Ich bin enttäuscht, weil hier kein umfassendes Konzept beschlossen worden ist. Es ist ja so, dass Deutschland europarechtliche Verpflichtungen hat, seine Emissionen im Bereich Verkehr, Landwirtschaft und Gebäude zu reduzieren, und es ist nicht zu sehen, wie Deutschland diese rechtlich verbindlichen Verpflichtungen, die es eingegangen ist, überhaupt erfüllen kann.
Kritik an "zögerlichen" Politikern
Reimer: Wir haben heute noch mal gehört, nachgelegt aus dem Verkehrsministerium - das meldet dpa -, dass nach Vorstellung von Ressortchef Andreas Scheuer die Klimaziele im Verkehr erreicht werden sollen durch den massiven Ausbau von der Elektromobilität, die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs und die Förderung alternativer Kraftstoffe aus Pflanzen und aus Strom. Was ist daran nicht sinnvoll?
Edenhofer: Zunächst einmal ist so etwas sinnvoll. Nur die Frage ist, die er beantworten muss, wie er das erreichen will, und ich glaube, wenn es dann um die Instrumente geht, da zögern die Politiker. Denn wenn man Elektromobilität massiv fördern will, dann wird man wohl das nur dann volkswirtschaftlich sinnvoll umsetzen können, wenn man die Benzin und Diesel stärker besteuert. Wenn das nicht passiert, dann wird bei jedem Einbruch des Ölpreises Elektromobilität wieder weniger rentabel, und das sehen wir in Norwegen, auch in den Vereinigten Staaten. Sinkt der Ölpreis, geht die Nachfrage nach Elektroautos zurück.
Reimer: Wir sehen aber auch, dass in Frankreich die Gelbwesten auf die Straße gegangen sind, weil ausgerechnet auf Erdöl, Gas etc., fossile Brennstoffe eine höhere Steuer geplant ist.
Edenhofer: Das ist richtig. Aber man kann natürlich über solche Fragen nicht reden, wenn man nicht zugleich auch über sozialen Ausgleich spricht. Und es ist ja klar: Wer auf dem Land lebt und Pendler ist, dass der dann davon überproportional betroffen ist. Aber das kann man ja durch Ausgleichsmaßnahmen sehr wohl zustande bringen.
Man kann nicht über den Umbau, über den klimagerechten Umbau einer gesamten Volkswirtschaft reden, ohne mit einzubeziehen, dass die Lasten fair verteilt werden müssen. Das gehört eben dazu. Aber das ist ja genau der Fehler dieser Verkehrskommission, dass einerseits sehr hehre Ziele formuliert worden sind, aber kaum zu sehen ist, mit welchen sozial gerechten Mitteln das auch nur annähernd erreicht werden kann. Wir brauchen jetzt nicht noch jemanden, der noch mehr ambitionierte Ziele formuliert; wir brauchen jetzt auch die ehrgeizigen Instrumente dazu.
Die "Mär" vom nicht möglichen sozialen Ausgleich
Reimer: Ein Preis auf CO2 - danach habe ich zum Beispiel auch Georg Nüßlein von der CDU/CSU-Fraktion gefragt. Der sagte dann: Selbst wenn ich einen Ausgleich mache wie in der Schweiz, alle zahlen eine höhere Steuer, wer weniger fährt, wer weniger verbraucht, der profitiert davon, dass dieser Betrag im Durchschnitt an jeden zurückgegeben wird. Der Pendler in Bayern ist weiterhin benachteiligt im Vergleich zum Städter, der es nicht so weit hat.
Edenhofer: Man kann das doch so machen, dass man dann die Einnahmen, die aus den Steuern entstehen, rückerstattet, und dann kann man damit den sozialen Ausgleich schaffen.
Reimer: Dann bekommt der Pendler trotzdem weniger als der Städter, der wenig fährt.
Edenhofer: Nein, eben nicht! Man kann ja das in der Einkommenssteuer berücksichtigen. Man kann ja in der Einkommenssteuer berücksichtigen, dass jemand Pendler ist und dafür einen Ausgleich erhält. Es ist doch eine Mär zu sagen, man könne da keinen sozial vernünftigen Ausgleich zwischen Stadt und Land, zwischen niedrigen und höheren Einkommen machen. Dann muss man eben dann den politischen Mumm und den Willen haben, das zu tun.
Klar ist natürlich auch, dass der überproportional profitiert von einer erhöhten CO2-Steuer, der dann mit Antrieben fährt, die weniger CO2 produzieren, aber das will man ja auch. Was man dann machen muss ist, dass man durch Rückerstattung oder durch Steuerpolitik soziale Härten abfedert. Das ist dringend geboten.
"Das ist ein riesiges Innovationsfeld"
Reimer: Gibt es noch etwas, was Sie dringend für den Verkehrsbereich empfehlen, neben diesem CO2-Preis, einer CO2-Abgabe oder Steuer?
Edenhofer: Ja! Ich glaube, wir brauchen hier auch eine Innovationsinitiative. Da geht es dann darum, dass wir am Ende mit Staus fertig werden wollen in Städten. Da geht es um Verkehrssteuerung. Da geht es dann auch um die Verbindung von Big Data, Machine Learning, mit Steuerung im Verkehrsbereich, Digitalisierung. Das ist ein riesiges Innovationsfeld und es ist schade, dass dieses Innovationsfeld kaum aufgemacht worden ist.
Energiewende und Verkehrswende zusammen mit Digitalisierung, das ist aus meiner Sicht eines der ganz großen Themen für die Industrie in den nächsten Dekaden, und in diesem Sinne ist der Bericht der Verkehrskommission kleinmütig und zeigt nicht die Handschrift von Leuten, die Innovationen wollen, sondern die eher am Alten kleben bleiben.
Reimer: Das Gespräch mit Ottmar Edenhofer, Ökonom und Direktor des Klimaforschungsinstituts MCC. Vielen Dank, dass Sie Zeit für uns hatten.
Edenhofer: Danke Ihnen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.