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Ohne Staub kein Niederschlag
Physiker untersuchen den Ursprung der Wolken

Immer wieder wird Staub aus der Sahara in luftiger Höhe bis nach Europa transportiert. Und offenbar profitiert die Atmosphäre durch kleinste Sandkörner. Denn nur durch sie können sich überhaupt Wolken entwickeln. In einem Labor in Karlsruhe wird das Wechselspiel von Staub und Wolkentröpfchen untersucht.

Von Karl Urban | 08.04.2014
    Wie Wolken entstehen, ist kein Geheimnis: nicht für Meteorologen und schon gar nicht für Physiker.
    "Was braucht der Forscher für eine Wolke? Richtig, Feuchtigkeit: Also geben wir mal Feuchtigkeit rein."
    Ein Stahlzylinder mit durchsichtigem Deckel, eine Luftpumpe und sein eigener Atem: Daraus erzeugt Thomas Leisner eine Wolke in der Dose. Wenn nämlich Druck und Temperatur sinken, kondensieren wie von selbst feine Wassertröpfchen, und in der Dose wabern Nebelschwaden – wie hoch in der Atmosphäre. Im Karlsruher Wolkenlabor des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung geht es aber vor allem darum, die kleinsten Bausteine der Wolken zu verstehen: die Tröpfchen.
    "Jetzt sehen wir hier so eine kleine Klimakammer, das hat so eine achteckige Grundform. Von hinten kommen Kühlflüssigkeiten, die das jetzt auf die Wolkentemperatur abkühlen."
    Feiner Staub fördert das Gefrieren
    Und zwar auf rund minus 25 Grad Celsius: das entspricht einer Temperatur in über vier Kilometern Höhe. In der Klimakammer fangen die Forscher zunächst ein einzelnes Tröpfchen und wollen es zu Eis erstarren lassen. Denn nur Eispartikel sind irgendwann schwer genug, um nach unten zu fallen. Zum Gefrieren ist selbst bei zweistelligen Minusgraden aber eine kleine Starthilfe nötig – in Form eines Kondensationskeims. Hier im Labor ist die Auswahl genauso so groß wie in der Natur.
    "Wir haben hier Proben von Wüstenstäuben aus aller Welt, aber auch Bakterien und andere organische Materialien, die wir zu Staub verarbeiten können."
    Nicht alles, was durch die Luft fliegt, funktioniert gleich gut: Pollen und Staubpartikel aus dem Mineral Feldspat lassen Wolken sehr schnell entstehen. Salzkristalle oder organische Partikel aus einem Waldbrand sind eher weniger effizient.
    "Die werden dann hier in diesem Gerät der Größe nach klassifiziert, sodass wir also Staubpartikel einer wohldefinierten Größe an unserem unterkühlten Tropfen, den wir in der Schwebe halten, vorbeiströmen lassen können. Dann können wir sehen, mit welcher Wahrscheinlichkeit so ein Kontakt von einem Staubpartikel und einem viel größeren Wolkentropfen zum Gefrieren des großen Wolkentropfens führt."
    Was genau in der Wolke passiert, zeichnet eine Hochgeschwindigkeitskamera auf: In einigen Millionstel Sekunden friert das Tröpfchen von außen nach innen. In der Mitte bleibt ein flüssiger Kern, wodurch der Eispanzer nach weiteren Sekundenbruchteilen wie eine Wasserflasche im Gefrierfach platzt. Diese Explosion ist für die Wolkenbildung entscheidend, erklärt Thomas Leisner.
    "Wenn nun ein Tröpfchen beim Gefrieren explodiert, dann entstehen natürlich viele neue kleine Eispartikel, die nun ihrerseits wieder flüssige Tröpfchen zum Gefrieren bringen können oder selbst wachsen können, sodass wir eine Art Kettenreaktion in so einer Wolke auslösen können."
    Ein tieferes Verständnis dieser Prozesse soll vor allem bestehende Wettermodelle weiter verbessern. Die Wolkenforscher versuchen aber zunehmend auch, bei Nacht leuchtende Wolken zu untersuchen. Die entstehen jeden Sommer knapp 100 Kilometer über Nord- und Südpol und werden wegen ihrer großen Höhe noch von der Sonne angestrahlt.
    "Man hat festgestellt, dass die in den letzten Jahrzehnten immer häufiger zu sehen sind - und es ist bislang nicht klar, warum das so ist. Und wir fragen uns natürlich, ob das etwas mit dem Klimawandel zu tun haben könnte. Aber das ist derzeit nicht erwiesen."
    Die Bedingungen in solch großen Höhen kann Leisner mit seinem Team ebenfalls nachstellen. Die nachtleuchtenden Wolken bilden sich, wenn sich Wasserdampf an den Überresten kleiner Meteoriten niederschlägt, die ständig in die Erdatmosphäre eindringen. Warum die Zahl dieser Wolken aber zunimmt, ist bisher noch ungeklärt.