Er kommt ohne Krawatte zum Interview. Seine Mitarbeiter nennen ihn Sebastian. Das ist das Erste, was auffällt: Der Stil hat sich erheblich verändert im altehrwürdigen österreichischen Außenministerium, es zählen nicht mehr Titel - Herr Ministerialrat, Herr Minister - es zählt das Zuhören. Kurz hat es geschafft, auch erfahrene Diplomaten im Haus für sich zu gewinnen. Er hört auf ihren Rat. Und er hat das Ministerium geöffnet, Schulklassen kommen, Diskussionsrunden finden statt, Sommerfeste für die Mitarbeiter. Kurz selbst sagt zum ersten Amtsjahr:
"Wenn ich zurückblicke, kann ich sagen, dass es ein extrem spannendes und intensives Jahr war. Am Anfang, den ersten Wochen, durchaus belächelt worden. Jetzt gibt's positivere Nachrichten. Ich glaub', beides gehört im politischen Bereich dazu und beides ist oft sehr nah beisammen."
Zu Beginn belächelt, jetzt gelobt
Belächelt wird der Jungstar der Volkspartei ÖVP nicht einmal mehr vom politischen Gegner. Respekt überall, höchstens mal die spitze Bemerkung, der Mann mit dem streng zurückgekämmten Haar und den eng sitzenden Anzügen achte etwas zu sehr aufs modische Äußere. Und habe die Außenpolitik nun inhaltlich auch nicht neu erfunden. Was allerdings auch schwer ist bei einem kleinen Land wie Österreich.
"Nur weil ich als Minister neu bin, ändern sich ja nicht die geografischen Gegebenheiten unseres Landes. Der Westbalkan ist die Region, die mit uns geografisch, kulturell, aber auch wirtschaftlich und menschlich am stärksten verbunden ist und insofern ist das unsere absolute Priorität."
Den EU-Beitritt für alle Westbalkan-Länder langfristig möglich zu machen, nennt Kurz sein Hauptziel. Erster Kandidat: Serbien. Trotz Beitrittsmüdigkeit in der EU?
"Natürlich gibt's die Skepsis, und die muss man auch ernst nehmen. Ich bin ja niemand, der dafür ist, dass Länder beitreten, die noch nicht beitrittsreif sind, aber, ja, Serbien ist auf einem guten Weg, und insofern tun wir als Österreich alles in unserer Macht stehende, um Serbien bei diesem Reformprozess zu begleiten."
Integrationspolitik 2.0
Nebenbei ist Kurz auch Innenpolitiker, er hat als früherer Staatssekretär für Integration den Bereich gleich mit übernommen. Und ein neues Islamgesetz auf den Weg gebracht, das dem Islam in Österreich mehr Rechte zusichert, aber auch die Finanzierung aus dem Ausland verbietet, etwa aus der Türkei oder Saudi-Arabien. Das ist umstritten, ebenso wie die "stolz drauf"-Kampagne, bei der Kurz Einwanderer in sozialen Netzwerken posten lässt, worauf sie stolz sind in Österreich. Doch geredet wird darüber, Kurz fällt auf, bezieht Stellung. Bleibt die Frage: Will er Kanzler werden?
Nein zur K-Frage
"Also erstens Nein, und zweitens: Ich fühl' mich extrem ausgelastet mit meiner Tätigkeit, insofern stellt sich die Frage definitiv nicht."
Das muss er sagen, schließlich hat seine Partei mit Reinhold Mitterlehner gerade erst einen neuen Vorsitzenden und Vizekanzler bestimmt. Das bewahrt Kurz, die eigentliche Zukunftshoffnung der Partei, davor, zu schnell ganz nach vorn zu müssen und verbrannt zu werden.
Anderer Blickwinkel statt Lebenserfahrung
Und wie ist es, mit 28 dem 70-jährigen US-Amtskollegen John Kerry die Hand zu schütteln. Nimmt der ihn wirklich ernst?
"Natürlich hab' ich weniger Lebenserfahrung als der eine oder andere Außenminister. Auf der anderen Seite bring' ich vielleicht einen Blickwinkel ein, den andere so nicht haben. Es gibt sicherlich einige, die das Alter am Anfang überrascht hat, ich glaub' mittlerweile ist das kein allzu großes Thema mehr, und für all jene, für die es noch immer ein Thema ist, kann man sagen, es wird Gott sei Dank mit jedem Tag ein Stück weit besser."
Kurz, Sebastian (ÖVP)
Geboren 1986 in Wien. Der ÖVP-Politiker ist seit Dezember 2013 für die Konservativen zum Außenminister Österreichs ernannt worden. Zuvor war er seit April 2011 Staatssekretär für Integration im Bundesministerium des Inneren und von 2009 an Bundesobmann der Jungen ÖVP. Sein Jurastudium unterbrach beziehungsweise beendete er im April 2011 ohne Abschluss nach seiner Berufung zum Staatsekretär. (Stand 05.12.14)
Geboren 1986 in Wien. Der ÖVP-Politiker ist seit Dezember 2013 für die Konservativen zum Außenminister Österreichs ernannt worden. Zuvor war er seit April 2011 Staatssekretär für Integration im Bundesministerium des Inneren und von 2009 an Bundesobmann der Jungen ÖVP. Sein Jurastudium unterbrach beziehungsweise beendete er im April 2011 ohne Abschluss nach seiner Berufung zum Staatsekretär. (Stand 05.12.14)