Gezielt und routiniert strömen in Tokios Zentrum an jedem Werktag Hunderttausende in ihre Büros. Auch das gehört zum Gesicht dieser Olympiastadt.
"Es leben über zehn Millionen Menschen in Tokio und zusätzlich pendeln Millionen Menschen. Am Tokioter Hauptbahnhof und auch am Shinjuku Bahnhof ist so viel los. Es gibt viele Ziele, über die ich mir Sorgen mache."
Auch über die Olympischen Sommerspiele im Jahr 2020 denkt Taro Kono zurzeit viel nach. Er ist Vorsitzender des Nationalen Sicherheitskomitees in Japan und Minister für Katastrophenmanagement.
"Es geht darum, wie man dort einen ganzen Distrikt absichern kann und wie wir jeden überprüfen können, der irgendwo hinein will. Wir müssen uns also einen Plan einfallen lassen."
Ein Plan, der in jedem Fall verhindern soll, dass die Olympischen Spiele 2020 in Tokio zu einem Ziel für Terroristen werden. Paris ist hier zwar geografisch weit weg. Doch die Anschläge in der französischen Hauptstadt im vergangenen November, auch rund um das Stade de France, haben in Tokio die Sorgen wachsen lassen.
Vorbild London
Taro Kono will, dass Tokio aus den Erfahrungen der Olympiastadt London lernt, die 2005 von Terroranschlägen getroffen wurde – sieben Jahre vor den Sommerspielen 2012. Schon seit einigen Monaten gebe es zwischen Großbritannien und Japan regen Austausch, sagt der Minister:
"Im Grunde müssen wir die internationalen Terroristen davon abhalten, rein zukommen. Ich denke, wir müssen uns auf internationalen Informationsaustausch verlassen. Und wir haben ein Abkommen mit den USA geschlossen, in dem es darum geht, dass wir Fingerabdrücke von einer bestimmten Personenkategorie austauschen können. Wir müssen die strikte Waffenkontrolle beibehalten. Wir müssen das Waffenschleusen der japanischen Mafia Yakuza genau beobachten."
Japan selbst ist bisher vom internationalen Terrorismus verschont geblieben. In den vergangenen Jahren gab es jedoch mehrere Vorfälle außerhalb des Landes, denen japanische Bürger zum Opfer fielen. Auch deswegen hat Japan eine neue Anti-Terror-Einheit zur Informationsbeschaffung ins Leben gerufen. In Zusammenarbeit mit anderen Ländern will man Terrorakte verhindern und auch ein Signal in die Welt senden: Wir tun etwas!
"Die Sicherheit ist unser großes Anliegen",
sagt Takechi Onichi vom Organisationsbüro für die Olympischen Spiele bei der Stadt Tokio.
"Da gibt es ja mehrere Kategorien: Öffentliche Sicherheit, Cyber-Security und Bioterrorismus – also Infektionskrankheiten und Naturkatastrophen. In diesen Bereichen arbeiten wir sehr eng mit der Zentralregierung zusammen, und dafür brauchen wir natürlich mehr Etat."
Sicherheitsbudget treibt Olympiakosten
Die Sicherheit ist einer von verschiedenen Faktoren, die die Kosten für Olympia insgesamt nach oben treiben können. Dabei will Japan gerade beim Olympiabudget auf die Bremse treten und als Musterschüler die perfekten Spiele liefern – passend zur Spar-Agenda 2020 des IOC. Das unterstreicht Tokios Gouverneur Joici Masuzoe:
"Das IOC hat vorletztes Jahr beschlossen, dass die Kosten eine Schlüsselrolle einnehmen, und hat uns gebeten, die Kosten zu reduzieren. Und deshalb machen wir das jetzt – wir arbeiten da in die gleiche Richtung wie das IOC."
Ein Zwiespalt für die Olympia-Organisatoren. Denn: Das Sicherheitsbudget musste schon jetzt vergrößert werden. Eine konkrete Zahl nennt der Gouverneur nicht.
"Was die Sicherheit der Wettbewerbsstätten angeht, tun wir natürlich unser bestes, keine extra Kosten zu verursachen. Ich habe die Anzahl der Polizisten erhöht und auch das Budget. Das erhöhte Budget für die Polizei kann das abdecken, ohne dass die Kosten für die Bauwerke nach oben gehen."
Also: Mehr Polizei: Ja! Baumaßnahmen für die Sicherheit direkt in den Stadien: Wohl eher nicht!
Vorteil Insellage
Es geht darum, alle Sicherheitschecks stemmen zu können und: Terroristen nicht ins Land zu lassen. Durch Japans besondere geographische Lage können sich die Sicherheitsbehörden auf Häfen und Flughäfen konzentrieren – ein Vorteil meint Gouverneur Masuzoe:
"Was die Anschläge von Paris angeht: Das Schlüsselproblem sind ja Terroristen und befreundete Gruppen von Terroristen, die in Tokio und Japan wohnen. Sie können den Terroristen, die einreisen, helfen. Die Polizei überprüft diese verdächtigen Personen sehr genau."
Zudem sollen die unzähligen Überwachungskameras helfen, die an vielen öffentlichen Plätzen in der Stadt schon jetzt installiert sind, sowie wachsame Bürger, hofft Masuzoe.
Die Sicherheitsmaßnahmen in Tokio werden aufgestockt. Doch eines ginge aus Sicht von Minister Kono zu weit: Ein Einsatz des Militärs wie bei den Spielen in London.
"Ich bezweifle es. Wenn wir in der Situation wären, Abwehr-Kräfte zu mobilisieren, dann wären wir nicht fit, die Olympischen Spiele auszurichten. Ich glaube nicht, dass wir solche Selbstverteidigungskräfte beauftragen, um an der Sicherheit mitzumachen. Wir wissen es noch nicht, aber wenn Sie mich das jetzt fragen, ist die Antwort: negativ."
Es sind noch vier Jahre bis zu den Olympischen Spielen in Tokio. Gut möglich, dass sich in punkto Sicherheitsbudget und Maßnahmen noch einiges ändert – absehbar sind die Gefahren im im Jahr 2020 nicht.
Hinweis: Recherchen für diesen Beitrag wurden unter anderem durch eine Reisekostenbeteiligung im Rahmen eines Stipendiums der Robert-Bosch-Stiftung ermöglicht.