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EU-Asylrechtsreform
Offener Brief an Bundesregierung: Anwälte kritisieren Paradigmenwechsel

Mehrere hundert Anwälte haben die Reformpläne zum EU-Asylrecht kritisiert. In einem offenen Brief an die Bundesregierung heißt es, man stehe vor den massivsten Verschärfungen des Flüchtlingsrechts seit Jahrzehnten. Die Juristen monieren vor allem die geplanten Schnellverfahren an den EU-Außengrenzen, die zur Einrichtung von Internierungslagern führen würden.

    Sicht auf das Flüchtlingscamp Lipa in der Nähe von Bihac in Bosnien.
    Das Flüchtlingslager Lipa an der EU-Außengrenze in Bosnien (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Kemal Softic)
    Damit werde ein Zustand der Rechtslosigkeit geschaffen. Weiter heißt es, die Bundesregierung habe bei ihrem Amtsantritt zugesagt, sich für bessere Standards für Schutzsuchende in den Asylverfahren auf europäischer Ebene einzusetzen. Nun betreibe sie eine Politik der Abschottung, die das Recht von Flüchtlingen in Frage stelle. Den Offenen Brief haben rund 700 Anwälte unterzeichnet.
    Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Kurschus, wandte sich gegen verpflichtende Asylverfahren an den EU-Außengrenzen. Damit würden das Recht auf internationalen Schutz und die Genfer Flüchtlingskonvention ausgehöhlt, sagte sie nach Gesprächen in Brüssel. Europa dürfe sich nicht aus seiner humanitären Verantwortung stehlen. Flüchtlingen müsse der Zugang zu fairen und effektiven Asylverfahren auf europäischem Boden gewährt werden. Kurschus betonte, nötig sei vielmehr ein verpflichtender Verteilungsmechanismus, um Staaten an den EU-Außengrenzen vor Überlastung zu schützen.
    Die EU-Innenminister beraten Anfang Juni in Luxemburg über wichtige Gesetzesvorhaben aus dem geplanten Asyl- und Migrationspaket.
    Diese Nachricht wurde am 26.05.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.