25 Jahre lang dürfen die meisten Windenergieanlagen vor der deutschen Nordseeküste Strom liefern. Danach können die Betreiber entweder prüfen lassen, ob die Anlagen noch sicher genug für den Weiterbetrieb sind, oder sie müssen sie abreißen. Für diesen letzten Fall interessiert sich die Umwelttechnikerin Silke Eckardt von der Hochschule Bremen. Sie leitet das Forschungsprojekt See-off, dessen oberstes Ziel es ist, den Eintrag von Fremdstoffen ins Meer zu verhindern.
"Das marine Ökosystem soll ja nicht gestört werden. Und das bedeutet, dass nicht besonders vorsichtig, aber natürlich sehr kontrolliert die Demontage erfolgen muss und dass dann natürlich die Türme auch wieder an Land zurückgebracht werden sollen. Und dass dort auch möglichst alle Teile des Offshore-Windparks einem Recyclingprozess zugeführt werden - oder ein möglichst hoher Anteil."
Die Devise: Möglichst viel wiederverwerten
Die ersten Offshore-Windräder in Deutschland wurden erst vor elf Jahren errichtet, so dass bislang noch keines das Ende seiner Genehmigungszeit erreicht hat. Silke Eckardt und ihre Kolleginnen wollen die verbleibende Zeit nutzen, um verschiedene Rückbau-Konzepte zu untersuchen. Stand der Technik heute ist es, die Anlagen ein bis zwei Meter unterhalb des Meeresbodens abzuschneiden und die Türme per Schiff wieder an Land zu befördern.
"Es gibt auch schon Unternehmen und es gibt auch einige Forschungsprojekte, die sich damit auseinandersetzen, wie man die Gründungsstruktur - das ist der sogenannte Monopile, mit dem ungefähr 80 Prozent der Windenergieanlagen im Meeresboden verankert sind - auch komplett entfernen kann. Das heißt also, man hat dort ein Rohr zum Zeitpunkt der Installation 20, 30 Meter oder noch tiefer in den Meeresboden gerammt. Und im Moment wird das eben nur geschnitten. Aber es könnte sein, dass es in Zukunft heißt: Nein, der Monopile muss komplett wieder aus dem Meeresboden herausgeholt werden."
Fundamente rausholen oder besser drin lassen?
Denkbar wäre aber auch das Gegenteil: ein Abschneiden der Gründungspfeiler fünf Meter oberhalb des Meeresbodens, um diesen möglichst wenig zu stören. Das Team des Forschungsprojekts erforscht insgesamt neun verschiedene solcher Rückbauszenarien und untersucht, welche Kosten sie verursachen würden, welche Folgen sie für die Umwelt und den Arbeitsschutz hätten, wie hoch die Treibhausgasemissionen und Recyclingquoten wären. Die Forschenden schauen dabei nicht nur auf die Windenergieanlagen selbst, sondern auch auf die Verkabelung des Parks, den Transformator und den sogenannten Kolkschutz. Das sind Steine, die am Meeresboden rund um die Gründungsstrukturen gelegt werden, um zu verhindern, dass die Strömung sie freispült, erklärt Silke Eckhardt:
"Das kennen Sie wahrscheinlich, wenn Sie sich an den Strand stellen und Sie stellen einen Fuß ins Meer: Dann stellen Sie fest, dass der Sand drumherum irgendwann durch die Strömung weggespült wird. Und das möchte man natürlich bei Offshore-Windparks vermeiden. Und deswegen setzt man da Steine hin. Das heißt also, die Steine gehören auch dazu. Und wir untersuchen jetzt, ob es vielleicht Sinn machen könnte und vorteilhaft also nachhaltiger und effizienter ist, einfach die Steine vielleicht am Meeresboden zu belassen. Oder die Kabel im Meeresboden zu belassen. Wir untersuchen einfach verschiedene Rückbaukonzepte."
Das Ziel: Ein Handbuch für die Praxis
Dabei ist klar, dass es nicht das eine, für alle Windparks perfekte Rückbaukonzept gibt. Ziel des noch bis Ende des Jahres laufenden Forschungsprojektes ist es deshalb, ein Handbuch zu erstellen, mit dem die Betreiber von Windparks die für ihren Windpark sinnvollste Strategie ermitteln können.