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Österreich
Keine "Zuckerl" mehr für kritische Medien

Ein geleaktes Rundschreiben aus dem Innenministerium an die Polizei sorgt für Kritik über Österreichs Grenzen hinaus. In dem Brief heißt es, Kommunikation mit "bestimmten Medien" sei auf das "nötigste Maß zu beschränken". Auch Kanzler Sebastian Kurz hat sich bereits distanziert.

Von Clemens Verenkotte | 25.09.2018
    Herbert Kickl (FPÖ), Innenminister von Österreich
    Herbert Kickl: Aus dem Innenministerium des FPÖ-Politikers kommt die Anweisung, Kommunikation mit "kritischen Medien" auf das "nötigste Maß zu beschränken" (picture alliance / Lino Mirgeler/dpa)
    Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz hält nichts von dem Rundschreiben des Innenministeriums von FPÖ-Ressortchef Herbert Kickl an die Landespolizeidirektionen, kritische Medien mit einer weitgehenden Informationssperre zu belegen. Es dürfe keine Ausgrenzung geben, erklärte Kurz am Rande der UN-Generalversammlung in New York. "Jede Einschränkung der Pressefreiheit" sei nicht akzeptabel.
    Kommunikation mit "bestimmten Medien" beschränken
    Zuvor hatten österreichische Medien übereinstimmend aus dem internen Rundschreiben des Ministeriums an die Pressestellen der Landespolizeidirektionen berichtet. Dieses Schreiben soll aus der Feder des Ressortsprechers von FPÖ-Innenminister Herbert Kickl stammen. Darin heißt es, dass die Kommunikation mit "bestimmten Medien" auf das "nötigste Maß" zu beschränken sei. Genannt werden dabei die Tageszeitungen "Der Standard", "Kurier" sowie die Wochenzeitschrift "Falter". Diese genannten Medien würden eine "sehr einseitige und negative Berichterstattung über das Innenministerium und die Polizei betreiben". Daher dürften diese Zeitungen keine "Zuckerl" mehr erhalten, wie etwa die Begleitung von Polizeieinsätzen für Reportagezwecke.
    Exklusiver Zugang für kooperative Medien
    Medien, die sich kooperativ gegenüber dem Ministerium verhalten würden, sollen in eine "imagefördernden Öffentlichkeitsarbeit" eingebunden werden. In dem Rundschreiben wird dabei der Privatsender ATV genannt, der ab Anfang des nächsten Jahres eine sechsteilige Serie über den Polizeialltag ausstrahlen wolle. Jede Folge werde, so heißt dort, vorher abgenommen und gehe erst nach einer positiven Abnahme auf Sendung.
    Der Chefredakteur des Falters, Florian Klenk, erklärte gegenüber dem ARD-Studio Wien: "Diese Anregung aus dem österreichischen Innenministerium bedeutet zweierlei: Einerseits zeigt sie, dass kritischer Journalismus in Österreich aus Sicht des Innenministers nicht mehr erwünscht ist und auch nicht mehr gefördert werden soll. Umgekehrt sollen aber jene Medien, die willfährig sind, mit Zuckerl belohnt werden. Sie bekommen dann einen exklusiven Zugang zu staatlicher und polizeilicher Information."
    Unterschiedliche Reaktionen
    Der "Standard" kommentierte, was sich nun im Innenministerium unter Herbert Kickl abspiele, sei ein "Frontalangriff auf die Medienfreiheit".
    In der Mail des Ministeriums heißt es ferner, dass die Landespolizeidirektionen künftig die Nationalität von Verdächtigen nennen soll.
    Das Innenministerium betonte, dass FPÖ-Ressortchef Herbert Kickl "weder Auftraggeber noch Empfänger" des Rundschreibens sei. In einer Reaktion des Innenministeriums auf die Berichte über die interne Mail heißt es, was den "besonders achtsamen Umgang mit den erwähnten Medien" betreffe so basierten die "Erläuterungen auf teils jahrelangen Erfahrungen vieler Kommunikationsmitarbeiter des Ministeriums".
    Der Vorstoß des Innenministeriums rief am Vormittag in Wien bei Passanten auf ein unterschiedliches Echo hervor. Verene Kohn, Inhaberin einer Beratungsagentur:
    "Man muss da schon was sagen, und ich finde das auch gut, dass es da Gegenwind gibt und dass Leute sich aufregen, aber wie gesagt da wird Vieles nicht so durchgezogen, wie es dann am Anfang ausschaut."
    Dagegen hält Christian Shober, kaufmännischer Angestellter aus Wien, nichts von der Vorgehensweise des Innenministeriums, das von FPÖ-Ressortchef Kickl geleitet wird:
    "Er hat noch nicht kapiert, dass er Innenminister, Mitglied der Regierung der Republik ist und eigentlich vom Volk gewählt und fürs Volk arbeiten soll. Aber nicht für seine eigene Partei. Indiskutabel. Jedes Volk hat die Regierung, die es verdient. Die sind ja auch gewählt worden, ne?!"