Bei klar- blauem Himmel glitzern tief unten die Wellen der Deutschen Bucht. Winzig klein schippern Containerriesen - hintereinander aufgereiht - in Richtung Elbmündung. Eine halbe Stunde dauert der Hubschrauberflug von Wilhelmshaven aus auf die Kraftwerksbaustellen 60 Kilometer vor der friesischen Küste.
Die ersten Windräder sind in Sicht. Viele schon fertig montiert, bei einigen steht erst der Turm, bei anderen werden gerade die Rotorblätter angebracht. – Ganz sanft setzt der Hubschrauber auf dem Landedeck der "Victoria Mathias" auf. Ein sogenanntes Errichterschiff, eine Mischung aus Schiff und Arbeitsplattform; ein bisschen kleiner als ein Fußballfeld.
Auf vier ausfahrbaren Stahlbeinen ragt die "Victoria Mathias" aus dem Wasser, 20 Meter über der Meeresoberfläche. Auf dem Arbeitsdeck steht der Projektchef des Windparks "Nordsee Ost", Heiner Strauß. Er trägt Bauhelm, Sicherheitsschuhe, gelbe Warnweste:
"Wir stehen jetzt auf dem Hauptdeck des Installationsschiffs, der Victoria Mathias. Wir stehen dicht an dem zu errichtenden Turm. Ein Turmsegment steht schon. Das zweite wird innerhalb der nächsten Stunde platziert werden."
Heiner Strauß schaut hoch zum mächtigen Kranhaken. Langsam senkt ihn der Kranführer aufs Deck. Das zweite Turmstück, 200 Tonnen schwer, wird für die Montage vorbereitet. Der Windpark Nordsee Ost ist in der deutschen See das erste Kraftwerksprojekt von RWE Innogy, einer Tochterfirma von RWE. Drei Windparks hat der Konzern schon vor der britischen, einen vor der belgischen Küste gebaut. Mit Problemen und Unwägbarkeiten, die – verglichen mit der Windrad-Installation an Land – kaum berechenbar sind.
Die Logistik ist komplexer und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Offshore-Parks variieren je nach politischer Lage und Laune der jeweils amtierenden Bundesregierung. Demgegenüber ist das Wetter fast einfach vorherzusagen.
"Wir haben einen sehr, sehr schwierigen Sommer gehabt. Der sah zwar gut aus, aber wir hatten sehr oft hohe Windstärken. Wir hatten mehr Wind als im Jahresdurchschnitt normalerweise sein sollte im Sommer. Das hat dazu geführt hat, dass wir auch Flügel im Zweifel nicht so schnell installieren konnten, wie wir das wollten ..."
... und deshalb musste die Bauplanung dem Wetter angepasst werden. Heiner Strauß und sein Team haben für diesen Fall nicht nur einen "Plan B", sondern gleich noch einen "Plan C" in der Schublade. Wegen des starken Winds im Sommer hat die Mannschaft auf der "Victoria Mathias" nur wenige Rotorblätter montiert, sondern – um keine Zeit zu verlieren - erst einmal alle Türme aufgebaut und dann die Turbinen auf den Türmen installiert. Die Arbeiter tragen signalgelbe Overalls, Walkie-Talkies am Revers, dunkle Sonnenbrillen. Es sind Schwerlastspezialisten, die sich nicht aus der Ruhe bringen lassen:
"Die Leute sind extrem erfahren. Man denkt immer, na ja das kostet alles ein Heidengeld, jede Stunde. Und trotzdem behalten die Jungs die Ruhe. Und das ist auch gut so. Das kann einen manchmal ein bisschen nerven, wenn man das Geld laufen sieht. Aber um das sicher zu machen, ist es notwendig und nichts würde uns mehr aufhalten als hier irgendein Unfall."
Anfang vor zehn Jahren
Vor einem Jahrzehnt erst siedelten sich an der deutschen Küste die ersten Fabriken an, in denen Rotorblätter, Fundamente und die mächtigen Turbinen produziert werden. Für die Aufbau- und Wartungsteams entstanden Schulungszentren. Hier wird dem überwiegend männlichen Offshore-Personal beigebracht, welche Gefahren auf hoher See lauern, wie sie gekenterte Rettungsinseln wieder aufrichten können oder wie sie sich verhalten sollen, wenn etwa der Hubschrauber auf dem Flug zur Arbeit ins Meer stürzt.
Rund 18.000 Arbeitsplätze sind bundesweit entstanden, erklärt Ronny Meyer von der Windenergieagentur. Das ist der Branchenverband der Offshore-Windkraft-Unternehmen:
"Das Positive an der Offshore-Windenergie ist in der Tat, dass es nicht nur energiepolitisch sehr erfolgreich ist, weil man klimaneutralen Strom produziert. Sondern weil man damit auch industriepolitisch Arbeitsplätze schafft. Wir sehen aber, dass andere Länder wie Großbritannien, aber auch Dänemark diese Zeit natürlich auch genutzt haben. Gerade Großbritannien holt ja sehr stark auf und es geht am Ende da um die Frage, wer das denn industriepolitisch gewinnt. Der Markt ist europäisch und kann von Großbritannien oder Deutschland heraus bedient werden."
Doch zuletzt machten die Briten bei der Ansiedlung neuer Fabriken für die Offshore-Branche das Rennen. Denn Siemens beispielsweise baut sein Turbinen-Werk nicht in Cuxhaven, Emden oder Bremerhaven, sondern im britischen Hull. Offizielle Begründung: die ambitionierten Ausbauziele der britischen Regierung. Während hierzulande die Bundesregierung ihre Ziele für den Bau an Offshore-Windparks gerade gesenkt hat: von einst 10.000 auf nur noch 6.500 Megawatt installierter Leistung bis zum Jahr 2020. So viel Strom soll dann – vorausgesetzt, der Wind weht – produziert werden.
Über die Chancen und Hindernisse deutscher Offshore-Windparks wurde zuletzt auf der "Windenergy 2014" heiß diskutiert. Die Messe fand Ende September zum ersten Mal in Hamburg statt, begleitet von Konferenzen und Workshops. Begeistert von den Bedingungen in der Deutschen Bucht ist Iris Franco Fratini, Sprecherin des dänischen Staatsunternehmens Dong Energy.
"Insgesamt ist der Offshore-Markt in Deutschland sehr positiv! Deutschland ist geradezu prädestiniert für Offshore-Wind: Der Wind ist da, die Bodenqualitäten sind sehr gut. Also im Grunde spräche eigentlich nichts dagegen."
Der deutsche Offshore-Windmarkt nimmt kaum Fahrt auf
Aber ähnlich in Fahrt wie in Dänemark oder Großbritannien kommt der deutsche Offshore-Windmarkt nicht. Für fast 40 Projekte hat das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie Baugenehmigungen erteilt. Stand heute sind erst neun Parks fertiggestellt oder im Bau.
Tief verunsichert wurde die Offshore-Branche vor zwei Jahren durch die deutsche Politik. Die damaligen Minister Philip Rösler, Wirtschaft, und Peter Altmaier, Umwelt, hatten vorgeschlagen, die Fördersätze für Offshore-Windstrom zu kappen. Auch rückwirkend für bereits geplante, durchfinanzierte Parks. Ihre Idee einer "Strompreisbremse" verkündeten die beiden Minister im Frühjahr 2012. – Diese wurde nie eingeführt, hatte aber Folgen. Ronny Meyer, der Geschäftsführer der Windenergie-Agentur:
"Es gab keine weiteren Aufträge bei den Zulieferern und alle haben ihre Projekte auf "Warten" gestellt. Und das war keine gute Situation. Das hat auch Arbeitsplätze nicht nur gefährdet, sondern auch wirklich abgebaut. Die Industrie hat Arbeitsplätze abbauen müssen, weil Aufträge fehlten."
Hinzu kamen Verzögerungen beim Netzanschluss der Windparks. Der Strom, mit dem die bis zu 1,5 Milliarden Euro teuren Projekte endlich Geld in die Kassen der Investoren spülen sollten, konnte nicht abtransportiert werden. Mittlerweile hat die Politik reagiert: Die Fördersätze sind immerhin bis zum Jahr 2019 festgeschrieben, die Termine für die Netzanschlüsse stehen fest.
Investiert wurde nicht nur in Rotorblatt- und Turbinenfabriken in Bremerhaven oder in Schwerlast-Kaianlagen in Cuxhaven. Auch auf Helgoland, der einzigen deutschen Hochseeinsel, entstand Infrastruktur für die Offshore-Kraftwerke.
An diesem Morgen auf Helgoland sind gleich drei Herren in Sektlaune:
"Im Moment, glaube ich, gibt es wieder einen Push für den Standort Nordsee. Durch die Entscheidungen des EEG´s, die ja gerade für Offshore sehr vorteilhaft waren, werden wir in den nächsten Monaten noch einige positive Entscheidungen sehen..."
... frohlockt Hans Bünting, Chef der RWE Innogy, bei der feierlichen Eröffnung einer neuen Servicestation.
"Ich bin nach Helgoland gekommen, um gemeinsam mit Ihnen "good news" zu produzieren. Wir haben geliefert in der Form, dass wir Verlässlichkeit aus dem politischen Raum heraus für die Rahmenbedingungen geschaffen haben. Und jetzt kommen die Investoren..."
... bemerkt Uwe Beckmeyer, ein Sozialdemokrat, ein gebürtiger Bremerhavener. Mittlerweile ist er Staatssekretär beim Bundeswirtschaftsminister, zugleich Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft. Er ist eigens aus Berlin auf die Insel geeilt. Und auch Helgolands Bürgermeister Jörg Singer ist an diesem Morgen hoffnungsfroh:
"Man muss mutig sein – und gucken, wo die Chancen liegen. Und dann muss man entscheiden und einfach machen. Das erleben wir gerade in der Offshore-Entwicklung, gerade in der Hafen-Diskussion an den Küsten: Wer früh entschieden hat, der führt auch in diesem Markt..."
Pachtverträge über 25 Jahre
Bürgermeister Singer durfte mit der RWE-Tochter bereits das dritte Unternehmen begrüßen, das im Südhafen der Insel einen Stützpunkt unterhält. Auch die Windpark-Betreiber E.ON und Wind MW haben hier Pachtverträge für über 25 Jahre abgeschlossen.
Die neue Servicestation ist ein schmuckloser Flachbau. In den haushohen Regalen der Lagerhalle stapeln sich Kisten, randvoll mit Ersatzteilen. Im Obergeschoss: Büros hinter Glastüren. Schreibtische, auf denen Laptops summen. An den Wänden ringsum: Tabellen mit Messwerten, technische Zeichnungen.
Im Kontrollraum sitzt Christoph Wolff vor einer Galerie von Bildschirmen. Von hier aus werden die Windturbinen überwacht.
"Hier auf der rechten Seite sehen wir das komplette Baufeld – auch mit den Schiffen, die dort unterwegs sind. Auf der linken Seite monitoren wir dann nachher den Zustand jeder Windkraftanlage, läuft im Moment noch in der Simulation. Wellengang ist für den Betrieb ein ganz wichtiges Thema, weil ab einer gewissen Höhe werden die Überstiege auf die Strukturen gefährlich – und können dann auch nicht mehr durchgeführt werden."
An den Windrädern nagen Salz und Wellen. Seevögel nisten auf Fundamenten und Leitern. Fehler in der Elektronik, defekte Lager, mechanischer Verschleiß: Vier bis fünf Wartungstage pro Anlage sind einkalkuliert. Wann immer es das Wetter zulässt, legen Schiffe mit Technikern ab. Anderthalb Stunden brauchen sie. Von der Küste aus hätten sie vier Stunden Fahrtzeit. Helgoland liegt exponiert in der Deutschen Bucht, sagt Chef-Techniker Florian Wirtz. Ein großer Vorteil, denn Stillstand kostet Geld.
"Wir haben mit Helgoland eigentlich den Kompromiss gefunden, aus der Nähe zum Windpark und kurzen Wegen - und damit der besseren Nutzbarkeit von relativ kleinen Wetter-Fenstern. Und einer komfortablen Unterbringung der Mitarbeiter. Wir versuchen eben auch, ein attraktives Umfeld zu bieten. Inklusive Unterkünften, die hier auf Helgoland in der Qualität bislang schwer zu finden waren."
Der Wohnraum ist knapp auf Helgoland. Für die Offshore-Teams werden Apartment-Häuser rund um den Leuchtturm errichtet. 14 Tage am Stück wohnen Ingenieure und Schwerlast-Spezialisten auf der Insel: aufstehen morgens um halb sechs, dann mit dem Schiff in den Windpark – eine 12-Stunden-Schicht.
Rundflüge über Windturbinen und Bootstouren zu den Offshore-Parks
Allein in den Ausbau des Hafens investiert Helgoland – mit Beteiligung von Bund und Land - rund 20 Millionen Euro. Aus der einstigen Brache ragen Erdhaufen. Mit großem Aufwand wurde hier nach explosiven Altlasten aus den Weltkriegen gesucht. Dass nicht alle Inselbewohner begeistert sind von den Wartungstrupps, weiß auch Helgolands Bürgermeister. Aber Tourismus und Technik seien keine Gegensätze, versichert Jörg Singer. Schon heute bieten Reiseveranstalter Rundflüge über den Windturbinen und Bootstouren zu den Offshore-Parks an.
"Wir wissen, dass 20 Prozent neue Arbeitsplätze auf der Insel entstehen werden. Nächstes Jahr bekommen wir ein neues Schiff. Wir haben eine hervorragende Kita! Und wir freuen uns einfach über mehr Menschen, die hier arbeiten - und dann später irgendwann mal vielleicht auch hier leben. Die Hoffnungen sind riesig, die wir haben!"
Sieben Windparks sind derzeit in der Nordsee im Bau. Ein halbes Dutzend in Planung. Trotzdem bleiben die vier großen deutschen Energieversorger zurückhaltend. EnBW baut seinen zweiten Windpark in der Ostsee. E.on, Vattenfall und die RWE-Tochter RWE Innogy nur jeweils einen einzigen in der Nordsee. RWE Innogy hat Anfang September erst 85 Prozent der Anteile an seinem nächsten Projekt "Nordsee One" an eine kanadische Firma verkauft. Vor der dänischen, britischen und belgischen Küste dagegen boomt das Offshore-Geschäft. Dort - im vergleichsweise flachen Wasser, mit vergleichsweise stabilen Rahmenbedingungen und weniger strengen Umweltschutzauflagen - können die Investoren schneller bauen und Know-how sammeln. Für Christian Growitsch vom Hamburger Weltwirtschafts-Institut hat die aktuelle Zurückhaltung der deutschen Konzerne handfeste wirtschaftliche Gründe:
"Was sich von außen schon beobachten lässt, ist, dass die Finanzausstattung der großen Energiekonzerne durch unterschiedliche Entwicklungen – natürlich auch den Kernenergieausstieg, aber auch die schlechte Ertragslage sonstiger konventioneller Kraftwerke – dass diese Situation dazu geführt hat, dass es Risiken in der Bilanz gibt und einfach eine Situation, die betriebswirtschaftlich relativ bedrohend ist."
Ein Offshore-Windpark schlägt mit rund 1,5 Milliarden Euro zu Buche
Vattenfall hat sich beim Projekt DanTysk mit den Stadtwerken München verbündet. Den Bau des Windparks Borkum realisiert Trianel, darin sind insgesamt 33 Stadtwerke engagiert. Das Projekt "Meerwind" finanziert unter anderem die US-amerikanische Investmentfirma Blackstone. Ein Grund für die Kooperationen sind die Baukosten: Ein Offshore-Windpark schlägt mit rund 1,5 Milliarden Euro zu Buche. Und auch die Risiken beim Bau – nicht nur das Wetter, sondern auch die Launen der rahmensetzenden Politik - sind nur schwer kalkulierbar.
Zudem ist unklar, wie die Förderung der Offshore-Windkraft ab 2020 aussehen wird. Fest steht nur: Die Subventionierung der Hochsee-Kraftwerke über das Erneuerbare-Energien-Gesetz mit seinen festen Vergütungssätzen pro Kilowattstunde wird es dann nicht mehr geben. Geplant sei ein sogenanntes Auktionsmodell, erklärt Ronny Meyer von der Windenergieagentur. Für ihn ein richtiger Schritt, allerdings will er vom federführenden Bundeswirtschaftsministerium möglichst schnell mehr dazu wissen:
"Klingt noch weit weg, 2020. Aber sie müssen heute eigentlich wissen, wie die Förderung 2020 und danach aussieht. Weil sie heute anfangen, diese Projekte zu machen. Wir haben lange Vorlaufzeiten bei Offshore. Deswegen müssen wir heute Klarheit haben. Sonst kommen wir wieder in eine Stillstandsituation und das können wir uns nicht noch mal erlauben!"
Bisher sind nur die Grundzüge des neuen Fördersystems bekannt: Wie in einer Auktion sollen ab dem Jahr 2020 Konzessionen für Windparks vergeben werden: Bewerber, die für ihre Projekte dann am wenigsten Fördergelder benötigen, sollen den Zuschlag erhalten. Fest vergütet wird der Offshore-Strom also auch nach 2020 noch. Dann aber mit möglichst geringen Subventionen. Die Details der Regelung hat das Bundeswirtschaftsministerium bislang nicht ausgearbeitet. Was bedeutet, dass potenziellen Investoren klare Rahmenbedingungen fehlen, um über 2020 hinaus Offshore-Windparks zu planen.
Gleich soll in der Deutschen Bucht das zweite Turmstück mit dem schiffseigenen Kran installiert werden. Die "Victoria Mathias" steht mit der Bordwand nur wenige Meter neben einem leuchtend gelben Stahlfundament, dass schon vor Monaten auf dem Meeresgrund verankert wurde. Jetzt hebt der Kran Zentimeter für Zentimeter das Turmstück vom Deck des Errichterschiffs".
"Wir haben die beiden Turmstücke mit jeweils 200 Tonnen. Und die Turbine, das Maschinenhaus ist 350 Tonnen schwer. Es handelt sich also schon um eine Schwerlast-Operation."
Signe Nielsen hört über ihr Walkie-Talkie den Funkverkehr aus dem Kran mit. Die Dänin ist Bauleiterin für den Offshore-Windpark Nordsee Ost. Sollte der 200-Tonnen-Turm in Schwingen geraten, kann sie sofort eingreifen, alle Arbeiten stoppen.
"All diese Abläufe sind sehr genau geplant. Wenn diese Schwerlastoperationen ablaufen, sind hier unten keine Leute unterwegs. Es ist gut überlegt, immer wieder optimiert und immer genau überwacht."
Zwanzig Minuten später schwebt der 40 Meter lange Koloss nur noch einen halben Meter über dem montierten Turmstück. In dessen Spitze sitzen drei Arbeiter und geben dem Kranführer klare Kommandos.
Immer dünner wird der Spalt zwischen den mächtigen Stahlröhren, lautlos setzt der Kranführer den 200-Tonnen-Turm auf sein Gegenstück. Unten auf dem Arbeitsdeck atmet Heiner Strauß von RWE Innogy kurz durch.
"Was war das jetzt für ein Geräusch? / Das war ein sehr schönes Geräusch! Weil sie da hören, dass die Schrauben angezogen werden von diesem Turmteil. Es ist jetzt hundertprozentig an der richtigen Position und die Leute gehen jetzt bei und schrauben diese Schrauben fest."
Schwere hydraulische Schraubenschlüssel sind nötig, um die armdicken Schrauben anzuziehen. Diese sorgen für Stabilität, wenn im Herbst und Frühjahr Sturm- und Orkanböen über die Nordsee fegen. Wind und Wellen zum Trotz ist "Nordsee Ost" fast im Zeitplan. Und die Arbeiten am nächsten Park, "Nordsee One", sollen im Frühjahr starten. Trotzdem bleibt Heiner Strauß skeptisch, ob nach den bewältigten Startschwierigkeiten der Offshore-Parks in der deutschen See der Ausbau nun schneller vorankommt:
"Uns fehlt die Stetigkeit in diesem Geschäft! Die Zulieferer haben investiert und es gibt einige Zulieferer, die jetzt wieder aufgeben müssen. Und wenn sie nicht ganz aufgeben, konzentrieren sie sich auf andere Felder. Es ist Logistik geschaffen worden, es sind Schiffe jetzt im Markt – das war früher ein Engpass – wir haben Häfen mittlerweile auch, sodass wir eigentlich arbeiten können. Aber es ist, um jetzt wirklich so ganz groß durchzustarten, haben wir die letzten zwei Jahre verpasst!"