Derzeit gibt es in Deutschland gute Gründe, sich ein Eis zu holen. Von Ananas bis Zitrone ist für viele Geschmäcker etwas dabei. Damit das Eis richtig gut schmeckt, braucht es allerdings noch einige andere Zutaten. Viele Eissorten enthalten Palmöl und andere Fette.
Der WWF hat sich mit diesen Inhaltsstoffen befasst und bei vielen Herstellern nachgefragt. Das Ergebnis ist ernüchternd, wie Ilka Petersen von WWF schildert. "Keines der befragten Unternehmen stellt irgendwelche ökologischen oder sozialen Anforderungen an die meisten Fette – außer an Palmöl." Das zeige, dass der Druck der Verbraucher beim Thema Palmöl schon etwas bewirkt hätte. Dennoch sei Palmöl nur ein ganz kleiner Bestandteil. "Es ist zum Beispiel fast zehnmal so viel Kokosöl enthalten in den Eiscreme-Sorten und da fragt gar keiner danach."Konsumenten könnten etwas daran ändern, indem er die kleine Eisdiele unterstütze und dort auch nachfrage, was für Produkte und Rohstoffe sie nutzten.
Das Interview in voller Länge
Georg Ehring: Woher beziehen die Hersteller eigentlich ihr Palmöl und wie halten sie es mit dem nachhaltigen Anbau? Das war die Frage. Ilka Petersen ist Palmöl-Expertin beim WWF. Frau Petersen, wie haben die Hersteller denn geantwortet?
Ilka Petersen: Von 17 Herstellern, die wir befragt haben, haben zwölf tatsächlich geantwortet. Leider fallen die Antworten aber so aus, dass Nachhaltigkeit bei Eiscreme offensichtlich nicht vorhanden ist. Das heißt, keines der befragten Unternehmen stellt irgendwelche ökologischen oder sozialen Anforderungen an die meisten Fette – außer an Palmöl. Das ist tatsächlich das Interessante. Und da merkt man halt, was der Verbraucherdruck so machen kann.
"Kokosöl wächst in ähnlichen Regionen wie Palmöl"
Ehring: Welche Anforderungen stellt man da?
Petersen: Da hat man zumindest zertifiziertes Palmöl in den Eiscreme-Sorten. Das heißt, keine Umwandlung von Regenwald, Mindestlöhne und so weiter. Aber Palmöl ist tatsächlich nur ein ganz kleiner Bestandteil. Es ist zum Beispiel fast zehnmal so viel Kokosöl enthalten in den Eiscreme-Sorten und da fragt gar keiner danach.
Ehring: Wie ist es denn um den Anbau von Kokosöl bestellt? Müsste man da fragen?
Petersen: Ja, da müsste man natürlich fragen, weil Kokosöl wächst in ähnlichen Regionen wie Palmöl. Das heißt, auch in Indonesien, auf den Philippinen, in Sri-Lanker, wo es auch eine große ökologische Vielfalt gibt, und weil niemand hinguckt, ist auch wenig darüber bekannt. Auch sozial ist das ein großes Problem. Viele Kokos-Kleinbauern, zum Beispiel 60 Prozent, leben unter der Armutsgrenze.
Ehring: Wird denn für Kokosöl genauso Regenwald gerodet wie für Palmöl?
Petersen: Die Fläche ist nicht ganz so groß. Es sind ungefähr zwölf Millionen Hektar Kokosöl, die es schon ein bisschen länger gibt. In den 90ern wurde ein großer Teil entwickelt. Die Fläche von Palmöl ist in den letzten Jahren wahnsinnig gewachsen, ist etwa doppelt so viel, um die 20 Millionen Hektar. Aber was man dabei bedenken muss: Es werden damit 70 Millionen Tonnen produziert. Bei Kokosöl sind es nur drei Millionen Tonnen für aber die Hälfte der Fläche. Das heißt: Wenn die Hersteller, wie es auch zum Teil beim Eis geschieht, von Palmöl auf Kokosöl umstellen, dann brauchen sie weitaus mehr Fläche und damit wird mehr Artenvielfalt, werden mehr bedrohte Arten ausgelöscht.
"Zur Eisdiele nebenan zu gehen, ist eine gute Alternative"
Ehring: Dann könnte man ja auf die Idee kommen, heimische Alternativen zu nutzen wie Rapsöl oder Sonnenblumenöl. Wie steht es denn damit?
Petersen: Das ist schon mal eigentlich ein guter Gedanke. Das Problem ist, dass viele etwa dann Raps oder Sonnenblume einsetzen, aber das ist dann auch nicht unbedingt heimisch. Vieles kommt aus Übersee und auch da muss man natürlich sagen, was sind denn da die ökologischen und sozialen Anforderungen, die ich an das Öl stelle. Da tut auch niemand bisher was von den befragten Unternehmen. Das heißt, was ist mit den Pestiziden? Wir wissen alle, dass die intensive Landwirtschaft in Deutschland und Europa auch Konsequenzen hat, das Bienensterben und so weiter. Das heißt, es ist immer die Frage. Von einem Öl aufs andere umzuschwenken, bringt nichts. Ich muss wirklich gucken, wo wird es produziert und wie wird es produziert, und wir müssen uns natürlich auch angucken, wie konsumieren wir und wieviel konsumieren wir. Ich will jetzt niemandem den Eisgenuss verderben an so einem heißen Tag, aber die Industrie konzentriert sich auf immer mehr große Unternehmen. Das heißt, zur Eisdiele nebenan zu gehen oder Bioeis zu kaufen, ist sowieso eine gute Alternative.
Ehring: Das heißt, der Verbraucher kann gar nicht so viel machen?
Petersen: Er kann natürlich was machen, indem er zu der kleinen Eisdiele geht und die unterstützt und fragt, was die denn für Produkte oder für Rohstoffe einsetzen. Viele von denen, zumindest hier in Berlin, benutzen Biorohstoffe. Oder auch in vielen Supermärkten gibt es natürlich auch schon echt leckere Bioeis-Sorten. Das kann man schon machen, weil die haben wirklich auch gute Projekte, auch zu Kokosnuss und zu Palmöl, und da kann ich mir sicher sein, dass ökologische und soziale Kriterien an alle Rohstoffe angesetzt werden und nicht nur an den einen wie jetzt Palmöl, das besonders in der Kritik ist.
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