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Olympia
Keine guten Aussichten

Berlin und Hamburg bereiten sich auf eine Bewerbung für Sommerspiele 2024 oder 2028 vor. Doch es regt sich Widerstand in der Bevölkerung. Und es gibt auch Kritik am derzeitigen Vorgehen des DOSB.

Von Robert Kempe |
    "No Olympia" steht auf dem Schirm, den ein Mann auf dem Rathausplatz in Hamburg am 12.04.2003 in die Höhe hält.
    Umstritten: Olympia 2024 oder 2028 in Deutschland (picture alliance / dpa / Frank Rumpenhorst)
    Wolfgang Maennig kennt Olympia. In Seoul 1988 holte er mit dem Deutschland-Achter Gold. Heute ist er Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Hamburg und mit dem Geschäft Olympia bestens vertraut. Er war Berater der gescheiterten Olympiabewerbungen Berlin 2000, Leipzig 2012 und München 2018. Das derzeitige Vorgehen sei für eine erfolgreiche deutsche Bewerbung ungünstig, meint Maennig.
    "Es ist erst einmal ein Zeitmangel vorhanden ein allgemeiner den spüren auch alle, insbesondere die beiden Bewerberstädte, dass eigentlich nicht genug Tiefe bleibt um es vorzubereiten. Dass auch nicht genug Zeit bleibt, um die Bevölkerung angemessen zu beteiligen."
    Denn die bleibt momentan in beiden Städten außen vor. In Hamburg werkelt man im stillen Kämmerlein angetrieben von der Wirtschaftslobby der Stadt. Auch in Berlin bleibt die Politik derzeit lieber unter sich.
    Ende Mai hatte der DOSB den Städten einen umfangreichen Fragenkatalog zugesandt, der zum Teil darüber hinausgeht ein reines Interesse an den Spielen abzufragen. Hamburg und Berlin bleibt noch bis Ende August um – die zum Teil detaillierten Fragen etwa zu einem Transportkonzept für die Spiele zu beantworten. Ein enger Zeitplan den der DOSB den Städten vorgibt, räumt auch Berlins Innensenator Frank Henkel ein.
    "Es ist gar keine Frage die Fristsetzung ist hoch ambitioniert. Aber darüber zu spekulieren, ob das nun eine Bewerbung erschwert oder nicht, an dieser Diskussion will ich mich wirklich nicht beteiligen. Denn die gleichen Bedingungen gelten für unseren Mitbewerber Hamburg."
    Der Knackpunkt sind wohl die Fragen zum Rückhalt und der Akzeptanz in der Bevölkerung. Kostenfragen und die Skepsis vor einem Pakt mit dem Internationalen Olympischen Komitee stehen dabei im Vordergrund. Von den Regierenden werden sie ungern thematisiert. So preisen Hamburgs Politiker zwar eine Umfrage, wonach 73 Prozent für die Ausrichtung Olympischer Spiele sind, doch genau so viele sind der Auffassung die Spiele würden der Stadt zu viel kosten, das Geld solle lieber in andere Projekte fließen.
    Unterstützer sind derzeit nicht auszumachen. Selbst der Sport hält sich zurück. Von den beiden Landessportbünden gibt es kaum nennenswerte Initiativen. Keine guten Aussichten. Doch das Ansinnen des DOSB sich für Olympia erneut zu bewerben, ist ohnehin erstaunlich. Erst im letzten November gab es für den deutschen Sport bei dem Bürgerentscheid in München um die Winterspiele 2022 eine herbe Niederlage. Das Thema Olympia schien vorerst erledigt. Wolfgang Maennig
    "Man ist so ein bisschen reingeschlittert in das Verfahren. Es gab so eine Dynamik, die dann auch nicht mehr so richtig kontrolliert werden konnte. Es war tatsächlich nach der Abstimmungsniederlage in München eigentlich die Stimmung im deutschen Sport: Jetzt brauchen wir wirklich eine Bedenkzeit, jetzt muss das gut analysiert werden. Aber der regierende Bürgermeister Wowereit aus Berlin hat ja relativ schnell gesagt: Berlin steht bereit. Dann kam aus Hamburg auch die Meldung. Und nun war der DOSB in einer Situation, wo er nicht der Spielverderber sein konnte. Er als der Vertreter des Sports und des olympischen Sports."
    Der könnte aber wieder die Bevölkerung sein. Im Dezember will der DOSB abstimmen, ob und wen er für Olympia 2024 ins Rennen schickt. Hamburg hat einen Bürgerentscheid für Mai 2015 angekündigt. In Berlin ist man sich über die Art der Bürgerbeteiligung noch uneins. Was zum einen an den gesetzlichen Grundlagen aber wohl auch an den Erfahrungen des Senats mit der Berliner Bevölkerung rundum das Tempelhofer Feld liegt. Aus München scheint man also wenig gelernt zu haben. Das Desaster könnte sich für den DOSB wiederholen. Dennoch wird eine deutsche Bewerbung kommen, meint Wolfgang Maennig.
    "Man kommt jetzt nicht mehr raus. Und die Problematik wird meines Erachtens ein Schritt weitergehen. Im Dezember bei der Abstimmung bei der Generalversammlung des DOSB wird es nicht so sein, dass drei Alternativen zur Verfügung stehen. Nämlich wir machen keine Bewerbung oder wir geben es Hamburg oder wir geben es Berlin, sondern es wird auch dem Zugzwang heraus einer der beiden Städte werden müssen. Und da ist eine gewisse Gefahr drin, wenn dann die Volksabstimmung in der ausgesuchten Stadt wieder negativ ist, dann ist tatsächlich das Thema wahrscheinlich leider eine gewisse Zeit ein Tabu."