Martin Lassl ist Fahrschulbesitzer in Ottakring, einem Wiener Bezirk mit hohem Migrantenanteil. Als erstes möchte er etwas klarstellen.
"Ich hab das zu exekutieren, wie eine jede andere Fahrschule in Österreich, was mir der Gesetzgeber vorgibt."
Martin Lassls Fahrschule trägt den Untertitel "die mehrsprachige Fahrschule". Seine Fahrlehrer sprechen 13 Sprachen - von Albanisch bis Chinesisch. Das kommt gut an – auch heute ist es in den engen Gängen der Fahrschule sehr voll.
In welchen Sprachen er seine Fahrschüler ausbildet, darf Martin Lassl selbst entscheiden. Bei der theoretischen Prüfung müssen sich die Schüler allerdings festlegen in welcher Sprache sie die Prüfung ablegen. Neben der Amtssprache Deutsch, den beiden regionalen Amtssprachen Kroatisch und Slowenisch und der Weltsprache Englisch ist das auch auf Türkisch möglich. Etwa 10 Prozent seiner Fahrschüler machen das - sagt Martin Lassl.
"Ich glaube sie können schon Deutsch, aber sie legen die Prüfung auf Türkisch ab, weil sie sich sicherer fühlen."
Anreiz, um besser Deutsch zu lernen?
Ab 2019 wird das nicht mehr möglich sein, das hat Verkehrsminister Norbert Hofer verfügt, ein Politiker der rechten FPÖ. Zunächst hatte es offiziell geheißen, dass Türkisch aufgrund "nicht argumentierbarer Kosten" gestrichen werde, später sprach Verkehrsminister Hofer im ORF Radio von "Integrationsmaßnahmen":
"Auch für junge Türken ist es wichtig, den Führerschein zu bekommen in Österreich und wenn man es hier zu leicht macht, dass man das nicht mal in der deutschen Sprache ablegen muss, dann ist es der falsche Weg. Also das soll der Anreiz sein Deutsch zu lernen und die Führerscheinfragen auf Deutsch zu beantworten."
Verkehrsexperten sind bei dieser Begründung skeptisch. Vom ÖAMTC heißt es etwa, dass die Fahrprüfung keine integrationspolitische Maßnahme sei, sondern der Verkehrssicherheit dienen soll. Auch Fahrschulbesitzer Martin Lassl hat seine Zweifel:
"Es ist doch besser, wenn ich nicht auswendig lerne, sondern es verstehe. Und wenn er es in Deutsch nicht versteht und ich kann es ihm in seiner Muttersprache beibringen, dann ist dem sicher etwas positives abzugewinnen für die Sicherheit als wenn einer etwas stur auswendig lernt und nicht einmal weiß was es bedeutet."
Nur ein Bruchteil wird tatsächlich auf Türkisch geprüft
Nach den Erfahrungen von Martin Lassl sind vor allem ältere Frauen türkischen Ursprungs betroffen:
"Die Jugend hat kein Problem, die legen das alle in Deutsch ab."
So zum Beispiel die 17-Jährige angehende Friseurin Sema. Sie hat gerade mit der Führerscheinausbildung begonnen und will die Theorieprüfung auf Deutsch ablegen. Dass die Prüfung auf Türkisch gestrichen werden soll, findet sie trotzdem unfair:
"Wie ich mitbekommen hab, die Fragen sind sehr kompliziert. Also ich finde es eigentlich besser, es bei Türkisch zu belassen, für die Türkinnen und die Türken, sonst können sie den Test ihrer Fahrschule nicht verstehen mit dem Deutsch, das sie können."
Von den insgesamt rund 300.000 Prüfungen wurden 2017 in Österreich gerade mal 3.600 in türkischer Sprache abgelegt. Verkehrsminister Hofer muss sich deshalb auch den Vorwurf gefallen lassen, reine Symbolpolitik zu betreiben. Dass sagt auch Populismusforscher Werner Ötsch:
"Es geht darum, das Bild 'Wir das Volk gegen die Anderen' wieder in Erinnerung zu rufen und so die Menschen zu binden. Im Grunde genommen ist es ein permanenter Wahlkampf. Und in diesem Wahlkampf gibt es überhaupt keine Fakten mehr, es gibt keine Empirie, es gibt keine Gegebenheiten mehr."
Martin Lassl wird die neue Regelung in seiner Fahrschule umsetzen, eine andere Wahl hat er nicht. Ob sich das auch wirtschaftlich auswirken wird, kann er zurzeit nicht genau beziffern, aber:
"Eines ist klar. Wenn man die Prüfung auf Türkisch nicht mehr abhalten kann, glaube ich sicher, dass es da Einbußen gibt."