Gestern Vormittag waren die Verhandlungen über eine Dreier-Koalition zwischen ÖVP, SPÖ und den liberalen Neos gescheitert, nachdem die Liberalen ihren Rückzug angekündigt hatten. Bei anschließenden Beratungen hieß es von SPÖ und ÖVP, man sei bereit, die Verhandlungen über ein Zweierbündnis fortzusetzen. Beide Parteien verfügen nach der Nationalratswahl Ende September über eine Mehrheit von einer Stimme im Parlament in Wien. Die meisten Stimmen hatte die rechtspopulistische FPÖ erhalten, mit der aber keine Partei koalieren will.
Neos: Kein Durchbruch in zentralen Fragen
Die Neos-Vorsitzende Meinl-Reisinger hatte in Wien erklärt, man habe die beiden anderen Parteien über das Ende der Gespräche informiert. Trotz intensiver Verhandlungen habe es in zentralen Fragen keinen Durchbruch gegeben. Es habe der dringend notwendige Reformwille gefehlt. Ihre Partei werde aber die vereinbarten Pläne künftig im Parlament unterstützen.
Die SPÖ warf den Neos fehlende Kompromissbereitschaft vor. Die ÖVP gab hingegen den Sozialdemokraten die Schuld für das Scheitern. Die Koalitionsgespräche hatten Mitte November begonnen. Meinl-Reisinger, der ÖVP-Vorsitzende und Bundeskanzler Nehammer sowie SPÖ-Chef Babler hatten noch gestern bis zum späten Abend verhandelt.
Ein politisches Novum scheitert
Seit Mitte November hatten die Parteien über eine sogenannte "Zuckerl-Koalition" verhandelt – eine Anspielung auf die Parteifarben türkis (ÖVP), rot (SPÖ) und pink (Neos). Es wäre die erste Koalition dieser Art in der Geschichte Österreichs gewesen.
Unklar ist, wie ÖVP und SPÖ nun weiterverfahren wollen. Theoretisch verfügen beide Parteien zusammen im neuen Parlament über die knappe Mehrheit von einer Stimme.
FPÖ könnte profitieren
Das Scheitern der Koalitionsgespräche könnte der FPÖ weiteren Auftrieb geben. Bereits bei den Nationalratswahlen Ende September wurde sie erstmals stärkste Kraft im Parlament. Umfragen sehen die Rechtspopulisten derzeit bei bis zu 40 Prozent. Sollte es zu Neuwahlen kommen, könnte die FPÖ einen weiteren Wahlsieg feiern.
Diese Nachricht wurde am 04.01.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.