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Österreich
Kritik an Fördermitteln für schlagenden Pennäler-Verband

In Österreich ist eine Debatte über Subventionen für den Schülerverbindungs-Dachverband Österreichischer Pennäler Ring (ÖPR) entbrannt. Die Gießener Politologin Alexandra Kurth hat im Dlf völkisch-nationale Tendenzen innerhalb des ÖPR kritisiert. Sie sieht auch die Praxis der Mensur bei Minderjährigen kritisch.

Alexandra Kurth im Gespräch mit Stephanie Gebert |
    Degenglocken in den Burschenfarben Rot-Gold-Blau der Katholisch Österreichischen Hochschulverbindung Pannonia werden in weiß behandschuhten Händen gehalten.
    Die Politologin Alexandra Kurth beurteilt die Mitgliedschaft von Minderjährige in österreichischen schlagenden Verbindungen kritisch und sagte im Dlf, dass hier mehr Kinderschutz erforderlich sei (imago)
    Stephanie Gebert: Burschenschaften und schlagende Verbindungen stehen gerade in Österreich im Fokus. Dort wird über die staatliche Förderung dieser Organisationen gestritten. Es geht um rund 40.000 Euro jährlich aus der Bundesjugendförderung. Die gehen bislang an den Österreichischen Pennäler Ring, das ist der Dachverband der schlagenden Schülerverbindungen und Burschenschaften. Kritiker sagen, es ist ein Skandal, dass auf diesem Weg rechtsextreme Aktivitäten mit Steuergeldern unterstützt werden. Das Familienministerium weist diesen Vorwurf zurück. Alexandra Kurth ist Politikwissenschaftlerin an der Universität Gießen und beschäftigt sich seit Jahren mit rechtsextremen Burschenschaften. Ich grüße Sie!
    Alexandra Kurth: Hallo, guten Tag!
    Gebert: Ein Grund, warum der Österreichische Pennäler Ring nicht mehr gefördert werden soll, ist laut Kritikern, dass einzelne Mitgliedsbünde völkisches Gedankengut verbreiten. Lässt sich das auf einzelne Burschenschaften beschränken oder ist das ein breiteres Problem?
    Kurth: Meines Erachtens ist das ein breiteres Problem in dem Österreichischen Pennäler Ring, der ja, wenn man ihn ganz ausschreibt, Österreichischer Pennäler Ring der wehrhaften national-freiheitlichen Schülerverbindungen heißt, und da hat man im Grunde genommen schon im Titel mit drin, dass sich diese Verbindungen dem sogenannten dritten Lager in Österreich zugehörig fühlen, also im Prinzip dem politischen Lager, das im Wesentlichen durch die FPÖ repräsentiert wird.
    Gebert: Sind diese Burschenschaften, die sich da zugehörig fühlen, radikaler als vergleichsweise deutsche Burschenschaften?
    Kurth: Teils, teils. Zum Teil sind die österreichischen Burschenschaften durchaus zugespitzter in ihren extremen Formulierungen. Das hat was damit zu tun, dass sie sich als deutschnational verstehen und damit dann natürlich teilweise einhergeht, dass sie die Republik Österreich mindestens skeptisch, kritisch beurteilen oder aber im Extremfall vielleicht auch ablehnen, weil sie großdeutsche Vorstellungen haben. Das ist natürlich etwas, was sozusagen den Burschenschaften in Deutschland - das ist eine andere Perspektive, ja, also wer deutschnational ist in Deutschland, lehnt damit nicht automatisch den Staat ab, in dem er lebt, wobei natürlich auch in Deutschland es Burschenschaften gibt, die durchaus großdeutsche Vorstellungen haben und die Österreich als Teil Deutschlands verstehen.
    "Da müssten eigentlich Kinderschutzkriterien gelten"
    Gebert: Als weiteres Argument gegen eine Förderung wird von den Kritikern angeführt, dass in den Burschenschaften die Mensur, also der Fechtkampf mit scharfen Waffen zwischen zwei Mitgliedern, dazugehört. Ist das tatsächlich Praxis?
    Kurth: Also der Österreichische Pennäler Ring begreift sich als schlagender Dachverband, es wird vonseiten des ÖPR argumentiert, dass nicht alle pflichtschlagend seien, also dass das sozusagen in das Belieben der einzelnen Pennalie gestellt ist, ob sie dann tatsächlich auch erwartet, dass ihre Mitglieder auf Mensur gehen oder nicht, aber prinzipiell ist es natürlich sehr fragwürdig und sehr problematisch, wenn Minderjährige, also im Prinzip Kinder auf scharfe Waffen antreten und eine Mensur fechten. Da müssten eigentlich Kinderschutzkriterien gelten.
    Burschenschaft als politisches Karrieresprungbrett
    Gebert: Im Zuge von steigendem Nationalismus werden da auch Verbindungen und Burschenschaften in Österreich interessanter für Kinder, für Jugendliche? Also verzeichnen die einen Zulauf an den Unis, an den Schulen?
    Kurth: Also man kann auf alle Fälle feststellen, dass Pennalien in Österreich stärker verbreitet sind als in der Bundesrepublik Deutschland. Wir haben auch einige Pennalien, aber längst nicht so viele wie in Österreich, und man muss natürlich dazusagen, dass aufgrund der politischen Kräfteverhältnisse in Österreich Pennalien noch mal eine besondere Attraktivität gewonnen haben, weil häufig darüber hinaus quasi auch eine politische Karriere angestrebt wird.
    Also das heißt, im Idealfall tritt man als Schüler in eine solche Pennal-Verbindung ein, dann später, während des Studiums in eine entsprechende Burschenschaft oder eine andere Studentenverbindung, und schafft sich auf diese Art und Weise seine entsprechenden Karrierenetzwerke.
    FPÖ generiert Nachwuchs aus Burschenschaftlern
    Gebert: Das heißt, die rechte FPÖ in der Regierung hat deren Einfluss in die Politik und Wirtschaft der Burschenschaftler sozusagen zugenommen, also gibt es vermehrt Burschenschaftler, die auf diesem Weg Karriere machen?
    Kurth: Zu Österreich kann man das ganz klar feststellen, dass das so ist, und man sieht ja auch, dass es ein Geben und Nehmen ist, also dass natürlich in dem Moment, wo die FPÖ mit in der Regierung ist, dann eine entsprechende Förderung stattfindet, das heißt, die Organisation hat was davon, und umgekehrt hat aber auch die FPÖ wieder etwas davon, weil sie sich entsprechend aus diesem Pool ihren Nachwuchs generiert.
    Gebert: Sagt die Politikwissenschaftlerin Alexandra Kurth. In Österreich wird gerade über Subventionen für Burschenschaften und Schülerverbindungen gestritten. Vielen Dank fürs Gespräch!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.