Die Liste der Unterzeichner ist hochkarätig: Der chinesische Künstler Ai Weiwei gehört dazu, die indische Schriftsstellerin Arundhati Roy, der amerikanische Intellektuelle Noam Chomsky, Friedensnobelpreisträger wie die iranische Menschenrechtsaktivistin Shirin Ebadi und der argentinische Bürgerrechtler Adolfo Perez Esquivel. Auch der frühere griechische Finanzminister Jannis Varoufakis steht auf der Liste, ebenso wie der britische Musiker Brian Eno. Hinzu kommen zahlreiche Juristen und Menschenrechtler sowie Organisationen wie Reporter ohne Grenzen. Sie beschuldigen Schweden und Großbritannien, durch den Umgang mit Assange einen "gefährlichen Präzedenzfall" geschaffen zu haben, der "das Menschenrechtssystem der Vereinten Nationen als Ganzes untergräbt".
Der Brief wurde während einer Sitzung des Menschenrechtsrats in Genf präsentiert. Konkret geht es den Unterzeichnern um ein im Februar veröffentlichtes Rechtsgutachten. Darin war eine Arbeitsgruppe des Menschenrechtskomissariats zu dem Schluss gekommen, dass die jahrelange Zuflucht Assanges in der ecuadorianischen Botschaft in London mit einer willkürlichen Inhaftierung gleichzusetzen sei. Der Australier hatte den Bericht bei einem Auftritt auf dem Balkon der Botschaft als Sieg gefeiert, seine Anwälte beantragten die Aufhebung des seit 2010 bestehenden internationalen Haftbefehls gegen ihren Mandanten. Stockholm und London teilten die Auffassung der UNO-Arbeitsgruppe allerdings nicht. Der britische Außenminister wies das Gutachten als "lächerlich" zurück.
An dieser Haltung stoßen sich die Unterzeichner des Briefes: "Wir verurteilen die Reaktionen der Regierungen in Schweden und Großbritannien auf die Erkenntnisse der UNWGAD, wonach Julian Assange unrechtmäßig inhaftiert ist", heißt es in dem Schreiben, und weiter: "Wir fordern Schweden und Großbritannien auf, die verbindlichen Menschenrechtsregeln zu halten, auf denen die Entscheidung basiert, darunter den UNO-Zivilpakt und die Unabhängigkeit und Autorität des Menschenrechtskommissariats." Beide Regierungen müssten die Ergebnisse der Arbeitsgruppe nun schnellstmöglich umsetzen und Assange sein "Recht auf Bewegungsfreiheit und eine Entschädigung gewähren".
Assange war vor mehr als drei Jahren in die ecuadorianische Botschaft in London geflüchtet, um einem Haftbefehl wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden zu entgehen. Seitdem hat er das Gebäude nicht verlassen, weil er eine Überstellung nach Schweden und eine Auslieferung in die USA fürchet - dort droht ihm seines Erachtens ein Prozess wegen der Veröffentlichung Hunderttausender geheimer Dokumente durch seine Enthüllungsplattform Wikileaks.
(jasi/ach)