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Olympia in Tokio
Fackellauf startet ohne Zuschauer

In Japan beginnt in diesen Tagen der olympische Fackellauf. Hunderte Promis, wohltätig engagierte, Nachwuchs und Ex-Sportler, die die Flamme ein paar Schritte tragen, umzingelt von Kameras und Zuschauern – das war der eigentliche Plan. Jetzt wirkt das Ganze aber nicht nur ehrwürdig, sondern auch grotesk.

Von Felix Lill | 23.03.2021
Die Olympischen Ringe und der Schriftzug "Tokyo 2020" sind auf der Fackel für die Olympischen Spiele in Tokio 2020 eingaviert.
Die Fackel der Olympischen Spiele in Tokio 2021 (dpa / Eugene Hoshiko)
Eigentlich sollte jetzt in Japan das nationale Olympiafieber ausbrechen. In Fukushima, Ort des Atomunglücks vor zehn Jahren, startet der Fackellauf – und führt dann 121 Tage durch jede der 47 Präfekturen des Landes, bis dann am Abend des 23. Juli im Olympiastadion das olympische Feuer entzündet wird – die Spiele von Tokio wären damit eröffnet.
Bis dahin ist es noch ein weiter Weg – auch im metaphorischen Sinn. Denn wie feierlich dieser Fackellauf wirklich noch werden kann, ist ungewiss.
"Die Veranstalter haben erklärt, dass beim Start des Fackellaufs keine Zuschauer erlaubt sein werden. Die Vorgabe ist, dass nur Offizielle dürfen dabei sein können", berichtet diese Tage der TV-Sender TBS mit hörbarer Enttäuschung. Denn der Start dieses olympischen Aufwärmevents sollte eigentlich auch den vermeintlichen Wiederaufbau in Fukushima zur Schau stellen.
Das Olympiastadion in Tokio
Sommerspiele in Tokio - Olympia: Die Teilnehmenden haben wichtige Fragen
In vier Monaten soll in Tokio das olympische Feuer entzündet werden – allerdings wachsen die Zweifel an der Sicherheit der Spiele – vor allem, nachdem es bei der Leichtathletik-EM und dem Fecht-Weltcup in Budapest dutzende Infektionen gegeben hatte. Die Athlet*innen haben nun einige Fragen.

Ordner gegen zu viele Zuschauer?

Immerhin sieht es jetzt so aus, als hätte man aus dem vergangenen Jahr gelernt. Als am 22. März 2020 die olympische Fackel in Japan einflog und kurz darauf der Fackellauf beginnen sollte, traute die Welt ihren Augen nicht. Damals hatten die Veranstalter die Fackel trotz erster Corona-Fälle in Sendai präsentiert – und rund 50.000 Menschen eilten in die nördlich gelegene Stadt, um dort mal kurz die Fackel zu betrachten. Auch das weltweite Entsetzen hierüber dürfte ein Stück dazu beigetragen haben, dass zwei Tage später die Spiele um ein Jahr verschoben wurden.
Nun also der zweite Anlauf. Ausfallen darf der Fackellauf nämlich auf keinen Fall. Frei von verzweifelten Versuchen, Feierlichkeit mit Sicherheit zu harmonisieren, bleibt die Planung aber nicht. So haben die Organisatoren schon darüber nachgedacht, an besonders stark bevölkerten Orten nur weniger beliebte Fackelträger laufen zu lassen – damit nicht ganz so viele Schaulustige kommen. Und wo sich doch Menschenmengen bilden, sollen Ordner – quasi wie bei einer nicht genehmigten Demo – die Leute auseinandertreiben.

Absagen mehrerer Fackelträger

Vielen wird das alles zu bunt. "Was den Fackellauf der Olympischen Spiele durch Shimane angeht, möchte ich, dass dieser abgesagt wird", fordert Mitte Februar Tatsuya Maruyama, Gouverneur der westlich gelegenen Präfektur Shimane. Schließlich ist das Gesundheitssystem des demographisch schnell alternden Japans in der Pandemie besonders stark belastet. Nach vielen Diskussionen will Maruyama nun Mitte April final entscheiden, ob die Fackel kommen soll.
Andere haben schon ganz verzichtet. Mehrere Schauspieler und Sänger gaben zuletzt Terminprobleme an. Weniger bekannte Fackelläufer begründeten ihren Rückzug mit den jüngsten Sexismusskandalen um das Organisationskomitee. Nach guter Stimmung sieht es noch nicht aus.