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Olympia Rhein Ruhr 2032
Kampf um die Deutungshoheit

Die australische Stadt Brisbane ist vom IOC zur bevorzugten Kandidatenstadt für die Olympischen Spiele 2032 erklärt worden. Damit hat die Initiative Rhein Ruhr City das Nachsehen. Der Deutsche Olympische Sportbund wehrt sich jetzt gegen Vorwürfe, die Gespräche mit dem IOC zu früh abgebrochen zu haben.

Von Marina Schweizer und Arne Lichtenberg |
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DOSB-Präsident Alfons Hörmann wehrt sich gegen Vorwürfe, der DOSB habe Olympia 2032 zu früh abgeschenkt. (Imago Images / Einbner / Joachim Hahne)
Wie IOC-Präsident Thomas Bach am Mittwoch (24.02.21) mitgeteilt hat, hat die zuständige Evaluierungskommission den australischen Bundesstaat Queensland mit der Hauptstadt Brisbane als Kandidaten für die Olympischen Spiele 2032 empfohlen.
Im weiteren Verlauf werde die zuständige Kommission nun detailliertere Gespräche mit dem Organisationskomitee Brisbanes und dem NOK Australiens "bezüglich ihres Potenzials als Gastgeber der Spiele 2032 aufnehmen", sagte Bach. Die Initiative Rhein-Ruhr hat offiziell noch keine Bewerbung in den Ring geworfen.
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) soll nach Angaben des IOC bislang auf konkrete Gespräche über die Ausrichtung der Sommerspiele 2032 in der Rhein-Ruhr-Region verzichtet haben. So habe der DOSB es im Februar abgelehnt, in Verhandlungen mit der Evaluierungskommission einzutreten, sagte die Kommissionsvorsitzende Kristin Kloster Aasen am Mittwoch.
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet machte dann am Freitag auf der Pressekonferenz zu den Olympischen Spielen an Rhein und Ruhr 2032 deutlich, dass er die Entscheidung des IOC für Brisbane nicht teilt und griff dabei auch den DOSB an: "Der Deutsche Olympische Sportbund hat sich nicht in der Lage gesehen, in einen solchen Dialog einzutreten und auch das bedauere ich. Das Erstaunliche ist, dass man dort kein Gespür dafür hat, was sich beim IOC tut."

Der DOSB versuchte am Montag (01.03.21) in einer Pressekonferenz aus seiner Sicht darstellen, wie die letzten Wochen und Monate gelaufen sind.

Was war das Hauptanliegen des Deutschen Olympischen Sportbundes heute?

Sich selbst zu befreien. Der DOSB wehrt sich gegen Vorwurf, sich nicht für die Rhein-Ruhr Initiative engagiert zu haben. Ein Vorwurf, den unter anderem NRW-Ministerpräsident Armin Laschet am Freitag erhoben hatte. Heute hat der DOSB dann in einer kleinteiligen, detaillierten Darstellung alle Vorgänge der vergangenen Jahre zur Olympiainitiative aufgezeigt, um sich eindeutig des Vorwurfs zu erwehren, der DOSB hätte sich die eigene Bewerbung versaut oder unfair gespielt.
Der DOSB agierte dabei auch mit ungewöhnlichen Mitteln: Es wurde zum Beispiel aus internen Mails und Dokumenten zwischen Verband und der Rhein Ruhr Initiative zitiert - auch damit klar wird: Der DOSB hat formell alles richtig gemacht. Weil er erst nach einem positiven Bürgervotum in den Kommunen an Rhein und Ruhr direkter Ansprechpartner für solche Spiele geworden wäre.
"Der DOSB, der am wenigsten aktiv in dem Thema insgesamt involviert war, wird nun elegant in die Ecke des Buhmanns gestellt", sagt Präsident Alfons Hörmann. "Das uns der Zustand nicht erfreut und das wir den als nicht akzeptabel sehen, ist hoffentlich verständlich."

Schiebt der DOSB den Schwarzen Peter dem IOC zu?

DOSB-Präsident Alfons Hörmann hat heute schon deutliche Kritik am IOC geübt, vor allem, was die Kommunikation angeht. Vergangene Woche gab es in Deutschland, vor allem in NRW große Erzürnung darüber, dass laut dem IOC der Deutsche Olympische Sportbund angeblich vorzeitig den formalen Dialog über eine mögliche Bewerbung abgebrochen habe. Der DOSB hätte bestätigt, dass man dieses Projekt gerade in dieser Dialogphase nicht unterstützen könne.
Aus dieser englischen Mail des IOC zitierte der DOSB jetzt, und DOSB-Präsident Hörmann griff dabei auch zu einer drastischer Wortwahl: "Das, was nun in Rot dargestellt ist, entspricht nach unserer Sicht schlichtweg Falschaussagen oder Fehlinformationen, weil es diesen Akt ‚has confirmed‘ (deutsch: ‚hat bestätigt‘, d. Red.) nicht gegeben hat."
Es schwang in dieser Pressekonferenz mit, dass der DOSB sich in diesem Punkt falsch dargestellt sieht und auch mit der internen und externen Kommunikation des IOC in diesem Interessentenverfahren sehr unzufrieden ist.
Insgesamt wollte man über die Bewerbung Brisbanes kein schlechtes Wort verlieren. Ganz interessant war aber der eine oder andere Seitenhieb in Richtung des Australischen Verbandes, dessen Chef John Coates auch im mächtigsten Entscheidergremium des IOC sitzt: Der Exekutive. Die verschiedenen Rollen des australischen NOK-Chefs wurden vom DOSB durchaus auffallend herausgestellt.

Was wirft der DOSB der Initiative Rhein Ruhr vor?

Dass man die jüngsten Entwicklungen im IOC auf Seiten der Initiative entweder nicht richtig verstanden oder auf dem Schlauch gestanden habe: Das IOC habe schon seit einigen Wochen signalisiert, dass es den Bewerbungsvorgang für 2032 wegen der Unsicherheiten, die die Pandemie mit sich bringt, beschleunigen wolle und dass eine Entscheidung auch schon deutlich früher, als ursprünglich angedacht, fallen könnte.

Laut DOSB hatte es am 7. Januar 2021 genau dazu ein Gespräch zwischen dem IOC, dem DOSB und der Initiative Rhein Ruhr City gegeben. DOSB-Chef Alfons Hörmann sagte jetzt: "Diese Nachrichten haben wir aufgenommen, diese Nachrichten hat aber auch Michael Mronz aufgenommen. Und wie wir zumindest heute seit einigen Stunden wissen, nicht in der Form nach Nordrhein-Westfalen kommuniziert, dass das auch dort angekommen ist." Diese Beschleunigung war auch keine gute Nachricht für den Zeitplan von Rhein Ruhr City, weil man beispielsweise erst Ende des Jahres ein Bürgervotum geplant hatte.
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Sportmanager Michael Mronz ist der Initiator der Initiative Rhein Ruhr City. (IMAGO / Günther Ortmann)
Alfons Hörmann bezog sich in seiner Aussage auf ein klärendes Telefonat mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet heute Morgen: "Es ist mir, bzw. uns, gemeinsam klargeworden, dass der Ministerpräsident nennenswerte Informationen seitens Rhein Ruhr City nicht vorliegen hatte. Das heißt: Die Beschleunigung, die angekündigt war im Januar, war ihm genauso wenig bekannt, wie zahlreiche weitere klare Äußerungen."
Und das ist eine klare Botschaft an den Initiator, Sportmanager Michael Mronz. Der hat sich inzwischen per Statement zu Wort gemeldet. Mronz sieht in den Darlegungen des DOSB einen Beleg dafür, dass "wir bis zur Verkündung von Brisbane durch das IOC ganz klar darauf vertrauen durften, unsere Anstrengungen mit Blick auf den Herbst als Datum des Ratsbürgerentscheides zielorientiert weiterzuverfolgen." Es habe für sein Team "keinerlei belastbare Faktenlage oder gar Datums-Perspektiven" für eine so frühe Entscheidung gegeben, die "eine Änderung des Arbeitsprogramms oder eine Mitteilung an unsere Partner notwendig gemacht hätten."

Schenkt man die Spiele 2032 jetzt ab?

Alfons Hörmann hat klar gesagt, dass man jetzt davon ausgeht, dass Brisbane den Zuschlag für die Spiele 2032 erhalten wird und jetzt nur noch das formale Verfahren folgt. Somit bleibt die Frage, ob sich der DOSB – ähnlich wie die Initiative aus NRW – Spiele 2036 vorstellen könnte. Diese hätten dann naturgegeben eine Symbolik, weil sie genau 100 Jahre nach den Nazi-Spielen von Berlin stattfänden.
DOSB-Präsident Hörmann betonte, er bleibe bei seiner bisherigen Haltung, "dass mir die Vorstellungskraft und die Phantasie, wie man erfolgreiche Spiele 2036 umsetzen kann in Deutschland, zumindest im Moment noch fehlt." Allerdings gebe es in den Reihen des DOSB viele Menschen, die dies anders bewerten. "Man muss selbstverständlich auch mit der Politik in aller Ruhe darüber nachdenken, ob das ein geeigneter Ansatz sein kann."
Der CDU-Vorsitzende und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet hatte am Freitag betont, dass er sich auch Spiele 2036 in Deutschland vorstellen könne, man könne sich dann in einer veränderten Welt präsentieren. Bundesinnen- und Sportminister Horst Seehofer hatte dieser Idee schon vor einiger Zeit eine Absage erteilt.