Einen Staatsminister für Sport, mehr Geld für die Sanierung von Sporthallen und natürlich die Unterstützung für eine erneute deutsche Olympia-Bewerbung – im Interview mit der ZEIT dürfen DOSB-Präsident Thomas Weikert, DFB-Präsident Bernd Neuendorf und der Präsident des Deutschen Behindertensportbunds, Friedhelm Julius Beucher, ihre Wunschliste für die Bundestagswahl präsentieren.
Unwidersprochen wiederholen sie dabei fast alle Lebenslügen des deutschen Sports, die ein Vorankommen in den vergangenen Jahren so schwer gemacht haben. Beucher erneuert zum Beispiel den Mythos, dass München ohne die Spiele 1972 nie eine U-Bahn erhalten hätte. Das Problem: Der Bau der U-Bahn hat sogar schon vor der Vergabe der Spiele begonnen.
Keine nennenswerten Effekte auf die Sportaktivität von Kindern
Weikert beschwört, dass Kinder von Olympia profitieren würden. Das will er als Argument nutzen, um die Bevölkerung von Sommerspielen in Deutschland zu begeistern. Er ignoriert damit allerdings wissenschaftliche Forschung, die selbst nach den hochgelobten Spielen von 2012 in London keine nennenswerten Effekte auf die Sportaktivität von Kindern gefunden hat.
Die alten, teils längst überholten Plattitüden reichen vielleicht, um deutsche Sportpolitiker zu überzeugen. Die meisten von ihnen sind in den vergangenen Jahren nicht gerade durch ein tiefes Verständnis der Materie aufgefallen. Wenn es aber tatsächlich mal zu einer Bevölkerungsabstimmung kommen sollte, wird es die Olympia-Opposition bei solchen Argumenten leicht haben, Widerstand zu organisieren.
Olympia-Mythen werden vermengt
Und auch ganz generell tut sich der deutsche Sport keinen Gefallen, wenn er die Olympia-Bewerbung ständig mit dem Ruf verbindet, den Breitensport zu fördern. Olympia in Deutschland ist so ziemlich der schlechteste Grund, um Turnhallen und Schwimmbäder zu sanieren.
Um Milliarden in die deutsche Sportinfrastruktur zu investieren, gibt es deutlich bessere Argumente: Lange Wartelisten von Kindern, für die Sportvereine keine Kapazitäten haben. Immer mehr Kinder, die nicht schwimmen können. Immer mehr Volkskrankheiten, für die Sport eine wichtige Prävention wäre.
Ein paar dieser Argumente nennen auch Weikert, Beucher und Neuendorf. Aber durch die Vermengung mit den erwähnten Olympia-Mythen verlieren diese guten Argumente deutlich an Gewicht.
Turnhallen kann man auch ohne Olympia bauen
Ohne Olympia würde die Politik nicht die notwendigen Investitionen in den Breitensport tätigen, heißt es als Begründung dann oft. Es brauche ein großes Projekt wie Olympia als Impuls.
Dabei sollte man meinen, dass gammelnde Turnhallen, übergewichtige Kinder und die steigende Zahl von Nichtschwimmern genug Impuls sein sollten für gute Sportpolitik. Für die deutschen Sportverbände und die Sportpolitik scheint es fast eine verrückte Idee zu sein: Aber man kann Turnhallen auch ohne Olympia bauen.