
Wie schon länger bekannt ist, soll Kneissl die Denkfabrik "Gorki" leiten. Der Name des an der Universität in St. Petersburg angesiedelten Zentrums steht für "Geopolitisches Observatorium für Russlands Schlüsselfragen". Kneissl sagte nun nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur TASS, sie habe das Gorki-Zentrum mitbegründet. Da es dort eine Menge Arbeit gebe, die viel Aufmerksamkeit erfordere, könne sie das nicht nebenbei machen. Daher ziehe sie für diese Arbeit nach St. Petersburg. Aktuell hat sie bereits ein Haus südöstlich von Moskau bezogen.
Kneissl hatte "Gorki" Anfang August zusammen mit Uni-Rektor Kropatschew beim Wirtschaftsforum in St. Petersburg vorgestellt. Die Denkfanrik soll laut einer von Kneissl verbreiteten Broschüre dabei helfen, die Politik Russlands vor allem im Nahen und Mittleren Osten zu definieren.
Ein Walzer mit Putin
Kneissl war von Dezember 2017 bis Mai 2019 für die rechtspopulistische FPÖ Außenministerin ihres Landes. 2018 lud sie Putin zu ihrer Hochzeit ein, als ihr Land turnusgemäß die EU-Ratspräsidentschaft innehatte. Bilder davon, wie sie mit Putin Walzer tanzt und einen tiefen Knicks vor ihm macht, gingen damals um die Welt.
Die 58-jährige ehemalige Diplomatin und Nahostexpertin war zuletzt unter anderem Gastautorin beim russischen Staatssender RT sowie Aufsichtsrätin beim Ölriesen Rosneft, in dessen Gremium Deutschlands Altbundeskanzler Schröder den Vorsitz hatte. Dieses Amt musste sie im Mai 2022 niederlegen.
"Wegen Drohungen Österreich verlassen"
Aktuell lebt Kneissl in einem russischen Dorf Petruschowo in der Region Rjasan auf rund 200 Kilometer südöstlich von Moskau. Dauerhaft wolle sie dort nicht bleiben – den Sommer über aber schon, sagte sie Mitte August dem "Standard". Die Rjasaner Nachrichtenseite Widsboku zitierte sie mit den Worten, dass sie Österreich wegen Drohungen verlassen musste. In Frankreich habe sie nicht arbeiten dürfen, und es sei ihr dort die Eröffnung eines Bankkontos versagt worden. Sie habe aus Europa fliehen müssen, weil niemand sie aufnehmen wollte.
Diese Nachricht wurde am 13.09.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.