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Olympische Spiele
Die Spiele laufen - Rio steht still

Für die Einwohner von Rio haben die Olympischen Spiele schon vor der Eröffnungsfeier begonnen. Schon Tage zuvor wurden Sonder-Fahrspuren auf allen wichtigen Straßen für Olympia abgezwackt. Die Tage vor der Eröffnungsfeier wurden kurzum zu Feiertagen erklärt. Staus und Frust waren die Folge.

Von Carsten Upadek |
    Die Polizei hat die Zufahrtstraßen in Rio zum Maracanã-Stadion weiträumig abgesperrt.
    Die Polizei hat die Zufahrtstraßen in Rio zum Maracanã-Stadion weiträumig abgesperrt. (Carsten Upadek / Deutschlandradio)
    Antonio Carlos wohnt schräg gegenüber vom Maracanã-Stadion, wo am 5. August die Olympischen Spiele eröffnet wurden. 40 Zugangsstraßen sind in in diesem Moment weiträumig von Soldaten und Polizeieinheiten abgesperrt. Auch die von Antonio Carlos: "Ohne Meldebescheinigung komme ich nicht mehr hier durch", erzählt er. Aber nicht das stört ihn an den Olympischen Spielen: "Gestern stand ich drei Stunden im Stau. Ich habe alle verflucht, denen wir Olympia zu verdanken haben. Ich war so wütend, weil die olympische Familie Vorrang hat vor dem Volk."
    Seit dem vorhergehenden Sonntag sind nämlich von allen wichtigen Straßen Sonder-Verkehrsspuren abgezwackt, die nur von Fahrzeugen mit Olympia-Autorisierung benutzt werden dürfen: Presse-Shuttles, Delegations-Busse, IOC-Fahrzeuge. Rios Bürgermeister Eduardo Paes: "Die Spuren haben eine Hauptaufgabe: dass die Athleten mit einiger Berechenbarkeit an ihren Trainingsstätten ankommen."
    Feiertag gegen das Verkehrs-Chaos
    Aber auch das konnte Verzögerungen nicht verhindern. Auf einer IOC-Sitzung am 3. August in Rio kritisierte der Schweizer Denis Oswald, es gebe hohe Schwierigkeiten, irgendwohin zu kommen. Das blieb auch Bürgermeister Eduardo Paes nicht verborgen: "Logistisch hatten wir ein paar Störungen - oder vielleicht ziemliche viele - durch die Olympia-Fahrspuren. Deshalb werden wir den Donnerstag zum Feiertag erklären, damit weniger Einwohner auf der Straße sind."
    Schon zuvor war der Tag der Eröffnungsfeier am 5. August zum freien Tag erklärt worden, kurzfristig machte die Stadtverwaltung also auch Donnerstag, den 4. August dazu. Grund war die olympische Fackel. Sie legte dem Donnerstag den größten Teil ihrer 90 Kilometer langen Strecke durch die Acht-Millionen-Metropole Rio de Janeiro zurück. Begleitet wurde sie von einem Konvoi aus Nationalgarde, Militärpolizei und städtischen Ordnungshütern.
    Demo gegen die Spiele
    Rios Verkehrs-Koordinator Joaquim Dinís sagte im Vorfeld: "Wir sperren die Zufahrtsstraßen eine Stunde, bevor die Fackel ankommt und die Sicherheitskräfte positionieren sich, um die notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen zu treffen."
    Demonstranten protestieren in Rio gegen die Olympischen Spiele.
    Demonstranten protestieren in Rio gegen die Olympischen Spiele. (Carsten Upadek / Deutschlandradio)
    Denn per Facebook hatten mehrere Gruppen mit zehntausenden Teilnehmern dazu aufgerufen, die Fackel zu löschen, aus Protest gegen die brasilianische Regierung. Das Großaufgebot an Sicherheitskräften verhinderte aber größere Zwischenfälle. Ohnehin wurde die Fackel von den meisten Menschen mit Jubel begrüßt. Am Tag der Eröffnung war sie pünktlich am Maracanã.
    Wenige Kilometer vom Stadion entfernt gab es auch am Eröffnungstag wieder Stau - diesmal wegen einer Gegendemonstration gegen die Olympischen Spiele: "Ich bin Lehrerin im Staat Rio. Ich habe kein Gehalt bekommen, es ist Monate verspätet. Denn alles Geld wurde in Olympia investiert. Es fehlt im Bildungsbereich, in der Gesundheit, aber die Priorität sind nicht wir."
    "Nichts funktioniert"
    Und diese Frau fragt: "Olympische Spiele für wen? Die Stadt ist ein Chaos. Diese Woche war die Hölle. Jede Fahrt hat zwei Stunden länger gedauert. Und nichts funktioniert. Ich hatte Probleme, weil kurzfristig der Feiertag verkündet wurde. Was ist mit Leuten, die Verpflichtungen an diesem Tag hatten?"
    Daran werden sich die Bewohner Rios in den nächsten zwei Wochen gewöhnen müssen. Das öffentliche Leben steht so gut wie still. Schulen und Universitäten bleiben geschlossen, staatliche und kommunale Einrichtungen haben ihren Dienst heruntergefahren, Gerichte, Banken, sogar die Post. Vor einer geschlossenen Filiale sagt ein Mann: "Das stört schon. Aber so ist halt der öffentliche Dienst in Brasilien."
    Immerhin die Metroline rollt - aber nur für Olympia-Besucher
    Gut funktioniert die am Samstag eröffnete Metrolinie 4 ins Olympia-Viertel Barra da Tijuca - allerdings nur für Menschen mit einer Eintrittskarte und für Offizielle. Für die normale Bevölkerung ist sie erst nach den Spielen freigegeben.
    "Das ist ein ganz besonderer Moment für dieses Land und unsere Stadt", sagt Rios Bürgermeister Eduardo Paes: "Es ist wichtig, dass unsere Bürger gut planen und vielleicht Dinge verschieben, die nicht essenziell wichtig sind. Ich möchte mich für das Verständnis bedanken!"
    Am besten, so Paes, sollten Bürger ohne Eintrittskarte gleich ganz Zuhause zu bleiben. Zumindest für die Olympia-Gäste wäre dann mehr Platz.