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Oligarchen in Großbritannien
Auf Kleptokratentour in London

Die britische Regierung droht Moskau nach dem Giftgasattentat auf den früheren russischen Doppel-Agenten mit Sanktionen. Denkbar sind auch Maßnahmen gegen Oligarchen, die in London millionenschwere Luxushäuser gekauft haben. Dorthin luden Bürgerrechtler zu einer Kleptokratentour ein.

Von Friedbert Meurer |
    Margaret Hodge, die Geldwäsche-Expertin und Unterhausabgeordnete von Labour, mit Roman Borisovich, dem Organisator der Kleptokraten-Bustour durch London
    Margaret Hodge, die Geldwäsche-Expertin und Unterhausabgeordnete von Labour, mit Roman Borisovich, dem Organisator der Kleptokraten-Bustour durch London (Deutschlandfunk / Friedbert Meurer)
    "Ich heiße Sie hier in unserem Bus zu unserer Kleptokratentour willkommen!" Roman Borisovich, ein russischer Menschenrechtsaktivist, hält ein Mikrofon in der Hand. Unsere Busfahrt beginnt gegenüber vom Parlament in Westminster. "Kleptokraten haben ihr Geld und ihre politische Macht durch Korruption erworben."
    Nach einer halben Stunde erreichen wir durch den dichten Londoner Verkehr den Eaton Square, eine der feinsten Londoner Adressen mit prachtvollen weiß getünchten Adelshäusern aus dem frühen 19. Jahrhundert, mit Säulen links und rechts der Eingänge. "Das hier ist eine prächtige Stadtvilla", schwärmt Luke Harding, Russland-Experte der Zeitung "Guardian". "Im Foyer gibt es zwei frei schwebende Treppen mit alten Laternen. Das Parkett ist wunderschön. Von den Balkonen aus haben Sie einen Blick auf den Eaton Square."
    Oligarchen haben die teuersten Londoner Villen gekauft
    2014 habe Andrej Goncharenko, ein Oligarch, der früher ein Tochterunternehmen von Gasprom leitete, die Villa Nummer 102 Eaton Square über eine Briefkastenfirma gekauft - für umgerechnet rund 20 Millionen Euro. Zuletzt war das Gebäude von Autonomen besetzt. Sie sprühten unter anderem ein Graffiti an eine Innenwand mit der Frage: "Wer sind deine Verbündeten? Sie sind alle Spione."
    Weiter geht es zum nur wenige Meter entfernten Belgrave Square, hier liegt auch die Deutsche Botschaft. Hausnummer 5, ebenfalls Stadtvilla mit imposanten Säulen, gehöre Oleg Deripaska, berichtet Andrew Foxall vom "Russia Studies Centre" in London, der auch an der Bustour teilnimmt.
    Das Haus Nr. 5 Belgrave Square im vornehmen Londoner Stadtteil Belgravia soll dem Oligarchen Oleg Deripaska gehören
    Das Haus Nr. 5 Belgrave Square im vornehmen Londoner Stadtteil Belgravia soll dem Oligarchen Oleg Deripaska gehören (Deutschlandradio / Friedbert Meurer)
    "Das Haus hat 11 Zimmer, sechs Stockwerke, aus der Zeit George`s IV. Deripaska hat sein Geld im sogenannten ‚großen, patriotischen Aluminium-Krieg‘ in Russland gemacht. Er hatte angeblich mit ziemlich gewalttätigen Leuten zu tun."
    Viele Millionäre und Milliardäre sind Putins Freunde
    In London laufen juristische Klagen gegen den Oligarchen. Die USA haben ihm sein Visum entzogen.
    Nur wenige Straßenzüge weiter versucht der Fahrer der Kleptokratentour, in die Cadogan Lane einzubiegen. Sie erweist sich aber als zu schmal für den Bus. Hier befinden sich die "Mews Houses" der Stadtvillen, also die ehemaligen Stallungen und Dienstbotenwohnungen. Ein bescheiden aussehendes Reihenhaus kostet hier um die vier Millionen Euro.
    "Das Haus Nummer 46 gehört Roman Rotenberg, einem Sohn von Boris Rotenberg. Er und sein Bruder Arkadi sind Jugendfreunde und ehemalige Judo-Sparringspartner von Wladimir Putin." Arkadi Rotenberg steht laut der Zeitung "Daily Mail" auf einer Liste von Oligarchen, deren Vermögen wegen der Spionageaffäre von der britischen Regierung eingefroren werden könnte.
    Geld aus korrupten Quellen in Immobilien angelegt
    Margaret Hodge betritt den Bus, eine Labour-Abgeordnete. Seit Jahren macht sie sich für schärfere Gesetze gegen Geldwäsche stark. "Das Vereinigte Königreich hilft dabei, Geld aus korrupten Quellen, aus illegalen Aktivitäten oder aus Steuerhinterziehung und -vermeidung hier anzulegen."
    Hodge lobt aber den "Criminal Finance Bill", das Geldwäschegesetz vom letzten Jahr. Jetzt könnten die Käufer von Häusern und Luxusappartements gezwungen werden darzulegen, wie sie die Immobilie bezahlen konnten. Leider aber, so die Labour-Frau, dürften immer noch Käufe über anonyme Briefkastenfirmen getätigt werden, die ihren Sitz oft in den britischen Überseegebieten hätten. Die Regierung erwäge leider ein Verbot dieser Praxis erst frühestens 2021.
    "London ist der korrupteste Ort der Welt"
    Roman Borisovich, der die Kleptokraten-Tour leitet, fällt jetzt ein noch härteres Urteil als Hodge. "Für uns ist London der korrupteste Ort der Welt. Nirgendwo ist die Konzentration an schmutzigem Geld pro Quadratmeter so hoch wie hier. Mir tut das Leid zu sagen, wo ich hier seit 20 Jahren lebe."
    Unser Bus fährt an der gewaltigen hypermodernen Wohnanlage "One Hyde Park" vorbei. Appartements kosten hier 20 Millionen Euro aufwärts. Auch hier sollen sich Kleptokraten, deren Reichtum auf Korruption beruht, eingekauft haben.
    Hausbesitzer stehen auf Sanktionslisten
    Nur 300 Meter vom Kaufhaus Harrods entfernt steigen wir dann aus dem Bus aus. Luke Harding, der Ex-Moskau-Korrespondent des "Guardian", der dort die Panama Papers über die Offshorekonten betreut, deutet auf das renovierte moderne Gebäude vor uns.
    "Im zweiten Kellergeschoss, neun Meter tief unter der Oberfläche, gibt es einen Swimmingpool. Normalerweise rufen die anderen Besitzer die Polizei, wenn wir hier mit dem Bus auftauchen. Mal sehen, wie schnell die Polizei diesmal reagiert."
    Es bleibt ruhig, niemand kommt, auch keine Polizei. Die Eigentümerin eines Appartements hier heiße Olga Babakowa. Ihr Vater steht auf der Sanktionsliste der USA. Als Duma-Abgeordnete verdiene er 90 000 Pfund im Jahr, gut 100 000 Euro. Wie habe er da insgesamt 250 Millionen Euro für verschiedene Immobilien in London ausgeben können?
    Niemand zieht in die Wohnungen ein
    Und dann ziehe niemand ein und die Wohnungen würden auch nicht vermietet. Aktivist Roman Borisovich zum Abschluss unserer Kleptokratentour:
    "Schauen Sie sich das abends an, wie viele Lichter aus und wie viele Parkplätze frei sind. Es gibt hier kein einziges Geschäft und kein Lokal mehr, das noch übrig geblieben wäre."