Es soll der Neustart der Energiewende werden: Sigmar Gabriel stellt heute dem Bundestag und danach den zuständigen Ministern der Bundesländer seine Reformpläne für die Ökostromförderung vor. Ein paar Eckpunkte der Reform sind bereits bekannt: "Bestehende Überförderung wollen wir abbauen, Boni streichen und die Förderung durchgehend degressiv gestalten", sagte der Minister Anfang der Woche.
Eine wirksame Kostenbremse ist nach Ansicht von Gabriel der Schlüssel zum Erfolg der Energiewende. Wenn die Kostendynamik nicht drastisch durchbrochen werde, "haben wir mit Zitronen gehandelt", sagte Gabriel bei der Vorstellung seiner Agenda im Bundestag. Sinkende Strompreise könne er aber niemandem versprechen. Gabriel betonte, er sei bei der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) offen, berechtigte Interessen von Branche und Ländern einzuarbeiten. Zugleich stellte der Vizekanzler klar: "Die Summe der Einzelinteressen ist nicht das Gemeinwohl."
An besonders guten Windkraftstandorten will Gabriel die Förderung um bis zu 20 Prozent streichen. Doch dagegen gibt es Widerstand, auch aus den eigenen Reihen. "Eine Deckelung bei der Windkraft ist volkswirtschaftlich unsinnig", sagt Torsten Albig, SPD-Ministerpräsident in Schleswig-Holstein, wo die Windkraft eine wichtige Rolle spielt. Und so sieht es auch Hessens neuer Energieminister Tarek Al-Wazir.
Ungewohnte Bündnisse gegen Gabriel
Gabriels Kürzungspläne sorgen mittlerweile für ungewohnte politische Allianzen. Die CSU fordert gemeinsam mit den Grünen aus Baden-Württemberg den Aufbau von Kapazitätsmärkten und eine Länder-Energieminister-Konferenz. Winfried Kretschmann, Ministerpräsident in Baden-Württemberg, spricht noch einen weiteren Punkt an, den die Bundesländer im Sinn haben: "Jedes Land versucht, Wertschöpfung im eigenen Land zu halten."
Denn über die Ökostrom-Umlage werden mittlerweile jedes Jahr 24 Milliarden Euro umverteilt. Die Mission der Energieminister der Länder bei Gabriel lautet deshalb heute auch: Pfründe sichern. Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg bei der Windkraft, Bayern und Thüringen bei der Biomasse. Rheinland-Pfalz will wegen Unternehmen wie der BASF im Land verhindern, dass die Industrie für die Eigenstromproduktion eine zu hohe Ökostrom-Umlage zahlt. SPD-Vize-Fraktionschef Hubertus Heil warnt daher schon einmal vorsorglich seine Parteifreunde in den Ländern: "Jeder muss wissen, was bei einem Scheitern dieser Reform für unser Land droht - nicht nur was das Beihilfeverfahren der EU betrifft."
EU-Kommission macht Druck
Denn bis zum Sommer muss die Reform der Ökostrom-Umlage unter Dach und Fach sein. Sonst gibt es keine Möglichkeit für einen politischen Ausweg aus diesem Beihilfeverfahren. Darin nimmt die EU-Kommission die Industrieausnahmen von der Ökostrom-Umlage kritisch unter die Lupe. Wird die Ökostromreform verschleppt, besteht die Gefahr, dass die energieintensiven Unternehmen vor dem existentiellen Problem stehen, gar keine Ökostromrabatte mehr zu bekommen.