Man muss schon ein bisschen suchen: Auf halbem Wege von den Pavillons der Giardini zu den Hallen der Arsenale, also zwischen den Hauptausstellungsorten der Biennale, dort wo die belebte Via Garibaldi endet und der alte Kanal der Fondamenta S. Ana beginnt - da stößt man auf das Haus Castello Nr. 995, ein heruntergekommenes, mehrhundertjähriges Gebäude. Eine ausgetretene Stiege führt in den 1. Stock, und dort befindet sich der irakische Beitrag zur 54. Kunst-Biennale.
Die Türen der Räume stehen offen, es flimmert, fremde Sprachfetzen und merkwürdig rauschende, tropfende und schäumende Töne, gemischt mit Kampfgeräuschen, dringen auf eine schäbige Diele. Drei alte und drei junge irakische Künstler haben sich hier eingemietet, unter dem Regiment der resoluten amerikanischen Kuratorin Mary Angela Schroth:
"Wir haben zwei Generationen. Die Älteren emigrierten. Bagdad war einst eine aufgeklärte, säkulare Stadt. Dann studierten viele in Europa wegen des Irakisch-Iranischen Krieges, und der verhinderte auch ihre Rückkehr."
Ali Assaf gehört zu älteren Künstlern. Er hat ein melancholisches Video beigesteuert: Ein bärtiger Iraker, der nach dem Vorbild des griechischen Narziss in dunkle Wasser blickt, ein Abtauchen in die Erinnerung an das verschwundene, geschundene Basra seiner Kindheit. Ali Assaf war es, der die Amerikanerin Mary Schroth um Hilfe bei den Vorbereitungen gebeten hat:
"Die Biennale ist sehr komplex, sehr teuer, sie verlangt eine bestimmte Logistik, über die Kuratoren, Regierungen und Künstler meist nicht verfügen."
Die erfahrene Ausstellungsmacherin, die schon bei vielen Biennalen mitgewirkt hat, nahm die Sache in die Hand und fand auch ein Rahmen-Thema für den irakischen Auftritt: "Verwundetes Wasser" - eine Metapher für eine viel zu wenig bekannte, doch dramatisch reale Bedrohung des Zweistromlandes: Wassermangel und -verschmutzung:
"Wir sagen: Wounded Water - Aqua Ferita, aber niemand mag diesen Titel richtig. Wasser ist ja nicht verwundbar wie ein Tier, aber andererseits eben doch."
Wie das Wasser verschwindet, macht der Kurde Walid Siti ironisch deutlich: Er hat eine Pappmaché-Kitschlandschaft mit Wasserfall gebastelt, ein Nachbau des Panoramas von Ali Begh, einer berühmten Touristenattraktion. Doch der größte Wasserfall des Landes, dessen Bild die 1000-Dinar-Banknote ziert, ist längst trocken gefallen. Der Grund ist, dass für die Förderung von einem Barrel Erdöl eineinhalb Barrel Wasser nötig sind.
Der junge Video-Künstler Adel Abidin zeigt dramatisch, was im Irak auf dem Spiel steht: Smarte Manager-Typen im Wettstreit um Einflusszonen und Ressourcen zwischen nüchternen Büromöbeln, als Kampfschwerter dienen fluoreszierende Neon-Röhren, die irgendwann im Handgemenge zu Bruch gehen: Kurzschluss - Blackout. Eine spannende Melange aus "Star Wars" und globalisierter Realität, Spiel und Ernst, ganz ohne erhobene Zeigefinger.
"Die jüngeren Künstler blieben in Irak, bis 2003 die Amerikaner einmarschierten. Seitdem leben und arbeiten viele in aller Welt. Unsere Auswahl zeigt, wie hoch die Qualität ist, mit der sie jetzt nach Venedig zurückkehren."
Trotz langer ästhetischer Isolation sind die jungen Iraker Weltkünstler. Interessant, dass der 1975 in Bagdad geborene Shootingstar Ahmed Alsoudani mit einer Malerei in europäischer Tradition international Erfolg hat: Zwischen Ruinen und geborstenen Möbeln fliegen Masken, zerstörte Gesichter und zerhackte Gliedmaßen, Lumpen, Gedärme und Knochen durchs Bild. Bagdad als makabre Bühne eines Welttheater im Geiste Max Beckmanns.
In der Tatsache, dass die jungen Iraker heute kaum Vergangenheitsbewältigung treiben, will die Kuratorin Mary Angela Schroth keine Parallele zu Nachkriegsdeutschland sehen, sondern eher ein gesundes Stück Optimismus:
"Unser Beitrag will signalisieren, dass Irak auf dem Weg ist, zurück zur Normalität. Das Land wird aufgebaut, alte Künstler kommen zurück oder bleiben, und die jungen machen erstaunliche Sachen! Es ist nur eine Frage der Zeit, aber die Bereitschaft besteht!"
Die Türen der Räume stehen offen, es flimmert, fremde Sprachfetzen und merkwürdig rauschende, tropfende und schäumende Töne, gemischt mit Kampfgeräuschen, dringen auf eine schäbige Diele. Drei alte und drei junge irakische Künstler haben sich hier eingemietet, unter dem Regiment der resoluten amerikanischen Kuratorin Mary Angela Schroth:
"Wir haben zwei Generationen. Die Älteren emigrierten. Bagdad war einst eine aufgeklärte, säkulare Stadt. Dann studierten viele in Europa wegen des Irakisch-Iranischen Krieges, und der verhinderte auch ihre Rückkehr."
Ali Assaf gehört zu älteren Künstlern. Er hat ein melancholisches Video beigesteuert: Ein bärtiger Iraker, der nach dem Vorbild des griechischen Narziss in dunkle Wasser blickt, ein Abtauchen in die Erinnerung an das verschwundene, geschundene Basra seiner Kindheit. Ali Assaf war es, der die Amerikanerin Mary Schroth um Hilfe bei den Vorbereitungen gebeten hat:
"Die Biennale ist sehr komplex, sehr teuer, sie verlangt eine bestimmte Logistik, über die Kuratoren, Regierungen und Künstler meist nicht verfügen."
Die erfahrene Ausstellungsmacherin, die schon bei vielen Biennalen mitgewirkt hat, nahm die Sache in die Hand und fand auch ein Rahmen-Thema für den irakischen Auftritt: "Verwundetes Wasser" - eine Metapher für eine viel zu wenig bekannte, doch dramatisch reale Bedrohung des Zweistromlandes: Wassermangel und -verschmutzung:
"Wir sagen: Wounded Water - Aqua Ferita, aber niemand mag diesen Titel richtig. Wasser ist ja nicht verwundbar wie ein Tier, aber andererseits eben doch."
Wie das Wasser verschwindet, macht der Kurde Walid Siti ironisch deutlich: Er hat eine Pappmaché-Kitschlandschaft mit Wasserfall gebastelt, ein Nachbau des Panoramas von Ali Begh, einer berühmten Touristenattraktion. Doch der größte Wasserfall des Landes, dessen Bild die 1000-Dinar-Banknote ziert, ist längst trocken gefallen. Der Grund ist, dass für die Förderung von einem Barrel Erdöl eineinhalb Barrel Wasser nötig sind.
Der junge Video-Künstler Adel Abidin zeigt dramatisch, was im Irak auf dem Spiel steht: Smarte Manager-Typen im Wettstreit um Einflusszonen und Ressourcen zwischen nüchternen Büromöbeln, als Kampfschwerter dienen fluoreszierende Neon-Röhren, die irgendwann im Handgemenge zu Bruch gehen: Kurzschluss - Blackout. Eine spannende Melange aus "Star Wars" und globalisierter Realität, Spiel und Ernst, ganz ohne erhobene Zeigefinger.
"Die jüngeren Künstler blieben in Irak, bis 2003 die Amerikaner einmarschierten. Seitdem leben und arbeiten viele in aller Welt. Unsere Auswahl zeigt, wie hoch die Qualität ist, mit der sie jetzt nach Venedig zurückkehren."
Trotz langer ästhetischer Isolation sind die jungen Iraker Weltkünstler. Interessant, dass der 1975 in Bagdad geborene Shootingstar Ahmed Alsoudani mit einer Malerei in europäischer Tradition international Erfolg hat: Zwischen Ruinen und geborstenen Möbeln fliegen Masken, zerstörte Gesichter und zerhackte Gliedmaßen, Lumpen, Gedärme und Knochen durchs Bild. Bagdad als makabre Bühne eines Welttheater im Geiste Max Beckmanns.
In der Tatsache, dass die jungen Iraker heute kaum Vergangenheitsbewältigung treiben, will die Kuratorin Mary Angela Schroth keine Parallele zu Nachkriegsdeutschland sehen, sondern eher ein gesundes Stück Optimismus:
"Unser Beitrag will signalisieren, dass Irak auf dem Weg ist, zurück zur Normalität. Das Land wird aufgebaut, alte Künstler kommen zurück oder bleiben, und die jungen machen erstaunliche Sachen! Es ist nur eine Frage der Zeit, aber die Bereitschaft besteht!"