Olympia 2024
Medienbilanz: Live-Streaming gewinnt an Bedeutung

Bei den Olympischen Spielen in Paris gab es insgesamt 329 Entscheidungen, was auch jede Menge Übertragungen bedeutet: Bis zu 16 Stunden pro Tag waren die TV-Sender dabei. Dabei haben vor allem die Streams an Bedeutung gewonnen.

Von Kevin Barth |
Zu sehen ist eine lange Reihe an Kameras, die auf eine Turn-Wettbewerbsfläche gerichtet sind, im Hintergrund sind die Olympischen Ringe.
Zahlreiche Kameras begleiteten die Wettkämpfe wie hier das Barren-Finale im Turnen. (IMAGO / Schreyer / IMAGO / Schreyer)
Die Übertragung vom 3x3 Basketball im ZDF Hauptprogramm:
„Es sieht sehr gut aus für die deutschen 3x3-Basketballerinnen. Wir geben jetzt erst mal ab zu den Nachrichten nach Mainz.“
25 Sekunden vor dem Ende des Halbfinals und das ZDF steigt aus. Wer in diesem spannenden Moment dabei bleiben wollte, musste vom Hauptprogramm zum Livestream wechseln:
„Sechs Sekunden auf der Uhr für Bronkhorst, sie sucht Greinacher und die sucht natürlich ihre Offensive. Greinacher wird ihn los, Greinacher! Was ist das für ein Ding von Greinacher, Kanada trifft nicht! Finale!“
Die Kritik war groß, dass das ZDF nicht die wenigen Sekunden abwarten konnte und stattdessen erst über zwei Minuten Werbung und danach die Nachrichten zeigte. Noch am selben Abend räumten die Verantwortlichen einen Fehler ein. Sportchef Yorck Polus ist aber insgesamt zufrieden mit Olympia. Das liegt auch am Interesse für das Livestream-Angebot:
„Wir haben in unserer Mediathek mehr als acht Millionen Visits pro Tag, das sind schon wirklich ganz enorme Zahlen, dazu kommen die ganzen Abrufe über die digitalen Ausspielwege im Social Media-Bereich für uns. Und das haben diese Spiele gezeigt, an denen wir pro Tag bis zu zehn Streams parallel haben: Das wird gesucht und Gott sei dank wird es auch bei uns gefunden.“

Streaming-Trend setzt sich fort

Polus ist aber auch bewusst, dass die Voraussetzungen in Paris anders sind, als bei vorherigen Spielen:
„Das hat aber natürlich auch damit zu tun, dass diese olympischen Spiele hier einfach zu europäischen Zeiten stattfinden. Das heißt: Viele Menschen sind bei der Arbeit, sitzen im Bus, im Zug, oder sonst was, und haben aber das Interesse an den Spielen. Und die verfolgen das auf unseren digitalen Plattformen.“
Damit setzt sich ein Trend fort, das Interesse am Streaming wird immer größer. Thomas Horky von der Macromedia Hochschule in Hamburg sieht die Fortsetzung einer Entwicklung, wenn man beispielsweise an Bundesliga beim Streamingdienst DAZN denkt:
„Dementsprechend ist diese Entwicklung nicht neu, sie wird eben bei einem Multisport-Ereignis wie Olympia besonders deutlich. Weil es die Möglichkeit gibt, dieses Ereignis jetzt komplett anzubieten, was ja bis vor einigen Jahren überhaupt nicht die Möglichkeit gewesen ist. Dementsprechend ist das eben bei Olympia eine neue Entwicklung und dort spielt sich die Stärke des Livestreamings besonders aus.“

Streaming bietet auch Randsportarten eine Bühne

Nur per Stream ließ sich zum Beispiel auch das 100 Meter-Finale der Frauen verfolgen. Hier entschied sich das ZDF, lieber beim Fußball zu bleiben. Streaming ist aber nicht nur eine Chance, bei Olympia Wettbewerbe in voller Länge zu verfolgen, sondern bietet auch Randsportarten wie Klettern eine Bühne.
Oder auch 3x3 Basketball, das ja durch die deutsche Goldmedaille auf einmal bei vielen bekannt ist.
„Das IOC setzt ja seit mehreren Jahren auf neue junge Sportarten und 3x3 Basketball als die Straßenvariante des traditionellen Basketballs ist eben eine Möglichkeit, diesen Sport sehr nah an die junge Bevölkerung zu bringen", erklärt Sportjournalismus-Professor Horky.
„Was ja auch medial relativ einfach abzubilden ist, weil es eben auch sehr einfach zu spielen ist. Dementsprechend ist das eine Sportart, die mit Sicherheit für die Zukunft sehr interessant sein dürfte.“
Hohe Quoten verzeichnete auch das lineare Fernsehen. Regelmäßig schauten mehr als sieben Millionen Menschen bei den Übertragungen von ARD und ZDF zu. Dabei erwarben die beiden Sender eigentlich nur eine Sublizenz von Eurosport. Dort schalteten in der Regel aber nur weniger als eine halbe Million Interessierte ein.

Auch IOC sieht wohl Vorteile in der öffentlich-rechtlichen Übertragung

Die Verantwortlichen betonen allerdings, dass man die Spiele auf allen Plattformen fühlbar gemacht habe und erwähnen auch die Angebote im Streaming. Für die Sommer- und Winterspiele zwischen 2026 und 2032 steht bereits fest, dass ARD, ZDF und Eurosport gleichberechtigt berichten dürfen. Damit können Fans hier im Gegensatz zu anderen großen Sportereignissen alles ohne eine Bezahlschranke verfolgen.
Für Thomas Horky kommt das nicht überraschend. Das IOC wisse genau, „dass natürlich die Ausstrahlung im Free TV, und das bedeutet in vielen europäischen Ländern über die öffentlich-rechtlichen Sender, sehr viele Vorteile bringt in Sachen Reichweite und in Sachen langfristiger Bindung von Nutzern. Dementsprechend kann ich mir schon vorstellen, dass das IOC, das sowieso sehr viel Geld verdient, dort vielleicht auch langfristig Interesse hat, weiter mit Sendern zu arbeiten, die im Free TV ausstrahlen.“