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Ökonom zum bedingungslosen Grundeinkommen
"Keineswegs eine Katastrophe"

Das bedingungslose Grundeinkommen werde von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt, weil es als unfair empfunden werde - nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Deutschland, sagte der Ökonom Rigmar Osterkamp im DLF. Die Ziele, die Befürworter mit dem Grundeinkommen zu Recht verfolgten, könnten aber auf andere Weise besser erreicht werden.

Rigmar Osterkamp im Gespräch mit Birgid Becker |
    "INCOME WERE TAKEN CARE" steht am 29.05.2016 auf der Straße des 17. Juni zwischen der Siegessäule und dem Brandenburger Tor in Berlin in großen Letter geschrieben. Der Satzteil gehört zur Frage "WHAT WOULD YOU DO IF YOUR INCOME WERE TAKEN CARE OF?".
    Fotoaktion für ein bedingungsloses Grundeinkommen in Berlin. (picture alliance/dpa - Klaus-Dietmar Gabbert)
    Die Schweizer Initiatioren des Projekts eines bedingungslosen Grundeinkommens erwarteten bei der Abstimmung an diesem Sonntag keine große Zustimmung. Und man könne die Abstimmung ja auch wiederholen, mit 25 Prozent sei man dann schon sehr zufrieden, sagte der Ökonom Rigmar Osterkamp im Deutschlandfunk. Es gehe dabei nicht allein um eine Existenzsicherung, die habe man ja bereits. Nur sei diese nicht bedingungslos.
    Auch in Deutschland sei das ein Thema. Aber außer den "Piraten" gebe es hier noch keine Partei, in der die Mitglieder "überwiegend dafür wären". Anhänger der Idee seien allerdings durchweg in allen Parteien anzutreffen, erläuterte der Experte. Bei den Grünen und Linken seien 20 bis 30 Prozent dafür, bei der SPD spreche sich nur eine kleine Minderheit dafür aus. In der CDU sei der Anteil "gar nicht mal so unbeträchtlich": Etwa 20 Prozent seien dafür. Denn man könne das Thema auch konservativ betrachten. "Das hat nicht unbedingt mit links, rechts zu tun."
    Pro-Argument ist die Menschenwürde
    Das grundlegendste positive Argument für das Grundeinkommen sei, dass dieses "würdig einer menschenwürdigen Gesellschaft" sei. Das heißt, eine Gesellschaft, die sich als solche betrachte, "sollte so etwas haben". Unabhängig von solchen philosophischen Argumenten könne man aber auch sagen: "Es hat Vorteile."
    Allerdings sei es die Frage, ob dies so leicht zu finanzieren sei, wie viele behaupteten. Andere führten auch das Argument an, dass das Grundeinkommen durch die Massenarbeitslosigkeit "unvermeidlich" sei.
    Ist das fair, fragen die Gegner
    Das könne man aber auch anders sehen, betonte Osterkamp. So werde die Fairness von Kritikern bezweifelt. "Wenn wir eine Situation schaffen, in der der Einzelne die Erlaubnis bekommt, ein gutes Leben zu führen, ohne einen Beitrag zum gesellschaftlichen Gesamtprodukt zu leisten, obwohl er es könnte, ist das fair?" Oder müsse man von denen, die einen Beitrag leisten könnten, diesen nicht auch einfordern? Das sei eine grundsätzliche Frage, auf die viele Bürger mit "nein" antworten würden.
    Das sei die vorherrschende Vorstellung, die auch durch die Hartz-IV-Reformen unter Bundeskanzler Gerhard Schröder noch einmal verstärkt worden sei. Denn vorher habe es de facto bereits ein bedingsloses Grundeinkommen gegeben.
    Heute nur noch ein "bedingtes" Grundeinkommen
    Man habe damals auf Mallorca wohnen können und habe seine Sozialhilfe überwiesen bekommen - obwohl man trotz Arbeitsfähigkeit dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung gestanden habe. Diese Situation sei durch die Reformen aufgehoben worden. Nun habe man das "bedingte Grundeinkommen, nicht mehr das bedinungslose".
    Er selbst sei kein Aktivist - weder pro noch kontra, betonte Osterkamp. "Ich betrachte das kritisch, finde das aber keineswegs eine Katastrophe, glaube aber, dass man alle Ziele, die zu Recht verfolgt werden mit dem Grundeinkommen, auf andere Weise besser erreichen kann."
    Das vollständige Interview können Sie ab Sendedatum mindestens noch sechs Monate in unserem Audioarchiv hören.