Geht es nach Judith Demba, kann der Widerstand beginnen. Demba ist Geschäftsführerin der Naturfreunde Berlin. Auf Betreiben der Umweltorganisation wurde unter der Woche das Bündnis NOlympia gegründet. Darunter soziale und linke Gruppen, ökologische Verbände und mit der Linksfraktion auch Vertreter der Berliner Politik. Mitte August sollen erste Aktionen folgen.
"Unser gemeinsames Anliegen ist es, schon mal die Bewerbung zu verhindern. Damit es gar nicht dazu kommt, dass Berlin beim IOC als die Stadt angezeigt wird, die sich für Olympische Spiele bewirbt."
Demba ist ein bekanntes Gesicht im Anti-Olympia-Protest. Schon Anfang der 90er Jahre engagierte sie sich in der NOlympia-Bewegung – damals während der gescheiterten Berliner Bewerbung für die Olympischen Spiele im Jahr 2000. Die Proteste stießen in der Berliner Bevölkerung auf breiten Zuspruch. Auch weil die Bewerbung von zahlreichen Skandalen und Pleiten begleitet war. Die Stadt habe andere Aufgaben als eine Olympiabewerbung, meint Demba, auch dass sei eine Parallele zwischen damals und heute. Ein Motiv, das alte Bündnis wieder aufleben zu lassen.
"Im Grunde waren die Beweggründe ähnlich wie die schon mal vor 20 Jahren. Dass viele aus ganz unterschiedlichen Perspektiven, also viele Organisationen, viele Menschen in der Stadt das Gefühl haben, dass Berlin, wenn es öffentliche Gelder ausgibt, einfach nicht in eine Olympiabewerbung oder Olympische Spiele investieren soll, sondern in das, was die Menschen in der Stadt brauchen."
Zum Beispiel in sozialen Wohnungsbau, marode Schulen oder die Berliner Schwimmbäder. Die Uhr für die Gegner tickt. Denn in Berlin wird schon einmal die Bebauung diskutiert. Ausgerechnet auf dem Gelände des Berliner Flughafens Tegel – von dem heute noch keiner weiß, wann er geschlossen werden kann – soll das Olympische Dorf entstehen. Existierende Sportstätten sollen genutzt werden. Doch zum finanziellen Aufwand hört man kein Wort. Viele Sportstätten müssten modernisiert werden, dazu kommen notwendige Investitionen in die Infrastruktur. Berlins Olympiakosten dürften leicht in die Milliarden gehen. Zirka 60 Milliarden Euro betragen derzeit die Schulden der Stadt.
Nicht die einzige Großbaustelle, meint Gabriele Hiller. Für die Linken sitzt sie im Abgeordnetenhaus und gehört zu den Erstunterzeichnern des Bündnisses. Die Bewerbung komme zur falschen Zeit.
"Es gibt viele Dinge, die in der Stadt zu bewältigen sind. Die Großprojekte BER, Autobahn A100, der Schlossbau, der Umbau der Oper. Das alles sind Projekte, wo es lang dauert, die viel kosten und die nicht beherrscht werden, hat man den Eindruck. Und da sollte man sich so eine zusätzliche Bürde nicht aufladen. Ich denke, dass der Vorschuss zu Großprojekten bei den Berlinerinnen aufgebraucht ist."
Doch um genau den wirbt nun der Berliner Senat. Online führt er gerade eine Umfrage durch – eine Art Stimmungstest, wie es heißt. Darunter Fragen, wie wichtig den Berlinern ökologische Spielen seien oder eine Transparenz des Bewerbungsverfahrens. Doch die entscheidende fehlt: Möchte man olympische Spiele in der Stadt? Das seien Suggestivfragen, meint Hiller, dem Senat gehe es nicht um Beteiligung. Nicht nur der Bürger bleibe bisher außen vor – auch das Parlament.
"Das Parlament ist nicht ein einziges Mal offiziell einbezogen worden. Die Fragen sind über das Internet bekannt geworden, sind nicht an das Parlament herangetragen worden. Es gab keine öffentliche Erörterung dazu, wie man zum Beispiel die Bevölkerung mitnehmen wird. Wie man Finanzierungen stemmen wird. Wie andere Fragen auch öffentlich diskutiert werden. Allein dass zeigt, dass dieser Ansatz, der ja vor sich hergetragen wird – wir wollen Mitbestimmung – dass der nur scheinbar umgesetzt wird. Dass man das zwar verbal bekundet, aber nicht wirklich ernst meint."
Ende August muss Berlin den Fragenkatalog des Deutschen Olympischen Sportbunds beantwortet haben. Im Parlament werden das bis dahin nicht diskutiert werden. Auf die Beantwortung werden Berlins Politiker also keinen Einfluss haben. Eine Debatte darüber soll erst im September stattfinden.