Was kommt dabei heraus, wenn man gleich zwei junge Nachwuchsfahrer engagiert, die noch nie in der Formel 1 an den Start gegangen sind? Und wenn man gleichzeitig rund 20 Millionen Dollar eines russischen Düngemittelherstellers in das Projekt steckt?
Die Antwort hat der amerikanische Rennstall Haas in der letzten Saison geliefert. Sie lautet: Außer dem Nervenkitzel einer Rivalität zwischen den Fahrern im Team und dem einen oder anderen Eklat offensichtlich nichts.
Dem einen – Mick Schumacher, Sohn des siebenfachen Formel-1-Weltmeisters Michael Schumacher – wird die Erfahrung trotz der enttäuschenden Resultate wahrscheinlich trotzdem weiterhelfen. Dem anderen – Nikita Masepin – wohl kaum. Dessen Auftritt, finanziert vom Geld seines Vaters, des russischen Oligarchen Dimitri Masepin, ging vor wenigen Tagen zu Ende.
Für eine Trennung hätte es bereits vorher gute Anlässe gegeben. Denn der 23-jährige war in vielen Belangen überfordert und landete häufig im Schotter der Auslaufzonen rechts und links der Piste. Bei der Premiere vor einem Jahr bereits in der dritten Kurve.
Vater Masepin drohte
Und selbst auf gerader Stecke fuhr er konstant schlechtere Zeiten als sein Stallgefährte. Wofür der fürsorgliche Vater allerdings teaminterne, dunkle Kräfte verantwortlich machte. Er drohte vor den Dokumentarfilm-Kameras des Fernsehkanals Netflix unverhohlen:
“Was macht ihr mit meinem Sohn? Wenn das nicht anders wird, zahlen wir kein Geld mehr. Und bestreiten keine Rennen mehr. Das wird ein riesiges Problem.”
Doch weil es nicht zum offenen Konflikt kam, spulte Team Haas den Rest der Saison einfach ab. Mit einem denkwürdigen Resultat: einer Bilanz von insgesamt null Punkten. Mick Schumacher hatte diese ernüchternde Erfahrung vor ein paar Wochen in einem Interview mit dem britischen Paddock Magazine allerdings bereits abgehakt: Neue Saison. Neues Spiel. Neues Glück:
“Wir haben uns viele Gedanken gemacht, und in der Fabrik hat man sehr lange an dem neuen Wagen gearbeitet. Ich bin sicher, wir haben, was wir für eine gute und erfolgreiche Saison brauchen.”
Was er nicht ahnen konnte, dass sich nur wenig später die Ereignisse förmlich überschlagen würden. Erst sagte die Formel 1 aufgrund der Invasion in der Ukraine den Renntermin im russischen Sotchi im September ab. Dann reagierte man bei Haas und warf Masepin aus dem Team und tilgte die Uralkali-Werbeaufschrift auf dem Wagen.
Geld bleibt beim Team
Die vor der Saison bereits eingenommenen russischen Millionen will man allerdings behalten. Weshalb Masepin senior, ein Mann mit besten Verbindungen zu Wladimir Putin, eine Zivilklage ankündigte. Und Masepin junior versprach, die erhoffte Rückerstattung großzügig in ein neues Projekt mit politischem Symbolcharakter zu investieren: in eine Stiftung, die russische Athleten unterstützen soll.
“Geld und andere Mittel gehen an Sportler, die sich ihr Leben lang auf Olympische und Paralympische Spiele oder andere bedeutende Ereignisse vorbereitet haben. Nur um festzustellen, dass ihnen die Teilnahme untersagt oder sie kollektiv bestraft wurden, weil sie einen bestimmten Pass besitzen.”
Die Ankündigung kam womöglich etwas voreilig. Denn nur wenige Tage später landeten beide, Vater und Sohn, auf der Sanktionsliste der Europäischen Union, was Haas juristisch Rückendeckung gibt. Die Maßnahme sorgt dafür, das gesamte Vermögen der beiden einzufrieren. Dazu kommt ein Einreiseverbot für die Länder der EU.
Auch Andretti mit Formel-1-Ambitionen
Die Lücke im Team wurde schnell gefüllt: Mit dem 29-jährigen Dänen Kevin Magnussen, der zwischen 2017 und 2020 bereits bei Haas unter Vertrag stand. Der hinterließ bei Trainingsfahrten in Bahrain einen sehr guten Eindruck. Dort, wo in einer Woche der Saison-Auftakt stattfindet.
Es gibt aus dem Umfeld des Rennstalls keine Anzeichen, dass man sich wirtschaftliche Sorgen macht. Team-Eigentümer Gene Haas, ein erfolgreicher Werkzeugmaschinenhersteller und seit Jahren in der amerikanischen NASCAR-Serie involviert, hat tiefe Taschen. Aber sicher auch Antennen für die Ambitionen seines Landsmanns Michael Andretti. Der hatte im Herbst versucht, das Alfa-Romeo-Team zu kaufen, das einem in der Schweiz ansässigen Investmentfonds gehört. Das Geschäft kam nicht zustande. Andretti ist ein ehemaliger Formel-1-Fahrer, der sich in der IndyCar-Serie und in der Formel E engagiert. Aufgrund seiner italienischen Abstammung pflegt er eine romantische Beziehung zu den Automarken aus dem Land seiner Vorfahren.t. Er ließ durchblicken: “Das Interesse ist noch immer groß. Ich liebe die Formel 1. Und für unsere Marke wäre das einfach riesig.”