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Olympia-Bewerbung 2032 in NRW
Streitpunkt Bürgerbeteiligung

In Nordrhein-Westfalen wird seit zwei Jahren intensiv an einer möglichen Bewerbung für die Olympischen Spiele 2032 gearbeitet - allen Kritikern zum Trotz. Nach den gescheiterten Bewerbungen in Hamburg und München wird auch in NRW die Bürgerbeteiligung die Kernfrage einer Olympia-Initiative bleiben.

Von Moritz Küpper |
    Budapest zieht die Bewerbung für die Sommerspiele 2024 zurück.
    Viele Kommunen in NRW begrüßen eine Bewerbung für die Olympischen Spiele 2032. (dpa/picture alliance)
    Nein, Sorgen, dass die aktuelle Diskussion über die ausufernde Kommerzialisierung der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, die einsetzende Entfremdung hierzulande über Slogans wie "Best never rest" oder der #ZSMMN, als zusammen, und der letztlich eigenen Leistung mit dem historischen Vorrundenaus bei der laufenden Fußball-Weltmeisterschaft in Russland auch seinen Olympia-Träumen für Nordrhein-Westfalen schaden werden, hat Michael Mronz nicht:
    "Naja, ich glaube, die Gefahr liegt überall, aber ich denke, dass das wichtigste ist immer, dass zudem, was man macht, authentisch ist, eine Glaubwürdigkeit da ist. Und wenn eine Glaubwürdigkeit da ist, dann wird es auch nicht als eine Überkommerzialisierung gesehen."
    Seit nunmehr zwei Jahren verfolgt der 51-jährige Sportmanager und Ehemann des verstorbenen einstigen Bundesaußenministers Guido Westerwelle seine olympische Idee. "Rhein Ruhr City 2032" heißt die durch Firmen finanzierte private Initiative, für die jüngst eine GmbH mit Sitz in Essen gegründet wurde und die – trotz der scheinbar steigenden Skepsis gegenüber internationalen Sportverbänden, deren Großereignissen sowie den kommerziellen Auswüchsen – durchaus Chancen sieht. Mronz greift wieder das aktuelle Beispiel Fußball auf:
    "Zwei Beispiele: Wenn Helene Fischer beim DFB-Pokalfinale singt, dann wird das kritisiert, dann wird ausgepfiffen, dann wird das als Überkommerzialisierung gesehen. Wenn die Höhner beim 1. FC Köln, oder die Blääck Fööss, dann ist das ein Teil des Happenings in Köln, weil es authentisch wirkt und deswegen glaube ich, ist es wichtig, dass, was man macht, immer authentisch ist, das eine Glaubwürdigkeit da ist und dann gibt es auch diese Spannung nicht und auch diesen Spagat nicht, wo man nicht weiß, wie man ihn erfüllen soll."
    Junge Athleten in den Fokus rücken
    Mehr als 80 Prozent der Sportstätten für mögliche Spiele seien bereits in NRW vorhanden, daher benötige es weniger Groß-Investitionen und garantiere eben nachhaltige und bodenständige Spiele, so Mronzs Konzept. Und da die Zeit bis 2032 noch lang sei, gelte es nun eben den Boden zu bereiten. Vor allem in den vierzehn beteiligten Kommunen im Rheinland und dem Ruhrgebiet:
    "Ich glaube, wichtig ist, dass wir hier eine Chance haben mit dem neuen Wir-Denken, wo die Kommunen also sagen: Wir gemeinsam wollen etwas voranbringen. Dass das ein Umbrella ist, mit dem man noch andere Dinge aufsetzen kann."
    Daher soll es in rund zehn Tagen an der RWTH Aachen einen sogenannten Mobilitätskongress geben, bei dem Referenten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft sich über die Zukunftsfragen in diesem Bereich austauschen:
    "Wir spüren einfach bei dem Thema der Mobilität wird es eine große Veränderung geben innerhalb der nächsten zehn-vierzehn Jahren. Und das als Chance zu sehen und diese Chance aufzugreifen, das ist die Idee hinter dem Mobilitätskongress."
    Und die Botschaft, die ebenso mitschwingt: Durch die Investitionen für mögliche Olympische und Paralympische Spiele ließe sich dies gestalten. Im kommenden Jahr soll das Thema Digitalisierung behandelt werden. Aber Mronz und seine Leute wollen auch bewusst den sportlichen Aspekt, die Nachwuchssportler, nach vorne schieben:
    "Wir nennen das ‚Dreams 2032‘. Wir möchten gerne eine Vielzahl von deutschen Jugendmeisterschaften in den nächsten Jahren nach Nordrhein-Westfalen holen, und auch in die Region Rhein-Ruhr holen, weil wir sagen: Das sind die Teilnehmer der Olympischen und Paralympischen Spiele 2032. Und das sind unsere Botschafter, weil das ist eine nach vorne gewandte Kommunikation."
    "Ich halte vom Grundsatz eine Bürgerbeteiligung immer für wichtig"
    Dennoch, allen Bemühungen zum Trotz: Nachdem die letzten deutschen Olympia-Bewerbungen in Hamburg und München am Widerstand der Bevölkerung scheiterten, bleibt die Bürgerbeteiligung wohl die Kernfrage einer möglichen Olympia-Initiative aus NRW. Doch wie diese beantwortet wird, darum wird noch gerungen. "In welchen Bereichen es in diesem Zusammenhang angezeigt wäre, eine Bürgerbeteiligung vorzunehmen, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen", heißt es auf Deutschlandfunk-Anfrage aus der Düsseldorfer Staatskanzlei. Und während die nordrhein-westfälischen Grünen sich als einzige Partei bereits eindeutig für ein landesweites Referendum ausgesprochen haben, bleibt die von CDU und FDP-geführte Landesregierung zurückhaltend und teilt weiter mit: Da beispielsweise Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen wahrscheinlich auch ohne dieses Großereignis umgesetzt werden würden, müsse erst noch entschieden werden, in welchen Bereichen es zu welchem Zeitpunkt einer Bürgerbeteiligung bedarf. Sprich: Man verwehrt sich diesem Anliegen nicht – will es aber auch nicht befördern. Ein Tenor, dem auch Mronz folgt:
    "Ich halte vom Grundsatz eine Bürgerbeteiligung immer für wichtig, deswegen treten wir ja jetzt frühzeitig in den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern. Ob es am Ende des Tages eine Bürgerbefragung geben soll, sollte eine Entscheidung sein der Bürger. Wenn die Bürger eine Bürgerbefragung wünschen, dann freue ich mich über den Austausch."
    Kommunen beschäftigen sich bereits mit Bewerbungsidee
    Eine Deutschlandfunk-Umfrage unter den Spitzen der 14 beteiligten Kommunen ergab – trotz des noch frühen Stadiums der Bewerbungsidee – dass die Kommunen sich mit dem Thema beschäftigen. Während Kölns parteilose Oberbürgermeisterin Henriette Reker sich von Beginn an eindeutig auf eine Bürgerbeteiligung festgelegt hatte, hält dies auch ihr Düsseldorfer Amtskollege, Thomas Geisel, SPD, für den richtigen Weg. Dass es den Rückhalt der Bürgerschaft brauche, ist unter allen Städten Konsens, dennoch: Zurückhaltender klang es anderswo: Die bestehenden Stadien und Sportanlagen zu nutzen, sei keine Frage für einen Bürgerentscheid, ließ Aachens OB Marcel Philipp mitteilen – und weiter: "wenn es in dem abschließenden Konzept ergänzende Neubauten oder große Investitionen gibt, die zu kontroversen Debatten führen, dann muss entschieden werden, wie groß der Rückhalt hierfür ist." Dies könne er aktuell aber nicht erkennen. Ähnlich äußerte sich auch Ashok Sridharan aus Bonn. Beide pflichten so eher Sportmanager Mronz bei:
    "Dieser Automatismus zu sagen: Es muss eine Bürgerbefragung geben, erschließt sich für mich deswegen heraus nicht, weil es dafür festgelegte Mechanismen in Deutschland auf der einen Seite gibt und auf der anderen Seite: Für eine Fußball-Weltmeisterschaft, für eine Fußball-Europameisterschaft gibt es auch nicht diesen Automatismus."
    Doch auch Mronz weiß, dass diese Frage auf ihn zukommt:
    "Ich glaube, dieses ganze Thema sollte man sich dann nähern, wenn erst der DOSB entschieden hat, ob man sich bewirbt. Zweitens dann, mit wem man sich bewirbt und dann, glaube ich, wird es wichtig sein, dass man ein Zahlenwerk auf den Tisch legt und sagt: Das sind die Kosten, die verbunden sind mit olympischen und paralympischen Spielen, und dann hat man, glaub ich, eine Grundlage. Und auf dieser Grundlage sollte man ein mögliches Verfahren festlegen. Zum jetzigen Zeitpunkt dort darüber zu spekulieren, ist glaub ich, der falsche Zeitpunkt."
    Doch: Dass dieser eher schnell als langsam kommen wird, zeigen erste Initiativen in Düsseldorf. Dort soll nach der Sommerspause eine Vorlage zur Olympia-Bewerbung in den Rat eingebracht werden. Bürgerbeteiligung ist bereits geplant, teilte die Stadt mit – offen sei nur wie.