Ralf Krauter: Am 18. Oktober läuft in London eine entscheidende Verhandlungsrunde. Nicht zum Brexit, sondern zum Schicksal von Hunderten Ölplattformen in der Nordsee: Was wird aus ihnen nach der Stilllegung. In den kommenden 30 Jahren werden mehrere Hundert von ihnen außer Dienst gestellt werden – und einen Vorgeschmack darauf, was da auf die Umwelt zukommen könnte, liefern derzeit einige Plattformen im Brent-Ölfeld. Das liegt 180 Kilometer nordöstlich der Shetland-Inseln.
Dagmar Röhrlich: Die britische Regierung plant, den Ölkonzernen Exxon/Shell - wobei Shell für das operative Geschäft zuständig war -, eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen. Dadurch dürften Teile der ausgedienten Bohrplattformen in der Nordsee stehen bleiben. Es geht um die Stahlkonstruktion von Brent Alpha, aber vor allem um die drei Beton-Schwerkraftfundamentplattformen Brent Bravo, Charlie und Delta. Deutschland, Schweden, Belgien, die Niederlande und Luxemburg haben ein Veto gegen die Pläne eingelegt. Und auch die Europäische Kommission hat ihren "ernsten Bedenken" Ausdruck verliehen. Nach europäischem Recht handelt es sich bei dem Inhalt der Plattformen um Sondermüll.
Gefahr für die Schifffahrt und die Umwelt
Krauter: Wogegen wehrt man sich?
Röhrlich: Die "Beine" der Plattformen sollen nach dem Kappen noch über die Wasseroberfläche ragen. Das macht sie zum Risiko für die Schifffahrt. Vor allem aber sollen die Schwerkraftfundamentplattformen an Ort und Stelle bleiben und zum künstlichen Riff werden – ohne dass man sie gereinigt hat. Es geht dabei vor allem um den Inhalt von insgesamt 62 großen, rund 65 Meter hohen Öltanks und Bohrkammern. In denen stecken jedoch – nach Schätzungen von Shell - circa 640.000 Kubikmeter ölhaltiges Wasser plus 40.000 Kubikmeter ölhaltiges Sediment. Der Anteil an Rohöl soll bei mehr als 11.000 Tonnen liegen. Die Befürchtung ist nun, dass die Strukturen mit der Zeit marode werden und das Öl in die Umwelt gelangt.
Krauter: Wie sieht es denn rechtlich aus?
Röhrlich: Shell hat das Rückbauprogramm nach den Vorgaben des Energieministeriums ausgelegt. Sprich: Es entspricht dem Leitfaden. Und: Die Plattformen stehen in der ausschließlichen Wirtschaftszone Großbritanniens. Das heißt: Das Land kann allein entscheiden.
Röhrlich: Die "Beine" der Plattformen sollen nach dem Kappen noch über die Wasseroberfläche ragen. Das macht sie zum Risiko für die Schifffahrt. Vor allem aber sollen die Schwerkraftfundamentplattformen an Ort und Stelle bleiben und zum künstlichen Riff werden – ohne dass man sie gereinigt hat. Es geht dabei vor allem um den Inhalt von insgesamt 62 großen, rund 65 Meter hohen Öltanks und Bohrkammern. In denen stecken jedoch – nach Schätzungen von Shell - circa 640.000 Kubikmeter ölhaltiges Wasser plus 40.000 Kubikmeter ölhaltiges Sediment. Der Anteil an Rohöl soll bei mehr als 11.000 Tonnen liegen. Die Befürchtung ist nun, dass die Strukturen mit der Zeit marode werden und das Öl in die Umwelt gelangt.
Krauter: Wie sieht es denn rechtlich aus?
Röhrlich: Shell hat das Rückbauprogramm nach den Vorgaben des Energieministeriums ausgelegt. Sprich: Es entspricht dem Leitfaden. Und: Die Plattformen stehen in der ausschließlichen Wirtschaftszone Großbritanniens. Das heißt: Das Land kann allein entscheiden.
Eigentlich dürfen Plattformen nicht im Meer bleiben
Allerdings gehört UK zu den Vertragsparteien, die sich im Rahmen der Oslo-Paris-Konvention – kurz OSPAR - zu Erhaltung und Schutz der Meeresökosysteme im Nordost-Atlantiks verpflichtet haben. Nach einem rechtsverbindlichen OSPAR-Beschluss von 1998 dürfen Plattformen nicht im Meer bleiben. Jedoch kann es für die Schwerkraftfundamentplattformen Ausnahmen geben – nach einem Konsultationsverfahren mit den anderen Anrainerstaaten. Das Problem ist, das nicht klar geregelt ist, was denn nun mit dem Inhalt der Plattformen geschehen soll.
Krauter: Wie sieht die deutsche Position aus?
Röhrlich: Grundsätzlich hat die Bundesregierung nichts dagegen, wenn diese besonders schweren Betonplattformen an Ort und Stelle bleiben. Im Grunde ist das auch nicht anders möglich. Und künstliche Riffe sind ja auch nicht schlecht, das haben Forschungen mehrfach erwiesen. Allerdings erst nach Entfernung des Sondermülls. Bei dem Konsultationsverfahren, das am 18. Oktober beginnt, fürchtet man, dass aufgrund der Sparzwänge der britischen Regierung die Umweltbelange weniger schwer wiegen könnten als die wirtschaftlichen. Deshalb hat Deutschland ein externes Gutachten anfertigen lassen, um die Kritik von neutraler Seite zu untermauern.
Krauter: Wie sieht die deutsche Position aus?
Röhrlich: Grundsätzlich hat die Bundesregierung nichts dagegen, wenn diese besonders schweren Betonplattformen an Ort und Stelle bleiben. Im Grunde ist das auch nicht anders möglich. Und künstliche Riffe sind ja auch nicht schlecht, das haben Forschungen mehrfach erwiesen. Allerdings erst nach Entfernung des Sondermülls. Bei dem Konsultationsverfahren, das am 18. Oktober beginnt, fürchtet man, dass aufgrund der Sparzwänge der britischen Regierung die Umweltbelange weniger schwer wiegen könnten als die wirtschaftlichen. Deshalb hat Deutschland ein externes Gutachten anfertigen lassen, um die Kritik von neutraler Seite zu untermauern.
Einfluß von Sparzwängen
Krauter: Warum haben denn die Sparzwänge der Regierung Einfluss darauf, wie eine Firma einen Rückbau vorzunehmen hat?
Röhrlich: Das ölhaltige Wasser und die Sedimente abzupumpen ist möglich, aber teuer. Die Vermutung ist, dass UK ein großes Interesse daran hat, die Kosten für den Rückbau so gering wie möglich zu halten. Denn während der Produktionsphase hat Shell rund 70 Prozent Steuern an den Staat gezahlt – und nun muss sich der Staat zum selben Prozentsatz an den Kosten für den Rückbau beteiligen. Und die Frage ist, ob die Rücklagen dafür da sind.
Röhrlich: Das ölhaltige Wasser und die Sedimente abzupumpen ist möglich, aber teuer. Die Vermutung ist, dass UK ein großes Interesse daran hat, die Kosten für den Rückbau so gering wie möglich zu halten. Denn während der Produktionsphase hat Shell rund 70 Prozent Steuern an den Staat gezahlt – und nun muss sich der Staat zum selben Prozentsatz an den Kosten für den Rückbau beteiligen. Und die Frage ist, ob die Rücklagen dafür da sind.