Bernadette La Hengst steht auf dem Vorplatz des Bochumer Schauspielhauses und gibt unverdrossen die Musikeinlage zum "Diskotieren fürs Grundeinsingen", eine Diskussionsveranstaltung zur Impulse-Version ihrer Utopie: das "Bedingungslose Grundeinsingen". Das ist eine Revue, die nach dem Muster schlechter Firmen-Jubiläumsparties mit viel Glitzerflitter und bunten, animierten Power-Point-Aufstellungen durch einen Abend führt, an dem das Bedingungslose Grundeinkommen besungen wird. Die drei Darsteller und Text-Mitentwickler Godehard Giese, Bettina Grahs und Claudia Wiedemer überzeugen sowohl als Conferenciers sowie als Allegorien von Arbeit, Zeit und Geld. Die gesamte Truppe bringt viel gute Laune mit und den gut gefüllten Zuschauersaal im kleinen Bochumer prinz regent theater schnell in Schwung – es entsteht tatsächlich ein gemeinsames Erleben. Ein Aspekt, mit dem die neue Festivalleitung Theater definiert.
"Diskotiert" haben, umrauscht vom Bochumer Verkehr, die Veranstaltenden aber im Prinzip unter sich. Beim Thema "Grundeinkommen" entschied sich das Impulse-Publikum eindeutig fürs Teilnehmen. – Denn abgesehen davon, dass es viel Musik gab, prägten diese zwei Prinzipien dieses Jahr die Impulse unter der neuen künstlerischen Leitung von Florian Malzacher: Partizipation und Diskurs.
Der diskursive Anteil steckt dabei ja nicht nur in Diskussionen, sondern auch in Aufsätzen auf der Website des Festivals, außerdem in so genannten "Bildungsreisen", also: gestalteten Busfahrten zwischen zwei Festivalstädten, und darin, dass ein Archiv aus der Taufe gehoben wurde, sodass über Produktionen auch später noch gesprochen werden kann. "Diskurs" steckt darin, dass es statt nach Entdeckungen "schnüffelnden" Scouts und einer Jury einen interdisziplinären Beirat gab, bestehend aus: einer Kuratorin und einer Regisseurin sowie je einer Wissenschaftlerin oder einem Wissenschaftler aus Ethnologie und Politik-, Theater- und Literaturwissenschaft, die über einen Open Call unter anderem über zwei Neuproduktionen entschieden haben:
Eine setzt sich, anhand der Biografie des Künstlers, mit dem Unterschied von australischen und europäischen Menschen auseinander am Beispiel von Ventilator- oder eben Heizungsgeräuschen, die man zum Einschlafen braucht. Die andere mit dem arabischen Frühling. Beiden Impulse-Projekten fehlte allerdings auf sehr unterschiedliche Weise Tiefe.
"Diskotiert" haben, umrauscht vom Bochumer Verkehr, die Veranstaltenden aber im Prinzip unter sich. Beim Thema "Grundeinkommen" entschied sich das Impulse-Publikum eindeutig fürs Teilnehmen. – Denn abgesehen davon, dass es viel Musik gab, prägten diese zwei Prinzipien dieses Jahr die Impulse unter der neuen künstlerischen Leitung von Florian Malzacher: Partizipation und Diskurs.
Der diskursive Anteil steckt dabei ja nicht nur in Diskussionen, sondern auch in Aufsätzen auf der Website des Festivals, außerdem in so genannten "Bildungsreisen", also: gestalteten Busfahrten zwischen zwei Festivalstädten, und darin, dass ein Archiv aus der Taufe gehoben wurde, sodass über Produktionen auch später noch gesprochen werden kann. "Diskurs" steckt darin, dass es statt nach Entdeckungen "schnüffelnden" Scouts und einer Jury einen interdisziplinären Beirat gab, bestehend aus: einer Kuratorin und einer Regisseurin sowie je einer Wissenschaftlerin oder einem Wissenschaftler aus Ethnologie und Politik-, Theater- und Literaturwissenschaft, die über einen Open Call unter anderem über zwei Neuproduktionen entschieden haben:
Eine setzt sich, anhand der Biografie des Künstlers, mit dem Unterschied von australischen und europäischen Menschen auseinander am Beispiel von Ventilator- oder eben Heizungsgeräuschen, die man zum Einschlafen braucht. Die andere mit dem arabischen Frühling. Beiden Impulse-Projekten fehlte allerdings auf sehr unterschiedliche Weise Tiefe.
Alte Hasen souverän
So viel Geld war dann nicht da, aber beabsichtigt waren ursprünglich auch Neuproduktionen internationaler Künstler, quasi ethnologische Auseinandersetzungen mit der einheimischen NRW-Bevölkerung. Das wäre sicher interessant gewesen, im Hinblick darauf, dass es ein Festival-Motto gab, das sich ausdrücklich auf kulturelle Einflüsse bezog: "under the influence". Dieses Motto reflektiert wiederum das Kriterium des deutschsprachigen Raums, den das Festival abdecken soll. Florian Malzacher will den Zuschauer innerhalb einer Gruppe eine Gemeinschaft ästhetisch erleben lassen und ihm aber auch die Reflexion von außen ermöglichen. Die interessanteren Arbeiten kamen dabei eher von den alten Hasen der freien Szene, aber eine Entdeckung sind Deufert & Plischke mit "Entropisches Institut Mühlheim":
"Ich hatte schon in der Grundschule ne vier im Basteln. Aber die hatten keine Ahnung. Wenn die mich jetzt sehen könnten..."
Drei bis vier entspannte Stunden bastelt man Masken, tanzt nach Anweisung und mit Blick auf die anderen im Raum, absolviert einen Audiowalk durch Mülheim, erfährt dabei einiges über Medea und Identitätskonzepte. Man hört auch einem Medienwissenschaftler zu, wie er über "Partizipation" spricht. Nichts daran ist verkrampft. Und tatsächlich hat das Gruppenerleben direkt mit dem Inhalt zu tun. – Aber hier wie bei den Bildungsreisen: Ob man das versteht, wenn man nicht studiert hat?
Malzacher: "Es stimmt: Wenn es darum geht, das größtmögliche Publikum zu erreichen, (...) dann müssten wir Musicals zeigen oder was weiß ich was. Das wär relativ einfach, ist ne politische Entscheidung, dann gibt’s das. Wenn es drum geht, zu gucken, was zeitgenössische Kunst ist im performativen Bereich, dann macht es vielleicht manchmal auch Mühe. (...) Also, ich glaube: Ja! Manche Dinge machen Mühe, aber (...) das muss nicht deswegen nicht-einladend sein. Nicht einladend ist eine bestimmte Arroganz, die sagt: Du verstehst das eh nicht. Aber dass Theater und dass Kunst manchmal auch Mühe macht, finde ich völlig in Ordnung. Ich meine, in welcher Gesellschaft wollen wir leben, wo Dinge nicht Mühe machen können."
Florian Malzacher regt sich fast schon auf. Und sein Argument sticht.
"Ich hatte schon in der Grundschule ne vier im Basteln. Aber die hatten keine Ahnung. Wenn die mich jetzt sehen könnten..."
Drei bis vier entspannte Stunden bastelt man Masken, tanzt nach Anweisung und mit Blick auf die anderen im Raum, absolviert einen Audiowalk durch Mülheim, erfährt dabei einiges über Medea und Identitätskonzepte. Man hört auch einem Medienwissenschaftler zu, wie er über "Partizipation" spricht. Nichts daran ist verkrampft. Und tatsächlich hat das Gruppenerleben direkt mit dem Inhalt zu tun. – Aber hier wie bei den Bildungsreisen: Ob man das versteht, wenn man nicht studiert hat?
Malzacher: "Es stimmt: Wenn es darum geht, das größtmögliche Publikum zu erreichen, (...) dann müssten wir Musicals zeigen oder was weiß ich was. Das wär relativ einfach, ist ne politische Entscheidung, dann gibt’s das. Wenn es drum geht, zu gucken, was zeitgenössische Kunst ist im performativen Bereich, dann macht es vielleicht manchmal auch Mühe. (...) Also, ich glaube: Ja! Manche Dinge machen Mühe, aber (...) das muss nicht deswegen nicht-einladend sein. Nicht einladend ist eine bestimmte Arroganz, die sagt: Du verstehst das eh nicht. Aber dass Theater und dass Kunst manchmal auch Mühe macht, finde ich völlig in Ordnung. Ich meine, in welcher Gesellschaft wollen wir leben, wo Dinge nicht Mühe machen können."
Florian Malzacher regt sich fast schon auf. Und sein Argument sticht.