Je weiter man aufs Meer hinaus geht, desto stetiger weht der Wind. Das würden sich viele Windenergieanlagenbetreiber gern zunutze machen. Aber sie schreckten vor den hohen Investitionskosten zurück, sagt Marc Guyot von der französischen Firma Eolink. Windenergieanlagentürme in große Wassertiefen zu stellen ist sehr teuer und nur bis zu einer gewissen Tiefe überhaupt technisch machbar. Weiter draußen sind nur schwimmende Windräder möglich. Und genau die will der Ingenieur billiger machen.
"Ein großes Problem sind die Kosten für das Fundament. Deshalb suchen wir nach einem Ansatz, diese Kosten bei schwimmenden Windenergieanlagen zu senken. Unsere Idee ist es, Anlagen ohne Türme zu errichten. Dadurch kann sehr viel Stahl für den Turmbau eingespart werden. Und so ein Turm ist zwar nötig, wenn die Anlage fest auf dem Meeresboden steht – wenn sie aber schwimmt, brauchen Sie ihn nicht."
Statt eines Turms, der den Generator und die Rotorblätter trägt, besteht Marc Guyots Windrad aus einer dreibeinigen Konstruktion aus Stahlrohren. An der Spitze sitzen Generator und Rotorblätter. Der Fuß jedes der drei Stahlrohre besteht aus einem zylinderförmigen Ponton. Dadurch gewinne die ganze Anlage Stabilität, obwohl deutlich weniger Stahl verbaut sei, sagt der Ingenieur. Schließlich sitze man auf einem Stuhl mit drei Beinen auch besser als auf einem Stuhl mit nur einem Bein.
"So ein Stuhl mit nur einem Bein muss viel schwerer sein, da er einem viel größeren Biegemoment ausgesetzt ist. Wenn sie dagegen einen Stuhl mit drei Beinen haben, können die Belastungen gleichmäßig verteilt werden."
Die stabilere Konstruktion der Windenergieanlage verhindere die sonst üblichen Vibrationen und vermindere damit die Ermüdungserscheinungen. Einen Nachteil allerdings hat das Konzept der dreibeinigen Windräder. Die Gondel mit den Rotorblättern kann nicht frei um den Turm herum rotieren, sondern nur in eine Richtung zeigen – sonst würden die Rotorblätter an die Stahlrohre stoßen. Dieses Problem behebt Marc Guyot, indem die Anlage schwimmt, sich also komplett – inklusive der Stahlrohre um sich selbst drehen kann.
"Das hat einen Vorteil, den wir ursprünglich gar nicht erwartet hatten. Es macht die Installation viel einfacher. Einer der großen Vorteile schwimmender Anlagen liegt ja darin, dass sie im Hafen zusammengebaut werden können und dann nur noch aufs Meer hinausgeschleppt und dort verankert werden müssen. Normalerweise ist diese Verankerung aber recht aufwendig, da Sie mehrere Ankerleinen brauchen, die an verschiedenen Stellen im Boden verankert werden müssen, um die Windenergieanlage in einer Position zu stabilisieren. Unsere Anlage aber soll sich ja gerade um sich selbst drehen, deshalb brauchen wir nur eine einzige Ankerleine, in die die Windenergieanlage dann eingestöpselt wird."
Marc Guyot hat sich sein Konzept patentieren lassen. In diesem Sommer wollen er und seine Kollegen erste Tests im Wassertank durchführen und bis 2020 einen Zehn-Megawatt-Prototypen bauen. Seinen Berechnungen nach wird die dreibeinige, schwimmende Konstruktion viel Geld einsparen.
"Wenn wir uns nur den ersten Punkt anschauen, und im Vergleich zu einer herkömmlichen Anlage einfach nur den Turm durch unsere dreibeinige Struktur ersetzen, sparen wir damit 30 Prozent Stahl ein. Das entspricht neun Prozent der gesamten Stromgestehungskosten."
Zusammen mit der einfacheren Installation und den geringeren Ermüdungserscheinungen hofft Marc Guyot mit seinem Konzept auf insgesamt bis zu 30 Prozent Kostenersparnis.