In den heutigen Klimamodellen ist die Erdatmosphäre keine dünne Hülle und der Ozean keine Pfütze. Beide werden als das behandelt, was sie sind: als Luft- beziehungsweise Wasserkörper, der sich räumlich stark ausdehnt. Und in dem vielschichtige Austauschprozesse ablaufen. Mit den kontinentalen Landmassen nehmen es die Klima- und Atmosphärenmodelle dagegen nicht so genau:
"Sie behandeln den Boden eigentlich nur als sehr flach."
Das ist ein Manko, wie Stefan Kollet jetzt zeigen kann. In einer neuen Modellstudie, die der Hydrogeologe von der Universität Bonn verfasst hat, zusammen mit einem Kollegen aus den USA. Aus der Untersuchung lasse sich ableiten,
"dass man Grundwasser in den Prozessen an der Landoberfläche und in der unteren Atmosphäre nicht vernachlässigen darf."
In den heutigen Klimamodellen trockne der Boden zu schnell aus, sagt Kollet. Weil sie darauf verzichteten, auch die Grundwasser-Ströme zu simulieren. In der neuen Studie hat der Bonner nun beides vermählt: ein Modell, das Verdunstungsraten und Energieflüsse an der Oberfläche simuliert. Und ein zweites für die Grundwasser-Strömungen im Boden. Als Modellregion wählte der Bonner Forscher einen Landstrich, in dem er selbst einige Jahre lang geforscht hat: die berühmten Great Plains im Mittleren Westen der USA. Ein riesiges Agrargebiet, in dem vor allem Mais und Soja angebaut wird. Die Wahl fiel Kollet und seinem US-Kollegen nicht schwer. Denn aus den Great Plains liegt eine Fülle von Messdaten vor:
"Also, es gibt dort Messungen an Klimastationen. Dort gibt es Sonden im Untergrund, die Temperaturen im Untergrund messen und Bodenfeuchte im Untergrund messen. Es gibt auch eine Anzahl von Brunnen, wo Grundwasser-Messstände gemessen werden - von Kollegen in den USA."
In ihrer Studie simulierten die beiden Forscher, was geschähe, wenn sich das Klima in der Region um 2,5 Grad Celsius erwärmte. Die Vegetation würde dann mehr Wasser verdunsten, der Boden mehr Feuchte verlieren. Und die Frage wäre: Würde er ganz austrocknen? Weil der Faden zum Grundwasser abreißt und die Kapillarkräfte in den Bodenporen nicht mehr ausreichen, um es nach oben zu befördern? Würden die Verdunstungsprozesse an der Landoberfläche also ins Stocken kommen?
"Wir haben festgestellt, dass die Landoberflächenprozesse sehr stark abhängig sind von der Lage des Grundwasserspiegels. Wenn der Grundwasserspiegel zum Beispiel weiter weg ist, mehr als fünf Meter, sieben Meter, zehn Meter, sind die Prozesse relativ abgekoppelt von der Landoberfläche. Weil Wasser von dem Grundwasserspiegel nicht mehr umverteilt werden kann an die Landoberfläche."
In diesem Fall gäbe es an der Oberfläche nichts mehr zum Verdunsten, und die Erwärmung würde umso stärker durchschlagen. Denn wenn Wasser verdunstet, ist das ein endothermer Prozess. Er entzieht der Umgebung Wärme; folglich kommt es zu einer Abkühlung. Doch ohne Kontakt zum Grundwasser bleibt dieser Effekt aus. So war es zum Beispiel im Hitzesommer 2003. In Osteuropa trockneten die Böden damals völlig aus. Die Folge waren extreme Temperaturen. Eigentlich aber gibt Stefan Kollets neue Studie eher Anlass zur Hoffnung. Und zwar für die Einzugsgebiete von Flüssen. Auch 2,5 Grad mehr ändern in der Simulation kaum etwas an ihrer Grundwasser-Speisung:
"Es ist so, dass entlang von Fluss-Korridoren das Grundwasser konstant flach gehalten wird und eben nicht weiter absinkt. Und dadurch wird sich auch das lokale Klima dort nach unserer Studie nicht extrem verändern."
Wobei die Ergebnisse aus dem Mittleren Westen der USA durchaus übertragbar seien, wie Kollet hinterherschickt:
"Man kann auch zum Beispiel in den Rheingraben gehen, wo sehr stark Landwirtschaft betrieben wird, wo man genau die gleichen Prozesse beobachten kann."
Deutschland ist ein Land mit großer Flussdichte. Könnte es also sein, dass regionale Klimamodelle das Ausmaß der künftigen Erwärmung im Moment überschätzen? Für Kollet ist das vorstellbar. Der Bonner Hydrogeologe empfiehlt deshalb, die Modelle in Zukunft zu ergänzen – und auch sie mit Grundwasser zu speisen.
"Sie behandeln den Boden eigentlich nur als sehr flach."
Das ist ein Manko, wie Stefan Kollet jetzt zeigen kann. In einer neuen Modellstudie, die der Hydrogeologe von der Universität Bonn verfasst hat, zusammen mit einem Kollegen aus den USA. Aus der Untersuchung lasse sich ableiten,
"dass man Grundwasser in den Prozessen an der Landoberfläche und in der unteren Atmosphäre nicht vernachlässigen darf."
In den heutigen Klimamodellen trockne der Boden zu schnell aus, sagt Kollet. Weil sie darauf verzichteten, auch die Grundwasser-Ströme zu simulieren. In der neuen Studie hat der Bonner nun beides vermählt: ein Modell, das Verdunstungsraten und Energieflüsse an der Oberfläche simuliert. Und ein zweites für die Grundwasser-Strömungen im Boden. Als Modellregion wählte der Bonner Forscher einen Landstrich, in dem er selbst einige Jahre lang geforscht hat: die berühmten Great Plains im Mittleren Westen der USA. Ein riesiges Agrargebiet, in dem vor allem Mais und Soja angebaut wird. Die Wahl fiel Kollet und seinem US-Kollegen nicht schwer. Denn aus den Great Plains liegt eine Fülle von Messdaten vor:
"Also, es gibt dort Messungen an Klimastationen. Dort gibt es Sonden im Untergrund, die Temperaturen im Untergrund messen und Bodenfeuchte im Untergrund messen. Es gibt auch eine Anzahl von Brunnen, wo Grundwasser-Messstände gemessen werden - von Kollegen in den USA."
In ihrer Studie simulierten die beiden Forscher, was geschähe, wenn sich das Klima in der Region um 2,5 Grad Celsius erwärmte. Die Vegetation würde dann mehr Wasser verdunsten, der Boden mehr Feuchte verlieren. Und die Frage wäre: Würde er ganz austrocknen? Weil der Faden zum Grundwasser abreißt und die Kapillarkräfte in den Bodenporen nicht mehr ausreichen, um es nach oben zu befördern? Würden die Verdunstungsprozesse an der Landoberfläche also ins Stocken kommen?
"Wir haben festgestellt, dass die Landoberflächenprozesse sehr stark abhängig sind von der Lage des Grundwasserspiegels. Wenn der Grundwasserspiegel zum Beispiel weiter weg ist, mehr als fünf Meter, sieben Meter, zehn Meter, sind die Prozesse relativ abgekoppelt von der Landoberfläche. Weil Wasser von dem Grundwasserspiegel nicht mehr umverteilt werden kann an die Landoberfläche."
In diesem Fall gäbe es an der Oberfläche nichts mehr zum Verdunsten, und die Erwärmung würde umso stärker durchschlagen. Denn wenn Wasser verdunstet, ist das ein endothermer Prozess. Er entzieht der Umgebung Wärme; folglich kommt es zu einer Abkühlung. Doch ohne Kontakt zum Grundwasser bleibt dieser Effekt aus. So war es zum Beispiel im Hitzesommer 2003. In Osteuropa trockneten die Böden damals völlig aus. Die Folge waren extreme Temperaturen. Eigentlich aber gibt Stefan Kollets neue Studie eher Anlass zur Hoffnung. Und zwar für die Einzugsgebiete von Flüssen. Auch 2,5 Grad mehr ändern in der Simulation kaum etwas an ihrer Grundwasser-Speisung:
"Es ist so, dass entlang von Fluss-Korridoren das Grundwasser konstant flach gehalten wird und eben nicht weiter absinkt. Und dadurch wird sich auch das lokale Klima dort nach unserer Studie nicht extrem verändern."
Wobei die Ergebnisse aus dem Mittleren Westen der USA durchaus übertragbar seien, wie Kollet hinterherschickt:
"Man kann auch zum Beispiel in den Rheingraben gehen, wo sehr stark Landwirtschaft betrieben wird, wo man genau die gleichen Prozesse beobachten kann."
Deutschland ist ein Land mit großer Flussdichte. Könnte es also sein, dass regionale Klimamodelle das Ausmaß der künftigen Erwärmung im Moment überschätzen? Für Kollet ist das vorstellbar. Der Bonner Hydrogeologe empfiehlt deshalb, die Modelle in Zukunft zu ergänzen – und auch sie mit Grundwasser zu speisen.