Die Story von Ibtihaj Muhammad beginnt 1998 an einer Kreuzung in ihrer Heimatstadt Maplewood im US-Bundesstaat New Jersey. Als die Ampel Rot zeigt, schaut sich Mutter Denise um und erblickt durch die Fenster einer High School eher zufällig einige Sportler.
"Alles, was meine Mutter sah, war, dass sie eine Jacke, lange Hosen und eine Maske trugen. Und sie meinte: was auch immer das für ein Sport ist, ich möchte, dass du ihn ausprobierst, wenn du zur High School gehst."
Die damals zwölfjährige Ibtihaj hatte zuvor Volleyball und Basketball gespielt – was ihrer Mutter jedoch nicht gefiel, da an Armen und Beinen viel zu viel Haut zu sehen war. Denn bei streng gläubigen muslimischen Mädchen und Frauen sollten nur Hände und Gesicht unverdeckt bleiben.
Fechten ist diesbezüglich ideal. Daran findet auch die kleine Ibtihaj Gefallen, obwohl sie oft zu hören bekommt, dass sie als Afro-Amerikanerin und Muslime nicht zu diesem Sport passe.
Sobald sie jedoch ihre Uniform anzieht und den Helm aufsetzt, habe niemand sie mehr wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Religion oder ihres Geschlechts wahrgenommen.
"Once I had my uniform on and my mask went on, you know people didn't see me for my race, they didn't see me for my religion, they didn't see me for my gender.”
Fechterin schreibt in Rio Geschichte
Mittlerweile ist die 30-Jährige eine der besten Säbelfechterinnen des Landes und war 2014 Mitglied der Weltmeistermannschaft. In Rio erlebt sie ihre Premiere bei Sommerspielen und schreibt somit Geschichte – als erste US-Athletin, die bei Olympia ein Kopftuch trägt, den Hidschab.
"Ibtihaj Muhammad will be the first american athlete competing in the games, wearing a hijab."
Muhammad will nicht nur eine Medaille gewinnen, sondern auch Aushängeschild für die knapp 3,3 Millionen Muslime in den USA sein – die gerade bei den Republikanern einen schweren Stand haben.
Deren Präsidentschafts-Kandidat Donald Trump wirbt im Wahlkampf seit langem lautstark damit, ein Einreiseverbot gegen alle Muslime zu erlassen – und zwar so lange, bis man wisse, was eigentlich vor sich gehe.
"Donald J. Trump is calling for a total and complete shutdown of muslims entering the United States until our country's representatives can figure out what the hell is going on.”
Worte mit Wirkung – bei den Trump-Anhängern und bei Ibtihaj Muhammad.
"Als ich die Trump-Äußerungen erstmals gehört habe, war meine größte Sorge, ob ich wohl in der Lage sein werde, zu meinem nächsten Qualifikations-Wettkampf für die Sommerspiele zu gelangen – und zwar ohne Angst vor Leuten, die ihren Hass körperlich an mir auslassen."
Gereiztes Klima
Das Klima gegenüber Muslimen ist nicht zuletzt nach den Massenschießereien von San Bernardino und Orlando gereizt. Ibtihaj Muhammad hat das zu spüren bekommen. Aufgrund ihres Kopftuches ist sie kürzlich auf der Straße von einem Mann angesprochen, als verdächtig bezeichnet und gefragt worden, ob sie etwas in die Luft sprengen wolle?
"Just last week I was walking with my teammate, a man told me that I look suspicious and he started asking my if I was going to blow something up."
Umso erfreuter war sie, als Präsident Barack Obama bei einer Rede über muslimische amerikanische Sportler neben Muhammad Ali auch sie hervorhob.
"And, by the way, when team USA marches into the next Olympics, one of the Americans waving the red, white and blue will be a fencing champion, wearing her hijab: Ibtihaj Muhammad … "
Viele US-Profis beten regelmäßig
Die Religion spielt im nordamerikanischen Profisport eine weitaus größere Rolle als in Deutschland. In der Basketball-Liga NBA beispielsweise gibt es in jeder Kabine Aushänge, die vor Spielbeginn zu einem Gebet einladen.
In der National Football League beten viele Profis regelmäßig auf dem Spielfeld. Als Husain Abdullah von den Kansas City Chiefs allerdings nach einem Touchdown 2014 auf beide Knie sank und den Oberkörper für einen islamischen Dankesgruß nach vorne beugte, wurde sein Team umgehend mit einem Raumverlust von 15 Yards bestraft. Erst als dies für heftige, landesweite Diskussionen sorgte, sprach die NFL von einer Fehlentscheidung.
Ibtihaj Muhammad freut sich darauf, in Rio die USA zu repräsentieren. Sie sieht sich nicht nur als Sportlerin, sondern auch in der Rolle der Botschafterin. Das Magazin "Time" führt die Frau mit dem Hidschab unter dem Helm sogar auf der Liste der "100 einflussreichsten Menschen dieses Jahres".