Die Olympischen Spiele von Paris sind bisher überwältigend schön. Wegen des begeisterungsfähigen Publikums und vor allem wegen der beeindruckenden Bilder. Aber eines darf nicht sein: dass die Inszenierung wichtiger ist als die Athleten.
Denn Spitzensportler haben ihre Routinen. Für die meisten Triathleten heißt das: mindestens vier Stunden vor dem Rennstart aufstehen, den Kreislauf in Schwung bringen, eine Kleinigkeit essen, die Startnummern-Tattoos aufkleben. Und dann ab zur Schwimmstrecke. In Paris hat der Wecker für viele um vier Uhr morgens geklingelt. Nach einer ohnehin meist schlechten Nacht. Deshalb heißt es auch: Die vorletzte Nacht ist die wichtigste, die vor dem Wettkampf kann man eh nicht schlafen.
Renn-Absage um kurz vor fünf Uhr morgens
Dumm nur, wenn der Wecker um vier Uhr klingelt, die Vorbereitung läuft und dann die Renn-Absage kommt. Wie eben vor dem Männer-Rennen am Dienstagmorgen. Um kurz vor fünf. Und wenn diese Absage mit Ansage kommt. Denn auch die letzte Wasserprobe der Seine hatte nicht den Standards entsprochen, wie das Organisationskomitee der Spiele mitteilte. Sprich: Das Wasser ist nicht nur optisch dreckig, sondern auch gesundheitsgefährdend.
Das aber ist seit Jahren bekannt. Und der französische Staat hat auch reagiert, hat etwa 1,4 Milliarden Euro investiert, um den Fluss zu säubern. Man hat die Kanalisation verbessert, Überlaufbecken gebaut. Allein – es reichte nicht. Ein starker Regenguss, und der Bakteriengehalt schießt über den Grenzwert. Das hat sich in den vergangenen Wochen immer wieder bestätigt, als Proben entnommen wurden.
Verantwortliche haben nicht reagiert
Experten, Sportler, Journalisten haben oft genug gewarnt, dass die Freiwasser- und Triathlon-Wettbewerbe bei den Spielen gefährdet sind. Da nützte es auch nichts, dass sich die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo beim scheinbar gefahrlosen Bad in Seine filmen ließ. Die Verantwortlichen haben nicht reagiert.
Nun also ist der Worstcase eingetreten. Für die Triathleten, die sich seit Monaten zielgenau auf diesen Tag vorbereitet haben, ist die Verschiebung ein Schlag ins Gesicht. Natürlich hätten sie sich über die spektakuläre Kulisse gefreut. Schwimmen in der Seine vor Tausenden Zuschauern, Radfahren und Laufen auf den Champs Elysees und um das Grande Palais.
Aber in erster Linie interessieren sie sich für ihren Wettkampf. Unter guten, unter fairen und halbwegs gesunden Bedingungen.
Kein Plan B
Die Organisatoren hätten mit Blick auf die Situation in der Seine einen Plan B in der Tasche haben müssen. So wie für die Freiwasserschwimmer, die kurzfristig auf die Regattabahn ausweichen könnten. Und sei es Triathlon irgendwo außerhalb. Hauptsache, die Rennen können wie vorgesehen stattfinden. Das wäre im Sinne der Sportler gewesen.