"Es wird ja immer viel davon geredet, dass die Stimmung unter Horst Hrubesch besser ist. Ich finde, das merkt man den Spielerinnen auch an", schätzte Journalistin Annika Becker im Dlf die aktuelle Situation des Frauen-Nationalteams ein - trotz der neuesten Niederlage gegen Frankreich.
Nach Ansicht von becker sind aber auch die Baustellen noch eindeutig: "Man kann nicht sagen, dass diese Nervosität weg ist oder die Probleme, mit einem gewissen Druck umzugehen."
Seit der erneuten Übernahme von Horst Hrubesch im November 2023 holten die DFB-Frauen je einen Sieg, ein Remis und eine Niederlage.
"Ihm geht es rein darum, an den Basics zu arbeiten, alle zusammenzuführen, ein Team zu formen. Dafür zu sorgen, dass eben die schlechte Stimmung weg ist, die vorher herrschte. Und ich würde sagen, dass das auch gelingt", bilanzierte Becker. Dabei blieben aber alte Probleme auf der Strecke:
"Mir fehlt dann die Arbeit an den Details, an den taktischen Details. Und das ja ist dann vielleicht auch einfach so eine Sache von einem gewissen Trainertypus, dass das halt nicht die Art ist, wie er sich als Trainer sieht."
DFB-Team zurück auf die höchste Bühne? "Viel mehr auf den Breitensport gucken"
Bis das DFB-Team wieder als Favorit in Duelle gegen Spitzen-Nationen wie Frankreich gehen könne, müsse "sehr viel" passieren, so Becker. Dazu müsste der DFB grundlegende Dinge angehen:
"Ich finde es schwierig, das immer nur so rein auf den Spitzenfußball zu beziehen. Also ich glaube, dass man eigentlich für eine gute, nachhaltige, positive Entwicklung, viel mehr auf den Breitensport gucken müsste und auf den Unterbau.
Als Krux identifizierte Becker die Ligen unterhalb des Profibereichs: "Ein großes Problem, das wir noch haben, das auch einige Spielerinnen immer wieder nennen, ist, dass es ein großer Schritt ist zwischen der zweiten und der ersten Bundesliga."
Die geplante Abschaffung der U17-Bundesliga sei daher laut Becker genau der falsche Schritt: "Wenn man aber eigentlich einen besseren Unterbau und vielleicht auch eine bessere Ausbildung braucht, müsste man nicht eigentlich dann schauen, dass diese Liga attraktiver wird, wenn sie das gerade vielleicht nicht ist?"
Stattdessen wolle man "jetzt eben andere Wettbewerbe finden und auf Nachwuchsleistungszentren setzen" – für Becker eine Fehlentscheidung: "Dass eben dieser Wettkampf wegfällt, ist eigentlich eine asynchrone Entwicklung zu dem Stand, den man gerade sieht."
Mindestgehalt? "Gibt immer zwei Seiten von dieser Medaille"
Auch die im Rahmen der Professionalisierungs-Debatte diskutierte Einführung eines Mindestgehalts würde nach Meinung der Journalistin nicht nur Vorteile liefern. Zwar sei der Schritt "auf jeden Fall sehr, sehr wichtig". Doch die Probleme professioneller Fußballerspielerinnen würden sich so nur verschieben:
"Wenn ich jetzt davon leben kann, ist das schön und gut. Wenn ich mir für die Zukunft dann aber trotzdem nichts zurücklegen kann, muss ich eigentlich trotzdem die Gelegenheit haben, irgendwie an meiner Zukunftsabsicherung zu arbeiten. Weil ich dann nicht mit Mitte 30 erst anfangen kann, mir eine andere berufliche Laufbahn aufzubauen, durch eine Ausbildung oder zum Beispiel ein Studium."
Eine Professionalisierung würde da eher kontraproduktiv wirken: "Je professioneller trainiert und gespielt wird, desto weniger Zeit ist natürlich dafür, so etwas parallel zu machen. Also es gibt immer zwei Seiten von dieser Medaille. Es ist wirklich ein sehr komplexes, kompliziertes Thema, was man, nicht einfach mal eben so lösen kann für alle. Da wird es Kompromisse geben müssen."
Olympia-Qualifikation noch offen
Nach der 1:2-Niederlage gegen Frankreich ist die Qualifikation für die Olympischen Spiele noch nicht gesichert. Für einen nötigen Sieg gegen die Niederlande müsse das DFB-Team nach Einschätzung von Becker flexibler auftreten, "viel mehr Bewegung auf den Platz bringen und vorne in der Offensive zielstrebiger sein. Also da würde ich mir einfach noch mehr Variabilität wünschen."