Kurz wird mit 30 Jahren nicht nur der jüngste Vorsitzenden in der Geschichte der Volkspartei ÖVP, er wird auch deutlich mehr Kompetenzen haben als alle seine Vorgänger. Nachdem die ÖVP in zehn Jahren vier Vorsitzende verbraucht habe, wolle er ein neues Kapitel aufschlagen, betonte Kurz:
"Es waren sich gerade auch aufgrund der Entwicklungen in den letzten zehn Jahren in der ÖVP jetzt alle einig, dass es so wie es war nicht weitergehen kann. Es müssen nicht nur Köpfe getauscht werden, sondern vor allem muss sich auch die ÖVP verändern."
Eine spezielle "Liste Sebastian Kurz"
Kurz soll künftig nicht nur inhaltlich die Parteilinie bestimmen, ohne auf die traditionell mächtigen ÖVP-Landesregierungschefs Rücksicht nehmen zu müssen. Für die bevorstehende Parlamentswahl will er eine eigene Kandidatenliste erstellen, die zwar von der ÖVP unterstützt wird, aber unter neuem Namen auch Nichtparteimitglieder enthält:
"Dass wir eine Bewegung starten, dass wir auf bewährte Kräfte aus der Volkspartei setzen, aber gleichzeitig neue Leute an Bord holen. Diese Bewegung wird in die nächste Wahl als ‚Liste Sebastian Kurz - die neue Volkspartei‘ ziehen."
Zuvor hatte auch Bundeskanzler Christian Kern von der sozialdemokratischen SPÖ eingestanden, die Koalition mit der ÖVP sei gescheitert, er erwarte vorgezogene Neuwahlen noch in diesem Herbst::
"Diese Beziehung ist zu Ende. Das Tischtuch wurde zerschnitten. Und vor diesem Hintergrund macht es ja keinen Sinn zu sagen, wir wollen das nicht zur Kenntnis nehmen."
Zweikampf Kern gegen Kurz steht bevor
Der Kanzler will in den kommenden Monaten zwar noch versuchen, einzelne Gesetze durch das Parlament zu bringen - zur Not mit wechselnden Mehrheiten. Doch nur wenige Monate nach der Stichwahl für das Amt des Bundespräsidentenamt steht die Politik in Österreich ab sofort ganz im Zeichen des nächsten Wahlkampfs: dem ums Kanzleramt. Der Politikwissenschaftler Anton Pelinka betont, dabei sei nicht nur ein Zweikampf Kern gegen Kurz absehbar, die Schlüsselrolle könnte vielmehr die rechtspopulistische FPÖ unter Parteichef Heinz-Christian Strache spielen:
"Ich gehe davon aus mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass der Königsmacher die Partei ist, die momentan kaum genannt wird, nämlich die Freiheitliche Partei, die vielleicht selbst auch die Rolle des Kanzlers in Anspruch nehmen kann. Und das fehlt ja nicht zufällig bei den ganzen Wortmeldungen von beiden Regierungsparteien - in irgendeiner Form eine Aussage, wenn nicht ÖVP und SPÖ geht, wie soll dann SPÖ oder ÖVP weiterregieren. Und da müsste man deutlich sagen: es geht vermutlich nur mit der Freiheitlichen Partei."