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Region Rhein-Ruhr
Der Olympia-Traum lebt noch

Hamburg, München und Leipzig haben es versucht, aber sind gescheitert: Seit Jahren gibt es Bemühungen, die Olympischen Spielen nach Deutschland zu holen. Die Region Rhein-Ruhr will sich für die Spiele 2036 bewerben - bis dahin gibt es aber noch einige Unwägbarkeiten.

Von Benedikt Kaninski | 26.05.2022
Die Olympischen Ringe.
Die Olympischen Ringe. (dpa / Daniel Kalker)
"Selbst die damals gescheiterte Bewerbung für Düsseldorf Rhein Ruhr, die jetzt fast zwanzig Jahre vorüber ist, hat etwas ausgelöst in der Region bis heute. Und die Region ist da ein Stück weit, was den Sport angeht, zusammengewachsen", behauptet zumindest Michael Vesper. Schon seit den 2000er-Jahren ist er einer der größten Fürsprecher für Olympia in Deutschland. Als Sportminister und später als DOSB-Präsident versuchte er aber mehrfach vergeblich, die Spiele nach Deutschland zu holen.
Doch woran er das Zusammenwachsen festmacht, bleibt unklar. Die Mitgliederzahlen in Sportvereinen stagnieren laut dem Landessportbund NRW seit Jahren. In vielen Städten an Rhein und Ruhr sind die Sporthallen marode. Die Konsequenz: Der Schulsport gerät in Konflikt mit dem Breitensport. Wenn es nach den Organisatoren der Privat-Initiative "Rhein Ruhr City" geht, würde all das mit Olympischen Spielen verbessert werden.

Mronz: "Sportstätten bereits vorhanden"

Sport- und Eventmanager Michael Mronz leitet die Bemühungen um Olympia: "Unsere Stärken sind, dass 90 Prozent der Sportstätten heute bereits vorhanden sind. Das heißt, wir sind ökonomisch, ökologisch und nachhaltige Spiele, bevor die Spiele überhaupt anfangen. Und eben eine Infrastruktur, die wir nutzen, die momentan in einer wöchentlichen monatlichen öffentlichen Nutzung ist und das ist, glaube ich, ein großer Vorteil."

Grundsätzlich mag stimmen, dass NRW als bevölkerungsreichstes Bundesland in absoluten Zahlen auch viele Sportstätten hat, dennoch ist völlig unklar wie diese 2036, also in vierzehn Jahren, aussehen werden. Frühestens dann könnten die Spiele, wenn überhaupt, an Rhein und Ruhr stattfinden. Denn unklar ist, ob Deutschland noch einmal ins Rennen geht und noch mehr, wann und mit welcher Stadt oder Region. Und ob dann ein Bürgerentscheid bessere Karten hätte, nach mehreren gescheiterten in München und Hamburg, ist ebenso fraglich.
Damit es diesmal anders läuft, will Michael Mronz die Menschen in NRW schon früh überzeugen: "Sozusagen von Anfang an die Menschen, die Bevölkerung mit einbeziehen. Damit sie nachher auch die Gastgeber sind und das Gefühl haben, es sind ihre Spiele und nicht irgendwelche Spiele, die von den Organisatoren initiiert worden sind."

Gegenbeispiel zum kritisierten Gigantismus schaffen


Bei allen Konzepten, Planungen und Ideen in den vergangenen 20 Jahren bleibt ja auch die Frage: Reicht es den Menschen vielleicht langsam? Olympia verbinden viele mit Gigantismus statt Nachhaltigkeit. In Tokio gehen Experten mittlerweile von Kosten von über 30 Milliarden US-Dollar aus, um ein Vielfaches über der ursprünglichen Schätzung.
"Natürlich habe ich nach wie vor den Traum, zu meinen Lebzeiten noch mal Olympia hier im Land zu erleben", sagt der frühere DOSB-Vorstandsvorsitzende Michael Vesper. Er glaubt, es könnte besser gehen. "Ob Sommer- oder Winterspiele und daran sollten wir arbeiten, weil die ganze Kritik an Austragungsorten wie Peking oder Sotschi oder Pyeongchang macht es doch eigentlich zwingend notwendig, dass man der Welt zeigt, wie wir Olympische Spiele im 21. Jahrhundert verstehen und wie wir sie organisieren würden."

Kufen: "Haben das verdient"

Was das für den Steuerzahler bedeutet, steht noch einmal auf einem anderen Zettel. Die olympischen Kosten, die am Ausrichterland am Ende hängen bleiben, waren bei der gescheiterten Hamburger Bewerbung einer der wichtigsten Gründe. Ob Rhein-Ruhr international überhaupt punkten kann, ist eine weitere Unwägbarkeit. 2032 wollte man die Spiele gerne nach NRW holen. Am Ende entschied sich das IOC für Brisbane und das ohne Rhein-Ruhr überhaupt in Betracht gezogen zu haben. Träume bestehen aber weiter.

"Damit können wir auch diese Region, die für einen Wandel von einer ehemaligen Kohle- und Stahlstadt hin zu einer Stadt mit viel Grün und hoher Lebensqualität steht, der Welt präsentieren und zeigen", sagt Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen. Ein olympisches Dorf könnte beispielsweise mit einem Deckel auf der Autobahn A40 entstehen.
Kufen ist überzeugt, dass die Olympischen Spiele seine Stadt nach vorne bringen würden. "Und ich glaube, dass wir das auch ein Stück weit verdient haben, dass wir die Leistung vieler Generationen im Ruhrgebiet jetzt deutlich machen und präsent machen, was wir geschaffen haben. Diesen Wandlungsprozess, haben viele andere Städte in der Welt noch vor sich. Insofern wären wir auch ein Stück Vorbild für diese Städte."

Den Traum von Olympia haben viele an Rhein und Ruhr noch nicht aufgegeben, trotz immer wieder gescheiterter Anläufe und einer zunehmend heftiger kritisierten olympischen Bewegung.