Die Schweizer Initiatioren des Projekts eines bedingungslosen Grundeinkommens erwarteten bei der Abstimmung an diesem Sonntag keine große Zustimmung. Und man könne die Abstimmung ja auch wiederholen, mit 25 Prozent sei man dann schon sehr zufrieden, sagte der Ökonom Rigmar Osterkamp im Deutschlandfunk. Es gehe dabei nicht allein um eine Existenzsicherung, die habe man ja bereits. Nur sei diese nicht bedingungslos.
Auch in Deutschland sei das ein Thema. Aber außer den "Piraten" gebe es hier noch keine Partei, in der die Mitglieder "überwiegend dafür wären". Anhänger der Idee seien allerdings durchweg in allen Parteien anzutreffen, erläuterte der Experte. Bei den Grünen und Linken seien 20 bis 30 Prozent dafür, bei der SPD spreche sich nur eine kleine Minderheit dafür aus. In der CDU sei der Anteil "gar nicht mal so unbeträchtlich": Etwa 20 Prozent seien dafür. Denn man könne das Thema auch konservativ betrachten. "Das hat nicht unbedingt mit links, rechts zu tun."
Pro-Argument ist die Menschenwürde
Das grundlegendste positive Argument für das Grundeinkommen sei, dass dieses "würdig einer menschenwürdigen Gesellschaft" sei. Das heißt, eine Gesellschaft, die sich als solche betrachte, "sollte so etwas haben". Unabhängig von solchen philosophischen Argumenten könne man aber auch sagen: "Es hat Vorteile."
Allerdings sei es die Frage, ob dies so leicht zu finanzieren sei, wie viele behaupteten. Andere führten auch das Argument an, dass das Grundeinkommen durch die Massenarbeitslosigkeit "unvermeidlich" sei.
Ist das fair, fragen die Gegner
Das könne man aber auch anders sehen, betonte Osterkamp. So werde die Fairness von Kritikern bezweifelt. "Wenn wir eine Situation schaffen, in der der Einzelne die Erlaubnis bekommt, ein gutes Leben zu führen, ohne einen Beitrag zum gesellschaftlichen Gesamtprodukt zu leisten, obwohl er es könnte, ist das fair?" Oder müsse man von denen, die einen Beitrag leisten könnten, diesen nicht auch einfordern? Das sei eine grundsätzliche Frage, auf die viele Bürger mit "nein" antworten würden.
Das sei die vorherrschende Vorstellung, die auch durch die Hartz-IV-Reformen unter Bundeskanzler Gerhard Schröder noch einmal verstärkt worden sei. Denn vorher habe es de facto bereits ein bedingsloses Grundeinkommen gegeben.
Heute nur noch ein "bedingtes" Grundeinkommen
Man habe damals auf Mallorca wohnen können und habe seine Sozialhilfe überwiesen bekommen - obwohl man trotz Arbeitsfähigkeit dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung gestanden habe. Diese Situation sei durch die Reformen aufgehoben worden. Nun habe man das "bedingte Grundeinkommen, nicht mehr das bedinungslose".
Er selbst sei kein Aktivist - weder pro noch kontra, betonte Osterkamp. "Ich betrachte das kritisch, finde das aber keineswegs eine Katastrophe, glaube aber, dass man alle Ziele, die zu Recht verfolgt werden mit dem Grundeinkommen, auf andere Weise besser erreichen kann."
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