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Österreich hat die Wahl

Die Österreicher wählen am Sonntag eine neue Regierung. Herauskommen könnte dabei erneut eine Große Koalition. Sowohl die Rechten von der FPÖ als auch die Grünen machen sich Hoffnungen auf deutliche Zuwächse.

Von Ralf Borchard und Stephan Ozsvath |
    Er ist der Herausforderer: Außenminister Michael Spindelegger, Chef der konservativen Volkspartei ÖVP und bisher Juniorpartner in der Großen Koalition. Sein Wahlziel: Kanzler zu werden. Mit welchem Partner? Wahrscheinlich wieder der sozialdemokratischen SPÖ.

    "Wenn's den Menschen gut geht, dann geht's der Wirtschaft gut. Deshalb sind wir ein guter Wirtschaftsstandort in diesem Europa. Mit uns wird es keinen Abbau von Arbeitnehmerrechten geben. Weil wir sind stolz auf diese Rechte in unserem schönen Österreich."

    Er ist der Amtsinhaber: Bundeskanzler Werner Faymann. Der Chef der SPÖ will Kanzler bleiben. Mit welchem Partner? Wahrscheinlich wieder der ÖVP.

    Das rot-schwarze Regierungsbündnis hat in Österreich die gesamte Legislaturperiode seit 2008 gehalten. Die Große Koalition regiert schon eine gefühlte Ewigkeit, abgesehen vom schwarz-blauen Zwischenspiel unter Wolfgang Schüssel und Jörg Haider.

    Wobei die Bezeichnung "Groß" für die Koalition inzwischen eher übertrieben ist, das Stimmenpotenzial beider Volksparteien ist enorm geschrumpft. Sowohl SPÖ als auch ÖVP haben in früheren Jahrzehnten deutlich über 40 Prozent erreicht. Bei der letzten Wahl waren es nur noch 29 beziehungsweise 26 Prozent. Diesmal könnte es noch weniger werden. Der Wahlausgang ist offen, sagt der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier:

    "Wenn man die derzeitigen, öffentlich zugänglichen Umfragen sammelt, inklusive der Schwankungsbreiten, dann ist quasi wirklich noch alles möglich. Wenn die sogenannte Große Koalition in Österreich nicht weitermachen kann mangels einer Mehrheit, dann bleibt nicht viel. Eine denkbare Option wäre, SPÖ und ÖVP holen sich die Grünen als dritten Partner, oder es gibt eine Kombination im rechten Lager zwischen der bürgerlichen ÖVP, den weiter rechts stehenden Freiheitlichen und dem neuen Team Stronach, das nicht so leicht einzuordnen ist aber als sehr wirtschaftsliberal wohl auch rechts steht."

    Chef der sogenannten Freiheitlichen ist heute Heinz-Christian Strache. In diesem Wahlkampf verpackt Strache seine Ausländerfeindlichkeit so:

    "Liebe Deinen Nächsten. Und für mich sind das unsere Österreicher, weil die heute links liegen gelassen werden in vielen Bereichen."

    Ein Bibelzitat so umzudeuten, hat bei der katholischen Kirche Protest ausgelöst. Sanften Protest allerdings. Der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn:

    "Bemühen wir uns, so wie wir es unter den Religionsgemeinschaften tun, auch unter den politischen Gruppierungen unseres Landes einen Stil der Gemeinsamkeit zu pflegen."

    Und dann ist da das neue politische Phänomen, der 81-Jährige Milliardär Frank Stronach, in der Steiermark geboren, nach Kanada ausgewandert, mit dem Magna-Autoteilekonzern reich geworden. Er hat aus dem Stand bei drei Landtagswahlen um die zehn Prozent geschafft und lobt sich selbst mit den Worten:

    "Wird es wieder einen geben, der ungefähr 25 Millionen Euro rein gibt in dieser politischen Wahlperiode, wird es wieder einen geben? Österreich ist mir das wert."

    Ja, Stronach sei Populist, mit kuriosen Ansichten, aber immerhin kein Rechtsextremist, sagt Armin Thurnher, Herausgeber der kritischen Wochenzeitung "Falter":

    "Gewisse ausländerfeindliche Untertöne oder massive Töne fehlen – in der Form kein Rechtsextremist. Der hat eher noch seinen sozialdemokratischen, vielleicht sozialkitschigen Hintergrund, dass er sagt, ich bin selber Arbeiter und ich weiß, was die Arbeiter brauchen, und das hören die Arbeiter natürlich gern, denn die wären alle selber auch gern Milliardäre."

    Und dann gibt es, auf der anderen Seite des politischen Spektrums, gestärkte Grüne. Ihr Hauptthema ist die Korruptionsbekämpfung. Parteichefin Eva Glawischnig wirft der ÖVP und damit der rot-schwarzen Dauerkoalition vor:

    "Also bei mir ist da schon der Eindruck entstanden von Gesetzeskauf. Und das ist eigentlich der Kern von politischer Korruption. Das darf keinesfalls sein. Und ich frage mich im Übrigen auch, warum man als kleiner Raiffeisensparer damit konfrontiert ist, dass die Raiffeisen an die ÖVP spendet. Warum eigentlich? Das sind alles Dinge, da wünsch' ich mir mehr Transparenz und Kontrolle."

    Mehr Unterhaltung als Inhalt
    Auch bei den Grünen hat der Wahlkampf seine kuriosen Elemente. Dazu gehört ein Wahlplakat, dass ein Lamm zeigt, daneben steht: "Weniger belämmert als die anderen". Der oberste Wahlstratege der österreichischen Grünen, Martin Radjabi, beschreibt die kostenlosen Geschenke, die im Straßenwahlkampf verteilt werden:

    "Vielleicht auch ganz lustig: Wir haben Kondome, die natürlich Fair Trade-gehandelter Latex sind, und auch Kugelschreiber, die kompostierbar sind, oder die aus Kunststoff sind, der kompostierbar ist."

    Mehr Unterhaltung als Inhalt – dieses Motto gilt auch für die österreichischen Fernsehduelle – wesentlich mehr als in Deutschland, und in ganz eigenem Stil:

    Nationalratswahl 2013 – der ORF berichtet so umfangreich wie noch nie ...

    6,2 Millionen Wahlberechtigte gibt es in Österreich. Und die sind seit Wochen einem medialen Dauerfeuer ausgesetzt. Unzählige Stunden Wahlberichterstattung. Vor allem: TV-Duelle. Das Setting: Eine Moderatorin – zwei Spitzenkandidaten. Das Ganze: 15 Mal – jeder gegen jeden.


    Glawischnig: "Es gibt in den Reihen der Grünen keinen einzigen rechtskräftig verurteilten, allerdings in Ihren Reihen, ich hab' die Liste auch mit ..."

    Die Einschaltquoten sind gut – 690.000 Zuschauer sehen das Duell von Grünen-Front-Frau Eva Glawischnig gegen FPÖ-Chef Strache – so viele wie den "Tatort". Auch die anderen Duelle können eine Menge Zuschauer fesseln. Neu ist das Format "Wahlfahrt".

    Settele: "Ich bin Hanno Settele –und das ist mein Auto."
    Stronach: "Ich bin begnadet, dass ich kann sehr viel geben." "
    Bucher: "Zuerst kommt Kärnten, dann kommt Österreich" ... "

    Man nehme einen ehemaligen USA- Korrespondenten: Hanno Settele und einen alten, schwarzen Mercedes. Darin der ORF- Journalist – und ein Spitzenkandidat auf Wahlkampf-Tour. Lockerer Plauderton. Die Politiker menscheln. Und lassen sich so manches entlocken. Etwa Frank Stronachs Haltung zur Todesstrafe.

    Frage Journalist ""Ein Thema, dass die Europäer und Amerikaner entzweit: Todesstrafe, was ist ihre Position da?"

    Stronach: "Ein geplanter Berufsmord – Todesstrafe – geplant. (zu seiner Assistentin) Hast Du mich gehört, Kathrin, da haben wir noch gar nicht drüber gesprochen. Das kommt dann auch in unser Parteiprogramm ... "

    Die Alpenrepublik hat einen Wahlkampfaufreger mehr. Das Nachrichtenmagazin "Profil" kann in der nächsten Ausgabe eine Geschichte über Stronach machen: Titel "Die Lachnummer", zweideutige Überschrift des Artikels: "Der Goldesel". Willkommen im Boulevard. Armin Thurnher, Herausgeber des linksliberalen Wiener Stadtmagazins "Falter", echauffiert sich.

    "Das hat sicher einen Unterhaltungswert, so wie Stehgreiftheater in der Wiener Vorstadt. Aber ich vermisse vollkommen eine Auseinandersetzung über die wirklichen politischen Fragen. Die Finanzkrise wird auf unterstem Niveau erörtert. Aber es wird eigentlich nicht erörtert, welche Partei welches Konzept hat, wie man mit dem Diktat der Finanzmärkte, dem Diktat der Bundesrepublik Deutschland in Europa und der deutschen Bundesbank umgeht. Das wären doch die wichtigen Themen, aber darüber wird nicht gesprochen."

    Profitiert von den TV- Duellen haben bislang vor allem die Oppositionsparteien: Freiheitliche, Grüne und das schon totgesagte BZÖ – die von Jörg Haider seinerzeit ins Leben gerufene Abspaltung der FPÖ. Wer von öffentlichen Auftritten überhaupt nicht profitiert, ist der 81-jährige Milliardär Frank Stronach. Über ihn sagt der Politologe Peter Filzmaier.

    "Frank Stronach ist Frank Stronach. Er tritt authentisch auf. Mit allen seinen Stärken und Schwächen. Es wäre wahrscheinlich zu einfach, ihn nur als skurril zu beschreiben, denn jemand, der in der Wirtschaft ein Milliardenvermögen verdient hat, kann nicht schlicht und einfach ein Idiot sein. Im Wahlkampf hat er allerdings eklatante Schwächen gezeigt. Einfach mit Unwissen. Er hat über die Neutralität und das Neutralitätsgesetz den Eindruck gemacht, er weiß darüber gar nichts und er kannte nicht einmal das eigene Parteiprogramm."

    Der Wahlkampf ist eher untypisch für Österreich. Lautes Marktgeschrei dominiert. Die Geschmacksnote: Eine Mischung aus heimischem Almdudler und amerikanischen Marshmellows. Und am Ende? Diese Wählerin ist resigniert.

    "Es wird eher wieder Rot-Schwarz als Rot-Grün. Man versucht´s immer wieder neu und es bleibt eh alles beim Alten. Das ist ja das Problem an der Sache."

    Bilanz im Wahlkampfgetöse
    Es bleibt alles beim Alten? Hat sich wirklich gar nichts verändert in Österreich? Werfen wir einen Blick zurück. Das Wahlkampfgetöse beiseite – wie ist die inhaltliche Bilanz dieser Legislaturperiode? Sie begann mit einem Paukenschlag. In der Nacht auf den 11. Oktober 2008 starb Jörg Haider. Der frühere Regierungschef von Kärnten, der die FPÖ groß gemacht hatte, verunglückte unter Alkoholeinfluss am Steuer seines Autos.

    Dörfler: "Die Sonne ist vom Himmel gefallen."

    Petzner: "Ich persönlich werd' ihn wahnsinnig vermissen. Er war mein Lebensmensch, mein bester Freund."

    So reagierten damals Haiders Gefolgsleute Gerhard Dörfler und Stefan Petzner. Der Politikwissenschaftler und Korruptionsexperte Hubert Sickinger analysiert aus heutiger Sicht:

    "Der Tod Jörg Haiders hat natürlich auch dazu geführt, dass innerhalb der Freiheitlichen in Kärnten manche Konflikte aufgebrochen sind, und parteiinterne Konflikte führen eben auch häufig dazu, dass den Medien oder auch der Justiz Sachen gesteckt werden, die ansonsten in den Schubladen bleiben würden."

    In den Jahren nach Haiders Tod kam ein Korruptionsskandal nach dem anderen ans Licht. Skandale, die nicht nur die Kärntner Landespolitik, sondern auch die Bundespolitik betrafen, und damit die bürgerliche ÖVP und die sozialdemokratische SPÖ. Heute ist das Klima deutlich verändert. Das "Anfüttern", die "Freunderlwirtschaft", wie man in Österreich sagt, wird deutlich konsequenter verfolgt, auch juristisch. Franz Fiedler, Chef von Transparency International in Österreich, zieht Bilanz:

    "Also ich sehe mit großem Wohlwollen, dass sich in der Justiz einiges getan hat, dass nun die Korruptionsstaatsanwaltschaft voll greift, und dass man mehr und mehr dazu übergeht, dass man Strafen verhängt, die dem Verbrechen, dem Schuldgehalt des Verbrechens angemessen sind, und die klar zum Ausdruck bringen, Korruption ist keine Bagatelle mehr, ist kein Bagatelldelikt, ist kein Kavaliersdelikt."

    Als im Korruptions-Untersuchungsausschuss des Parlaments allerdings selbst der Bundeskanzler in Bedrängnis zur geraten drohte, zogen die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP die Reißleine. Der Vorwurf: SPÖ- Kanzler Werner Faymann habe in früherer Zeit als Minister mit gut bezahlten Anzeigen in Boulevard-Zeitungen wohlwollende Berichterstattung erkauft. SPÖ und ÖVP beendeten die Ausschussarbeit mit ihrer Stimmenmehrheit kurzerhand. Die langjährige Ausschussvorsitzende Gabriela Moser von den Grünen reagierte empört:

    "Dieses Beenden hat den Charakter des Abwürgens, des Abdrehens, des Vertuschens. Und das ist leider die Realität."

    Zur Bilanz der rot-schwarzen Regierungszeit gehört aber auch: Wirtschaftlich steht Österreich auch im Jahr 2013 erstaunlich gut da. Die Arbeitsmarktdaten sind mit die besten in der EU. Die Finanzkrise hat Österreich mit seinen gut acht Millionen Einwohnern vergleichsweise schadlos überstanden. Der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier:

    "Objektiv sind die wirtschaftlichen und sozialen Vergleichsdaten zu anderen EU-Ländern sehr gut. Das werden die Regierungsparteien auch nicht müde im Wahlkampf zu betonen. Man kann dahin gestellt lassen, was Eigenleistung ist und was glücklicher Zufall. Wann immer man darauf verweist, was sich im Bereich der Sozial- oder Bildungspolitik speziell vielleicht nicht entscheidend verbessert hat – zu wenige Bildungsaufsteiger und Ähnliches – kommt immer das Gegenargument: aber in der Krise haben wir noch schlimmere Auswirkungen auf jeden Fall verhindert. Das ist nicht ganz wahr, aber auch nicht ganz falsch. So gesehen, war die Wirtschaftskrise etwas, was eine Proaktivität der österreichischen Politik in den letzten fünf Jahren verhindert hat, sondern sie wurde eher von dieser Krise getrieben."

    Umfrage Passanten:

    "Den Strache hätte ich ganz gern, weil, der greift durch, wenn was nicht hinhaut."

    "Rot - ich bin ja Sozialist."

    "Ich geh' gar nicht zur Wahl, weil mich das nicht interessiert."

    "Der Stronach – also von dem halte ich gar nichts, der kommt mir senil vor, aber die Neos, oder so was, ja. Es ist halt Zeit für einen frischen Wind."

    "Wenn´s geht, keine von den beiden, die derzeit den Stillstand verwalten, und mit den ganzen Alternativen kann man nix anfangen."

    Stimmen von Wählern in Österreich – vor der Wahl. Nicht repräsentativ. Doch was sagt das schon? Der Wähler in der Alpenrepublik ist eine Sphinx. Kaum lässt er sich entlocken, wen oder was er wählt. Nur etwa jeder dritte Österreicher macht sein Kreuz immer an derselben Stelle. Etwas mehr, nämlich gut 41 Prozent sind Wechselwähler – jedes Mal, oder gelegentlich. Das macht Wahlausgänge unberechenbar - eine Konstante in der österreichischen Politik, meint Falter-Herausgeber Armin Thurnher.

    "Das Einzige, was halt skeptisch macht, ist halt diese verflixte österreichische Heimlichtuerei vor Wahlen. Traditionellerweise sagt keine Partei, mit welcher anderen Partei sie gerne koalieren möchte. Es gibt keinen Lagerwahlkampf in dem Sinne. Und die Wählerschaft sagt immer: Na ja, also Strache wählen wir sicher nicht, den wählen´s dann erst recht. Da trauen sie sich nicht, zu bekennen. Und zu den Grünen bekennt man sich eher, und wählt dann aber im letzten Moment offenbar doch was anderes – bis jetzt."

    Auch wenn sie im Kern ungeliebt ist. Die Österreicher wählen häufig die Große Koalition, nach dem Motto: Da weiß man, was man hat. Sie garantiert mittlere Betriebstemperatur, keine Extreme, kaum pulstreibende Reformen. Allerdings: Dieses Mal spielen mehr Parteien mit, die am Wählerkuchen der nicht mehr ganz so großen Volksparteien nagen: Newcomer wie Stronach oder die wirtschaftsliberalen Neos. Wenn die Neos ins Parlament kommen, und das bereits totgesagte BZÖ, dann könnte das die mittlere Koalitionstemperatur verändern – ganz neue Verbindungen sind theoretisch möglich. Politologe Filzmaier zu den Profiteuren.

    "Wir haben die kuriose Situation, dass zwei Drittel der österreichischen Wähler von den Regierungsparteien enttäuscht sind, aber auch zwei Drittel enttäuscht sind von den etablierten Oppositionsparteien. Nachdem es in Summe Vier Drittel mathematisch nicht gibt, besteht eine sehr große Schnittmenge, die sich nach Politik in dieser Form wenig wissen will, und die sich nach jemanden sehnt, der irgendwie anders ist. Wie immer man zu Frank Stronach als Spitzenkandidat steht – das er irgendwie anders ist, kann man nicht bestreiten. Man kann viele dieses Drittels von Wählern quasi aufsammeln."

    Auch die Grünen haben Potenzial an der Wahlurne: Sie sind bei den Landtagswahlen in diesem Jahr sehr stark gewesen. In Kärnten, in Tirol, im Bundesland Salzburg regieren sie mit. Der Lohn für jahrelange Aufklärungsarbeit in Untersuchungsausschüssen. Zu Recht können sie sich auf die Fahne schreiben: "100 Prozent korruptionsfrei" – ein Unikum in Österreich, meint Politologe Filzmaier. Nur – reicht das auch für eine Regierungsbeteiligung?

    "Für die Grünen ist eine Regierungsbeteiligung ungleich schwieriger zu erreichen als die praktisch sicheren Stimmengewinne. Denn wenn SPÖ und ÖVP – in welcher Reihenfolge auch immer – eine Mehrheit haben, warum sollten sie einen dritten Partner hinzunehmen? Wenn sie aber einen solchen Dritten brauchen, dann ist die grüne Wahl zwar logisch, aber nicht unbedingt strategisch attraktiv, vor allem die Landesorganisationen von SPÖ und ÖVP würden dann Angst haben, bei ihren künftigen Landeswahlen an die Freiheitliche Partei massiv zu verlieren. Das heißt: Sie suchen sich vielleicht einen anderen Dritten oder andere Dreier-Koalitionen mit den Grünen. Und flotte Dreier sind allgemein kompliziert, auch bei politischen Koalitionen."

    Klar ist bislang nur eins: Michael Spindelegger will an die Spitze – er ist bisher Vizekanzler und Außenminister und er will Werner Faymann beerben – und selbst Kanzler werden.

    "Ich möchte, wenn ich Bundeskanzler bin ..."

    Der inszenierte Pseudo-Gegensatz Faymann-Spindelegger – wird kaum allerdings über den Wahltag hinausreichen, glaubt Andreas Koller, stellvertretender Chefredakteur der "Salzburger Nachrichten".

    "Also, ich glaube, offen gestanden, sie werden sich schon zusammenraufen, auch wenn der Herr Spindelegger sagt: Ich möchte Bundeskanzler werden, was dann nicht geht, wenn er nur Zweiter wird."

    Die Frage ist: Wäre Spindelegger, wäre die bürgerliche ÖVP zum erneuten Sündenfall bereit? Einer Koalition mit der rechtspopulistischen FPÖ – wie Wolfgang Schüssel im Jahr 2000, der sich mit dem Rechtspopulisten Jörg Haider ins Koalitionsbett legte - Eva Weissensteiner von der "Kleinen Zeitung" in Kärnten hält das blau-schwarze Modell nicht für ausgeschlossen.

    "Man kann sich auch als Dritter zum Kanzler küren lassen – von anderen Parteien, man kann auch einen anderen ÖVP-Kandidaten, der kann sich auch von der FPÖ und/oder Stronach oder BZÖ usw. noch mal zum Kanzler küren lassen."

    Allerdings wäre eine Rechts-Koalition ÖVP-FPÖ-Stronach sehr instabil, meint der Politologe Filzmaier. Wegen der vielen Parteinomaden im Team Stronach – und der unberechenbaren Persönlichkeit Frank Stronachs. Der Schriftsteller Thomas Glavinic prognostiziert: Österreich bekommt wieder das, was es seiner Meinung nach verdient: Stillstand, Visionslosigkeit. Langeweile - Die Große Koalition.