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Olympische Sommerspiele in Tokio
Kostenexplosion, Korruptionsvorwürfe und Corona

Bereits 2013 wurden die Olympischen Sommerspiele nach Tokio vergeben. Doch die Liste der Pannen von den Spielen in Tokio ist lang: Explodierende Kosten, Korruptionsvorwürfe, Rücktritte und die Verschiebung wegen der Corona-Pandemie. Und über allem schwebt das Damoklesschwert der endgültigen Absage der Spiele.

Marina Schweizer im Gespräch mit Matthias Friebe |
24.03.2020, Japan, Fukushima: Ein Besucher mit Mundschutz macht ein Selfie mit der olympischen Flamme in Fukushima. Die Flamme tourt durch die von der Erdbeben-Tsunami-Katastrophe im März 2011 schwer getroffenen Gebiete im Nordosten Japans, bevor der Fackellauf in der Präfektur Fukushima am 26. März beginnt. Foto: kyodo/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Die Liste der Pannen bei den Olympischen Spielen in Tokio ist lang (kyodo)
Vor der Vergabe der Spiele auf der IOC-Session 2013 hatte noch die Sorge vorgeherrscht, ob die Spiele womöglich sicher seien, da zum Zeitpunkt der Vergabe die Nuklearkatastrophe von Fukushima erst zwei Jahre her war. Doch die Aussage "Die Situation ist unter Kontrolle", des damaligen japanischen Premierminister Shinzo Abe überzeugte dann die Entscheider und die japanische hauptstadt konnte sich gegen die Mitbewerber Istanbul und Madrid durchsetzen.
Sicherheitskräfte mit Mundschutz in Tokio vor den Bannern der Olympischen und der Paralympischen Spiele 2020.
Olympia & Fukushima - Durch Corona in den Hintergrund verdrängt
Olympia in Tokio sollten auch Spiele des Wiederaufbaus nach der Katastrophe von Fukushima 2011 sein. Doch das hat sich komplett geändert, sagte die Japanologieprofessorin Steffi Richter im Dlf.
Es dauerte dann aber auch nicht lange, bis die Kosten der Spiele in Tokio explodierten, so musste der Entwurf für das neue Tokioter Nationalstadion von der irakisch-britischen Stararchitektin Zaha Hadid von der japanischen Regierung abgebrochen werden. Zu Beginn hatte man noch mit 6,6 Milliarden Dollar Gesamtkosten für die Spiele geplant. 2020 lagen die offiziell berechneten Kosten bei konservativen 15 Milliarden Dollar. Damit sind die Spiele von Tokio die teuersten Spiele aller Zeiten. Die japanische Bevölkerung hat die Spiele von Tokio von Beginn an auch sehr kritisch begleitet - was eher untypisch für die japanische Bevölkerung ist, sagte Deutschlandfunk-Sportredakteurin Marina Schweizer.

1,8 Millionen Euro für den Zuschlag?

Gleichzeitig umwehten die Spiele auch immer wieder Korruptionsvorwürfe. Im Fokus stehen dabei vor allem die 1,8 Millionen Euro, die kurz vor und kurz nach der Olympia-Vergabe an Tokio im Herbst 2013, an eine Beraterfirma namens Black Tidings in Singapur geflossen sind. Black Tidings zählte zum Schattengeflecht des Senegalesen Papa Massata Diack, dem Sohn des korrupten langjährigen IOC-Mitglieds und Leichtathletik-Weltverbandschefs Lamine Diack.
Porträt von Massata Diack, Sohn des Ex-IAAF-Chefs Lamine Diack
FinCEN-Files belasten Tokioter Bewerbung - Beraterfirma soll Gelder an Diack-Sohn bezahlt haben
Die FinCEN-Files bringen die Olympia-Bewerbung Tokios offenbar weiter in Verruf. Medienberichten zufolge soll eine Beraterfirma des Bewerbungskomitees mehr als 300.000 Euro Schmiergeld gezahlt haben.
Der ehemalige Chef des japanischen Olympischen Komitees, Tsunekazu Takeda, trat dann im Juni 2019 zurück und verließ das IOC, nachdem die französischen Behörden gegen ihn wegen Korruption ermittelt hatten.
Die Verlegung der Spiele im März 2020 aufgrund der Corona-Pandemie war dann auch ein ziemlicher Bruch im Hinblick auf den ursprünglichen Slogan für die Spiele als "Spiele des Wiederaufbaus", denn es war schnell offensichtlich, dass die Spiele auch 2021 immer noch Spiele inmitten einer Pandemie sein werden.

"Spiele des Wiederaufbaus" vs. "Licht am Ende des Tunnels"

Das IOC hat den Slogan der Spiele als "Spiele des Wiederaufbaus" dankbar aufgegriffen. Und nach der Verlegung durch die Pandemie habe das IOC die Spiele als "Leuchtfeuer der Hoffnung" bezeichnet und die Spiele als "Licht am Ende des Tunnels".
Das IOC versucht sich so darzustellen, als das es alles tue für die Sicherheit der Athleten. So sollen Athleten und Journalisten keinen öffentlichen Nahverkehr benutzen. Zudem schaue das IOC nicht genau hin, wenn es sage, dass es Hunderte Sportwettbewerbe während der Pandemie gegeben habe und keines war ein Superspreader-Event gewesen. Dies war beispielsweise nach den Corona-Fällen beim Fecht-Weltcup in Budapest oder der Leichtathletik-Hallen-EM in Torun aber definitiv nicht überall der Fall, sagte Deutschlandfunk-Sportredakteurin Marina Schweizer.
Fußgänger in Osaka gehen mit Mundschutz spazieren.
"Es besteht Gefahr, dass es zu einem Superspreader-Event wird"
Die Athleten, die zu Olympia nach Tokio reisen, werden zwar zum Großteil geimpft sein, aber sie sind nur die kleinste Gruppe. Niemand habe die Volunteers im Blick, kritisierte Barbara Holthus vom Deutschen Institut für Japan-Studien in Tokio, im Dlf.

Die Politik wird nervös

Die Lage in Japan treibe derzeit auch die politischen Entscheider vor sich her. So hatte Ministerpräsident Yoshihide Suga im Parlament gesagt: "Ich habe nie die Olympischen Spiele an erste Stelle gestellt. Meine Priorität war immer, das Leben und die Gesundheit der japanischen Bevölkerung zu schützen." Dies ist durchaus bemerkenswert und hatte man in dieser Art und Weise auch zum ersten Mal gehört.
Aufhorchen lassen auch die abgesagte Tokio-Reise von IOC-Präsident Thomas Bach für Mitte Mai und das abgesagte vorolympische Trainingslager der US-Leichtathleten in Chiba.
Bei den Spielen gehe es natürlich auch um enorm viel Geld, wenn man beim IOC auch gegen eine Absage versichert sei, aber die Rücklagen des IOC seinen groß, deswegen könne man dies im Fall der Fälle verkraften. Die Frage sei nur, was passiert wenn Japan als Gastgeber die Ausrichtung absage.

Es ist derzeit noch nicht einmal sonderlich sicher, ob die Spiele wirklich in Tokio durchgezogen werden. Sollten die Kosten noch einmal explodieren oder irgendetwas anderes Unvorhergesehenes passieren, werde die Regierung unter Druck geraten und das will man vor allem vor dem Hintergrund der Parlamentswahlen im Herbst 2021 absolut vermeiden.