Österreich
ÖVP bricht Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ ab - Nehammer kündigt Rückzug an

Die Koalitionsverhandlungen in Österreich zwischen der konservativen ÖVP und der sozialdemokratischen SPÖ sind gescheitert.

    Nehammer steht in einem Raum vor vielen Flaggen und gestikuliert mit den Händen.
    Der österreichische Bundeskanzler und ÖVP-Vorsitzende Karl Nehammer. (picture alliance / NurPhoto / Jonathan Raa)
    Der ÖVP-Vorsitzende und Bundeskanzler Nehammer kündigte daraufhin seinen Rücktritt von beiden Ämtern an. Nun muss Bundespräsident van der Bellen über das weitere Vorgehen entscheiden.
    Die ÖVP hatte am Abend mitgeteilt, man habe alles versucht, aber eine Einigung sei in wesentlichen Kernpunkten nicht möglich gewesen. Über die Verhandlungen sagte Nehammer, es sei augenscheinlich, dass die destruktiven Kräfte in der SPÖ die Oberhand gewonnen hätten. Die ÖVP werde keinem wirtschafts- und leistungsfeindlichen Programm zustimmen. Gleichzeitig machte Nehammer klar, dass er weiterhin nicht bereit sei, mit der rechten FPÖ unter Parteichef Herbert Kickl Koalitionsgespräche zu führen. Der Wirtschaftsflügel der ÖVP bevorzugt jedoch eine Koalition mit der FPÖ. Nach dem Scheitern der Regierungsbildung muss Bundespräsident van der Bellen über das weitere Vorgehen entscheiden. Es wird erwartet, dass er sich im Laufe des Tages an die Bevölkerug wendet.

    SPÖ befürchtet "rechtsextremen Kanzler"

    SPÖ-Chef Andreas Babler machte in einer Stellungnahme FPÖ-affine Kräfte unter den Konservativen für das Scheitern einer möglichen Großen Koalition verantwortlich. Der Flügel, der von Anfang an mit der FPÖ geliebäugelt hat, habe sich durchgesetzt. Jetzt drohe "ein rechtsextremer Kanzler", sagte Babler.
    Nach wochenlangen Gesprächen über ein Dreierbündnis hatten tags zuvor bereits die Liberalen ihren Ausstieg aus den Verhandlungen bekanntgegeben. Als Grund nannte Parteichefin Meinl-Reisinger eine mangelnde Reformbereitschaft von ÖVP und SPÖ. Die SPÖ warf den Neos fehlende Kompromissbereitschaft vor. Die ÖVP gab hingegen den Sozialdemokraten die Schuld für das Scheitern.
    ÖVP und SPÖ würden nach der Nationalratswahl Ende September rein rechnerisch über eine Mehrheit von einer Stimme im Parlament in Wien verfügen. Die meisten Stimmen hatte die rechtspopulistische FPÖ erhalten, mit der aber keine Partei koalieren will. Umfragen sehen die Rechtspopulisten derzeit bei bis zu 40 Prozent. Sollte es zu Neuwahlen kommen, könnte die FPÖ einen weiteren Wahlsieg feiern.
    Diese Nachricht wurde am 05.01.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.